Das Grab des Herkules
vorn, während Chase erneut Gas gab, um sich ihren Vorsprung zunutze zu machen. Die rechte Bootsseite fuhr parallel zu einem Schilfgürtel, links konnte sie in den wieder tiefer werdenden Fluss schauen. »Welche Richtung sollen wir nehmen?«, fragte sie.
Diese Frage hatte sich auch Chase schon gestellt. Im offenen Wasser waren ihnen die Speedboote nach wie vor überlegen, somit blieb ihm nichts weiter übrig, als zu versuchen, sie irgendwo im Schilf abzuschütteln.
Aber was dann? Fang konnte sich denken, dass sie nach Norden wollten, und selbst wenn es ihnen gelingen sollte, ihre Verfolger in der dichten Vegetation abzuhängen, bräuchte er nur flussaufwärts zu fahren und konnte dort ganz entspannt auf seine Beute warten.
Es gab nur eine Lösung: Sie mussten Fang und dessen Männer loswerden. Ihre Verfolger ausschalten. In die Offensive gehen.
Da sie selbst unbewaffnet waren, war das allerdings leichter gedacht als getan.
Chase verschaffte sich von seiner erhöhten Steuerposition aus einen Überblick über die Bordausrüstung. An der einen Seite des Rumpfes war ein Ruder festgezurrt, und dann war da noch das Vertäuungsseil, an dessen Ende ein Haken befestigt war.
Ihm kam eine Idee. Er lenkte scharf nach rechts und hielt auf das nähere der beiden Speedboote zu. »Wirf mir die Leine zu!«, wies er Nina an.
»Du fährst ihnen ja entgegen!« , protestierte sie und rührte sich nicht.
»Ich weiß!«, rief Chase hektisch und fuchtelte mit dem Arm. »Die Leine, los, wirf sie hoch!«
Nina gehorchte. Während Chase die Leine auffing und den Haken in der Hand wog, ging sie sofort wieder in Deckung – die ganze Aktion war ihr nicht geheuer. Die Freude der drei Männer an Bord des Speedboots, dass sie Nina und Chase gleich eingeholt haben würden, stand ihnen ins Gesicht geschrieben.
Chase fuhr indessen einen Zickzackkurs, um den Angreifern das Zielen zu erschweren. Als den Verfolgern klar wurde, dass er einen Kamikazeangriff vorhatte, eröffneten sie das Feuer. Chase duckte sich. Die Kugeln pfiffen zwar an ihm vorbei, das Boot bekam jedoch mehrere Treffer ab, und ein weiteres Stück des Schutzgitters wurde abgerissen.
Unbeirrt ging Chase weiter auf Kollisionskurs.
Der Pilot des gegnerischen Bootes wich als Erster aus, sodass die Kugeln ihr Ziel auf einmal weit verfehlten.
Genau so hatte Chase sich das gedacht. Mit zufriedenem Nicken schleuderte er den Haken auf das Speedboot und beobachtete, wie dieser mit einem lauten Knall auf den Bug prallte, sich dann jedoch an der Reling verfing. Die Leine straffte sich, und dann ging alles ganz schnell: Die Schützen nahmen gerade erneut den Sumpfgleiter ins Visier, als der Bug ihres Speedboots auf einmal in die Höhe gerissen wurde. Das Boot überschlug sich, alle drei Männer verloren den Halt und fielen laut klatschend ins trübe Wasser. Im nächsten Moment krachte das Boot auf sie herab und drückte sie unter Wasser.
Schwankend zog der Sumpfgleiter das Speedboot hinter sich her. Chase zeigte auf den Metallring, an dem das Vertäuungsseil festgehakt war. Nina nickte, kletterte hinüber und schaffte es nach einigem Gefummel, den Knoten zu lösen. Die Leine löste sich ruckartig und verschwand hinter dem Heck, während der von der Last des Speedboots befreite Sumpfgleiter einen Satz nach vorn machte.
Chase checkte den Sonnenstand, dann lenkte er das Boot nach Nordwesten.
Ein letztes Verfolgerteam war noch übrig – dessen Speedboot ihnen mit brüllendem Motor hinterherjagte. Chase horchte auf. Außerdem war da noch ein anderes Geräusch, ein fernes Grollen im Nordwesten.
Stromschnellen .
Chase hatte jedoch keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn vor ihm tauchten wie aus dem Nichts weitere kleine Inseln aus dem Wasser, Ansammlungen von Erdreich, Gestein und Bäumen, zwischen denen sich schmale Wasserwege hindurchschlängelten. Zwei Gazellen blickten sich erschreckt nach dem lärmenden Boot um, dann wandten sie sich zur Flucht und hüpften von einer Insel zur nächsten davon.
Chase beneidete die Tiere um ihre Geschwindigkeit und lenkte das Boot nach links in der Hoffnung, wieder zu dem nach Nagembe führenden Fluss zu gelangen …
»Eddie!«, rief Nina und zeigte nach backbord. Fangs Boot war mittlerweile nur noch zwanzig Meter hinter ihnen und holte zusehends auf.
Fang stand auf dem Beifahrersitz und stützte sich an der Windschutzscheibe ab. Er hielt etwas in der Hand, das in der Sonne funkelte …
»Oje!«, keuchte Nina. »Der verrückte
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