Das Grab des Herkules
aufrechtzuerhalten, »du arbeitest jetzt für die IBAK, du bist kein Einzelkämpfer mehr. Was du vorhast, hat nichts mit der versenkten Plattform oder der Suche nach den fehlenden Hermokrates -Pergamenten zu tun. In deiner Eigenschaft als IBAK-Mitarbeiter kannst du das nicht machen.«
Chase wandte ihr einen Moment lang seinen breiten Rücken zu, dann wandte er sich halb um und sagte, ohne Nina dabei anzusehen: »Ich kündige.« Dann ging er stumm hinaus.
Nina blickte ihm nach, wie gelähmt vom Aufruhr der in ihr tobenden Gefühle. Sie ahnte, dass Chase nicht nur von seinem Job gesprochen hatte, als er sie gerade stehen ließ. Sie wollte ihm etwas nachrufen, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ihre Lippen bebten.
Als sie hörte, dass Mac sich erhob, und Nina klar wurde, dass er Zeuge ihres Streits geworden war, durchflutete sie eine Welle der Scham. »Es – es tut mir leid«, flüsterte sie.
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, sagte Mac leise und legte ihr tröstend die Hand auf den Arm.
Nina wandte den Kopf und blickte in seine mitfühlenden Augen.
»Ich weiß, Eddie neigt manchmal zu … übereilten Entscheidungen«, sagte Mac leise. »Aber für gewöhnlich kommt er irgendwann wieder zur Vernunft.«
»Das ist es nicht allein«, antwortete Nina. »Er … er liegt gar nicht so falsch. Mein Job ist mir tatsächlich zu Kopf gestiegen. Ich …« Es war schmerzhaft für sie, sich das einzugestehen, geschweige denn, es einem anderen Menschen zu beichten. »Ich habe aufgehört, Archäologin zu sein, und bin Beamtin geworden. Nein, noch schlimmer – ich habe mich in eine Politikerin verwandelt. Es ging mir zuletzt nur noch darum, Machtspielchen zu spielen, um meinen Willen durchzusetzen. Und das hat mir auch noch Spaß gemacht.« Sie wandte den Blick ab und holte tief Luft. Schöpfte Kraft für ein noch beschämenderes Geständnis. Dann fuhr sie mit stockender Stimme fort: »Nein, das Schlimmste dabei war … ich habe mich tatsächlich für etwas Besseres als Eddie gehalten, nur wegen meiner tollen Berufsbezeichnung. Ich habe ihn verletzt, ohne es zu merken.« Sie blinzelte die Tränen weg und sah Mac wieder in die Augen. »Ach Gott, ich habe unsere ganze Beziehung ruiniert.«
»Vielleicht sollten Sie ihm das sagen«, schlug Mac behutsam vor.
»Das kann ich nicht. Nicht, wenn er so … Sie wissen schon, was ich meine. Er würde mir nicht zuhören, sondern alles nur so verdrehen, dass er am Ende als Sieger dasteht.«
»Hmm. Vielleicht muss er sich erst mal ein bisschen abregen«, meinte Mac. Er nahm seine Hand von Ninas Arm und straffte sich. »Sie machen den Eindruck, als hätten Sie eine schwere Zeit hinter sich – lassen Sie mich deshalb einen Vorschlag machen.«
Nina lachte traurig auf. »Das kann man wohl sagen, die letzte Zeit war wirklich schwer.«
»Wie wär’s, wenn Sie erst mal ein Bad nehmen? Weichen Sie sich ein, das hilft gegen alle möglichen Schmerzen und Wehwehchen. Bei mir funktioniert das immer!«
»Ich weiß nicht«, sagte Nina … aber der Vorschlag hatte durchaus seinen Reiz, fand sie.
»Glauben Sie mir, das wird Ihnen guttun. Außerdem haben Sie und Eddie dann Zeit, sich alles durch den Kopf gehen zu lassen.«
Als Mac ins Arbeitszimmer trat, blickte Chase vom Computer auf.
»Ich weiß jetzt, wohin Yuen geflogen ist – er besitzt eine Mikrochipfabrik in den Schweizer Alpen. Ich muss unbedingt telefonieren und Mitzi informieren. Außerdem möchte ich Sie um einen weiteren Gefallen bitten – ich muss so schnell wie möglich in die Schweiz.«
»Ich verstehe.« Mac setzte sich in einen Sessel mit hoher Lehne, nahm ein Buch von einem kleinen runden Tisch und schlug es auf. Er lehnte sich so entspannt zurück, als bereite er sich auf eine geruhsame Lektüre vor.
Chase funkelte ihn an und schwenkte ungeduldig die Hand. »Kommen Sie, Mac. Haben Sie gehört, was ich eben gesagt habe?«
»Doch, ich habe es gehört«, sagte der Schotte gelassen, ohne von seinem Buch aufzusehen.
»Können Sie das für mich arrangieren?«
»Natürlich kann ich das. Aber die Frage ist doch, sollte ich das tun?« Mac schaute hoch und musterte Chase durchdringend. »Sie wissen ebenso gut wie ich, dass das Ziel einer Mission eindeutig definiert sein muss. Und dass dem in diesem Fall so ist, nehme ich Ihnen nicht ab.«
»Das Ziel könnte eindeutiger nicht sein«, entgegnete Chase verärgert. »Ich will Sophia befreien. Das ist alles.«
»Aber weshalb wollen Sie sie befreien? Genauer
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