Das Grab der Legionen
gar..., aber lassen wir das."
„Ach? Das ist doch seltsam! Eine Hundertschaft mit sechzig Mann?” Eigentlich waren das Dinge, die Rega zuallerletzt zu kümmern hatten. Dennoch wunderte sie sich. Der Römer reagierte nicht auf den Einwurf.
„Was muß man lernen, um Centurio zu werden?"
Was soll das nun wieder? Die Barbaren haben ja gar keine Legionen. Niemals würden sie soviel Ordnungssinn aufbringen, um eine reguläre Armee aufzustellen. Wozu also die Frage? „Ein guter Soldat muß er sein", erwiderte Flaccus zaudernd. Das Frage- und Antwortspiel behagte ihm immer weniger, weil sein Zweck absolut unerfindlich blieb.
Selbst das Mädchen fand diese Auskunft allzu mager. „Das Befehlen will gelernt sein!" Diesen Spruch hatte sie von ihrem Vater, und Senkin warf ihr bei ihrem Zwischenreden einen warnenden Blick zu.
Titus nickte. „Das trifft zu. - Nun, meinetwegen: Wir unterscheiden die Hornsignale, mit denen der Feldherr die Centurien leitet. Auf diese Weise führen wir seine Befehle aus und geben selbst unsere Anweisungen. Wir haben gelernt, Befestigungen zu bauen, und wissen, was zu tun ist, falls man sie stürmen soll. - Meint ihr das?"
„Warum nicht gleich so? Erzähle mehr darüber!"
Zunächst schwieg Titus, dann schüttelte er den Kopf: „Das geht nicht. Ich habe lange lernen müssen, bis ich alles begriffen hatte. Wie wollt ihr das in so kurzer Zeit verstehen? Im Übrigen nennt man so etwas ein militärisches Geheimnis."
Keri lächelte böse. „Erraten, Römer. Aber das ist der Preis für dein Leben. Bring uns bei, wie. eine Legion kämpft, das öffnet dir den Heimweg. Falls nicht - du kennst dein Schicksal."
Senkins Gesicht verfinsterte sich. Doch er sprach seine Gedanken noch nicht aus.
„Niemals werde ich zum schmutzigen Verräter!" sagte der Centurio entschlossen.
„Bedenke deine Worte!" warnte der junge Kriegerführer. „Wir haben unfehlbare Mittel und Wege, dich zum Reden zu bringen."
„Erwartest du, daß ich meinen Kameraden in den Rücken falle? Tut ihr so etwas?"
„Sei doch gescheit!" Keri wiegte den Kopf. „Falls du ablehnst, werden wir ein Dutzend anderer Offiziere gefangennehmen. Einer redet sicherlich - und was nützt dir dann dein heldenhaftes Schweigen?"
„Nimm einfach an, uns zu instruieren sei dein Lösegeld”, warf Rega ein. „Betrachte die Sache so, dann ist alles ganz einfach." Betroffen blickte Titus zu Boden. Bei Mars, der Bursche hatte recht. Und das Mädchen auch. Er kannte viele Centurionen. Mancher würde reden, um zu leben. Rom war ihnen gleichgültig, sie betrachteten sich als Söldner ohne Bindung zur Heimat.
Eine Schande für jeden wahren Römer. Doch ich bin ehrlich und werde... Soll aber mein Kopf für diese Soldknechte fallen? Für Rom, das wäre etwas anderes... Er kaute auf der Lippe und schwieg.
„Wer für das Vaterland stirbt", äußerte er schließlich einen Lieblingssatz seines Hauslehrers, „erhält einen bevorzugten Platz in der Unterwelt und wird nicht als geistloser Schatten dahinschweben. Wie der griechische Seher Tiresias gewinnt er ein neues Dasein."
Das völlig verständnislose Gesicht Keris und ein fast amüsiertes Lächeln Senkins belehrte ihn, daß der Spruch nichts bewirkte. Zweifellos wußten diese Barbaren nichts von der erwähnten Sagengestalt. Sie hatten keinen griechischen Hauslehrer besessen. Er hätte das vorher wissen können.
Keri hob die Schultern. „Weißt du, Römer", sagte er, „es ist deine Sache, dich mit deinen Göttern auseinanderzusetzen. Wir beten Netos an, und er verlangt ein großes Opfer. Je bedeutender, desto wirksamer. Hast du das begriffen?"
Titus hatte nur zu gut verstanden, brauchte jedoch vorerst nicht zu antworten. Die Iberer hatten Zeit und warteten.
Er sah den langen Dolch im Gürtel des jüngeren Arevaken und ärgerte sich. Allzugenau kannte Titus diese Waffe, sie hatte ihm gehört. Weit mehr aber verdroß ihn, daß ihn Barbaren überrumpelt hatten. Und schuld daran waren einzig seine Unachtsamkeit und seine Hast gewesen.
„Du schweigst, Titus Flaccus?" fragte Rega.
Titus wandte sich dem Mädchen zu, dessen Anwesenheit ihn ohnehin verwunderte, denn Kriegsangelegenheiten gingen Frauen nirgendwo an. Recht gut sah sie für eine Barbarin aus, gestand er sich widerwillig ein. Erinnerte er sich freilich der gepflegten und vornehmen Römerinnen, die die Eltern bisweilen besuchten... Doch nun war der Vater tot.
„Was gibt es noch zu sagen?" erwiderte er abweisend.
„Überlege gut, ehe du
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