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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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Johnsons Knurren verstummte. Was vermutlich kein gutes Zeichen war.
    Vincent starrte ihn eindringlich an, versuchte abzuwägen, wie ernst Nathan seine Worte meinen mochte. Dann lockerten sich seine Züge, und er deutete auf die beiden Stühle.
    »Bitte setzen Sie sich«, forderte er seine Besucher mit deutlich sanfterer Stimme auf. »Und hören Sie zu. Ich glaube, uns bleibt nicht viel Zeit. Ich weiß nicht, weshalb ich das so stark spüre, aber der Heilige Geist drängt mich dazu, tätig zu werden, davon bin ich überzeugt. Bitte.« Abermals deutete er auf die Stühle.
    Nathan blieb stehen, ebenso wie Elizabeth. Ihr Gesichtsausdruck zeugte von eherner Entschlossenheit, was, wie Nathan hoffte, auch für ihn selbst galt.
    Schließlich schüttelte Vincent den Kopf und murmelte: »Gut. Dann stehen Sie eben.« Damit durchquerte er die kleine Küche und lehnte sich auf die Anrichte. Rasch suchte Nathan den Bereich ab und empfand Erleichterung, als er keine griffbereiten Messer entdecken konnte. »Aber bevor ich Ihnen irgendetwas erkläre, muss ich Ihnen eine Frage stellen. Und Sie müssen mir wahrheitsgemäß antworten. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, können Sie sofort gehen. Rufen Sie die Polizei ruhig an, ich habe nichts zu sagen.«
    Nathan verschränkte die Arme vor der Brust. »Fragen Sie.«
    »Sie haben Träume erwähnt, die Sie haben, seit Sie in die Stadt gekommen sind. Worum geht es darin?«
    Die Frage brachte das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen. Nathan ließ die Arme sinken, durchquerte den Raum und blieb erst stehen, als sein Gesicht sich eine Handbreite von jenem Tarrettis entfernt befand. Johnson wollte unter dem Tisch hervorkommen, doch Elizabeth herrschte ihn mit einem gebieterischen » Sitz! « an und streckte der Schnauze des Hundes die erhobene, flache Hand entgegen. Johnson kauerte sich tatsächlich wieder hin, entweder vor Überraschung oder durch den kompromisslosen Tonfall in ihrer Stimme. Verunsichert schaute er zu ihr auf, dann zu den beiden Männern.
    Nathan begann leise, wurde jedoch immer lauter, bis er schrie. »Ich weiß nicht, was das für ein Spielchen sein soll, aber meine Träume haben rein gar nichts mit Pastor Hayden zu tun!«
    Tarretti zuckte mit keiner Wimper. »Sie haben alles mit ihm zu tun.«
    »Warum?«
    »Wovon handeln Ihre Träume?«
    »Warum?« Diesmal packte Nathan Tarretti am Kragen. Etwas anderes fiel ihm nicht ein. Er war wütend, aber die Frage jagte ihm auch Angst ein. Nicht so sehr wegen der Antwort, die sie implizierte, sondern wegen des Umstands, dass Tarretti sie überhaupt stellte.
    »Was ist in Ihren Träumen?« Tarrettis Stimme schwoll zu Nathans Lautstärke an. Beide Männer wirkten bereit, auf Gewalt auszuweichen.
    Nathan war so frustriert, dass er den Mann tatsächlich am liebsten geschlagen hätte. Er wollte ihm gar nichts sagen und stattdessen diese Drohgebärden fortsetzen, bis Tarretti nachgäbe und ihm verriete, weshalb ihn seine dummen Träume so sehr interessierten.
    Der Tempel, dessen Gemälde an der Wand des Hillcrest Mens‘ Club hing. Die Übelkeit, die schrecklichen Gefühle, die ihn an jenem Vormittag dort überwältigt hatten. Salomons Grab. Die Vision im Pfarrsaal der Kirche, immer noch so klar in seinem Gedächtnis wie ein Foto in der Zeitung, das man sich nicht ansehen möchte, es aber trotzdem tut, unfähig, den Blick davon abzuwenden.
    Nathan schloss die Augen und holte tief Luft, dann traf er eine Entscheidung. Er war ein Mann Gottes und sollte bei einem Streit der Erste sein, der nachgab. Zwar ließ er das Hemd des Friedhofswärters nicht los, aber er zwang sich zumindest, den Griff zu lockern. Dann flüsterte er: »Sie drehen sich um einen Tempel in der Wüste. Und um Engel.«
    Wie aus der Pistole geschossen hakte Tarretti nach: »Was für Engel?«
    Plötzlich wurde Nathan klar, dass die Antworten auf alles, was ihn während der vergangenen zwei Wochen heimgesucht hatte, entweder bei diesem Mann oder gar nicht zu finden waren. Er hatte das Gefühl zu fallen und verlor den letzten Funken Hoffnung, dass seine Welt in absehbarer Zeit wieder in normalen Bahnen laufen könnte.
    Sein Griff festigte sich wieder, und diesmal schüttelte er Tarretti wirklich zwei Mal vor und zurück. Dabei brüllte er ihn so heftig an, dass Speicheltropfen auf der Wange des Mannes landeten. »Die Engel über John Salomons Grab! Sind Sie jetzt zufrieden?« Er schüttelte Tarretti ein weiteres Mal. Dabei spürte er mehr, als er es sah, dass der Hund sich erheben

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