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Das Grab der Legionen

Das Grab der Legionen

Titel: Das Grab der Legionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Krohn
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jeder flüchtete sich bei dem endlosen Regen unter die Dächer. Titus bemerkte das kaum, seine Gedanken kreisten nur um einen Punkt: Rache für den Vater. Daß ein solcher Plan Schwierigkeiten in sich barg, war ihm klar. Scipio ließ sich sorgsam behüten, aus Angst besoldete er ein Dutzend Leibwächter. Und welcher Richter würde gegen den Aufseher aller Richter ein Urteil fällen?
    „Kommt zum Essen!" rief Rega.
    Im kleinen Nebengelaß stand ein roh zusammengefügter Tisch. Das Mädchen hockte am Feuer und nahm eben einen Bronzetopf herunter. Eine geradezu ärmliche Mahlzeit für einen römischen Adligen! Geröstetes Getreide, Früchte und mit Wasser verdünnter Wein mehr konnte man sich nur bei Feiern leisten.
    Überdies wurde das Abendessen sowieso schmaler bemessen als das Mittagsmahl. Die vornehmen Römer hielten es eher umgekehrt; für sie begann der Tag bei Sonnenuntergang.
    Titus erinnerte sich an den Küchenmeister und dessen Künste in der elterlichen Villa, doch für lange Zeit würde er daran nur denken können. Daß die Iberer arm waren, durfte man ihnen nicht zur Last legen. Karge Böden und der endlose Krieg verhinderten jeden Wohlstand.
    Senkin ahnte, wie seinem Gast zumute war. Die Gerüchte vom römischen Wohlleben - auf dem langen Weg märchenhaft übertrieben waren bis ins Hochland vorgedrungen. Man konnte jene Glücklichen beneiden, fragte sich nur, warum die Reichen die Ärmeren bekriegten.
    Regas Gedanken weilten ebensowenig beim Essen. Neugier quälte sie. Nie zuvor war die Gelegenheit so günstig, mehr über die Fremden zu erfahren.
    Auf einen Wink des Vaters räumte sie die Schüsseln ab. Die Männer verließen den Raum. Hier über Ernsthaftes zu reden schickte sich nicht. Desto mehr beeilte sich daher das Mädchen mit dem Säubern des einfachen Geschirrs.
    Titus betrachtete das Mauerwerk. Primitiv gefertigt, urteilte er. Nur bei den Ärmsten Roms gab es solche Bauten. Und dort störte kein derart extremes Klima.
    Noch beschäftigte ihn die Bautechnik, als das Mädchen wieder hereinkam. Aus den Augenwinkeln sah er das keineswegs erfreute Gesicht Senkins. Doch Rega folgte dem Wink ihres Vaters nicht, sondern setzte sich trotzig auf ein paar Felle. Im vorigen Sommer hatte ihr Keri einen hübschen Goldreif von einem Streifzug mitgebracht. Vielleicht war der Schmuck auch nur vergoldet, er gefiel ihr darum nicht minder. Wer aber sollte die Schrift darauf lesen? Womöglich stand da ein Zauberspruch. Einige Iberer beherrschten notdürftig die lateinische Sprache, niemand jedoch die Schrift. Zweifellos würde ein Centurio in der Lage sein...
    „Das ist doch eine römische Arbeit, nicht wahr?" begann sie unverzagt und ignorierte den strafenden Blick des Vaters. Rega streifte den Reif vom Arm und hielt ihn dem Römer hin.
    Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Titus das Schmuckstück. „Ich glaube, ja", meinte er nach einer Weile. „Jedenfalls ist in griechischen Buchstaben ein römischer Frauenname eingeritzt - Veturia Flava. Seltsame Kombination. Woher hast du das?"
    „Keri hat es mir geschenkt", bekannte sie. „Er hat den Reif einem Legionär weggenommen."
    „So? Wie mag der wohl dazu gekommen sein? Gekauft? Gestohlen? Gefunden? Aber du hast recht, es dürfte eine römische Arbeit sein." Er gab ihr den Schmuck zurück.
    Rega bedankte sich und nahm sich vor, irgendwann die Zeichen entfernen zu lassen. Sicher würde der Schmied das tun. Eine üble Vorbedeutung, wenn ein fremder Name darauf stand!
    „Auch anderswo versteht man die Goldschmiedekunst", murrte Senkin. Er mißbilligte das Verhalten seiner Tochter, mochte sie allerdings nicht offen tadeln.
    „Gewiß", stimmte Titus mit kaum sichtbarem Lächeln zu. „Aber der Name darauf - und die griechischen Buchstaben, meinst du nicht auch, daß der Legionär den Reif auf unserer Seite erworben hat?"
    Schwerlich ließ sich das bestreiten. Rega nickte. Es war ebenso bekannt, daß Gold nur selten den Weg bis zu den Arevaken fand.
    Sollte sie das sagen? Der Vater war gereizt genug. „Ist solch ein Schmuck bei euch teuer?" fragte sie stattdessen .
    „Arme Leute müssen darauf verzichten. Wer die Denare erübrigen kann, braucht nur zum nächsten Goldarbeiter zu gehen. Auch die Kaufleute bieten Geschmeide an, freilich, die Auswahl! Wenn ich mit meinem Vater die Claudier besuchte", fuhr er, in Erinnerungen versunken, fort, „bewunderte ich die Juwelen der ältesten Tochter. Ihr könnt euch keine Vorstellung davon machen, welch edle Steine und

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