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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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vermasselt.«
    »Was? Ach so.«
    Ich führte Corcoran zum Mikroskop.
    »Schau dir die Schambeinfuge an.« Ich redete weiter, während Corcoran die Schärfe einstellte. »Diese Oberfläche verändert sich während des gesamten Erwachsenenlebens. Zu diesen Veränderungen gehört auch die Bildung eines Rands, der die Peripherie umkreist. Siehst du die Lücke an der Oberkante?«
    »Auf der Bauchseite?«
    »Ja.«
    »Sehe ich.«
    »Bei jungen Erwachsenen ist eine solche Lücke normal. Die ventrale, also die Bauchseite des Rands, bildet sich erst noch. Wenn Erwachsene altern, verschmelzen die Enden des Kreises, und der Rand ist komplett. Dann fängt der Rand an, sich wieder zurückzubilden. Auch das ist normal.«
    »Erst bildet sich der Rand, dann bricht er wieder zusammen.«
    »Genau. Leute mit geringer Erfahrung verwechseln diese beiden Stadien oft. ML sah diese Lücke und interpretierte sie fälschlicherweise als Rückbildung. Er oder sie schätzte das Alter auf fünfunddreißig.«
    Corcoran schaute zu mir hoch.
    »Der Kerl war viel näher an zwanzig, als er starb. Aber das ist nicht das einzige Problem.«
    Corcoran verschränkte die Arme vor der Brust.
    »ML benutzte ein veraltetes System der Größenbestimmung, maß ungenau und verließ sich auf zu wenige Knochen. Dann benutzte er oder sie ungeeignete Formeln für die Regressionsgleichungen und missinterpretierte die statistische Bedeutung der Schätzungen, die diese Gleichungen erzeugten. Soll ich die Fehler einen nach dem anderen mit dir durchgehen?«
    »Nein.«
    »ML schätzte die Große auf eins achtundsechzig bis eins dreiundsiebzig. Ich würde sie eher auf eins achtzig bis eins achtundachtzig schätzen.«
    »Endergebnis?«
    »287JULOS war ein eins achtzig großer Weißer, der mit ungefähr zwanzig Jahren starb.«
    »Wie Lassie.«
    »Genau. Hat euch die Navy antemortale Unterlagen geschickt, damit ihr sie parat hättet, falls ihr einen Unbekannten bekommt, auf den Tots Beschreibung passt?«
    Corcoran zuckte die Achseln, um anzudeuten, dass er es nicht wusste. »Ich kann nachsehen. Das ist keine fünf Jahre her. Falls wir Tots Unterlagen bekommen haben, müssten sie immer noch da sein.«
    Einige Augenblicke lang dachten wir beide darüber nach. »Irgendwelche Ideen in Bezug auf die Todesart?«
    »Ich habe keine Hinweise gefunden.«
    »Das ergibt keinen Sinn. Thornton liegt südwestlich der Stadt. Great Lakes ist praktisch schon Wisconsin. Wenn das der Enkel deines Freunds ist, dann hatte er, freiwillig oder unfreiwillig, eine ziemlich lange Fahrt hinter sich, und ich glaube, du hast mir gesagt, dass sein Auto nördlich der Stadt gefunden wurde.«
    Wieder vergingen ein paar Augenblicke. Ich dachte an die alte Cukura Kundze, ihre triefenden Augen hinter der altmodischen Brille. Tief drinnen wusste ich, dass das Opfer in dem Karton Laszlo Tot war.
    Plötzlich fühlte ich mich sehr erschöpft. Ich schaute auf meine Uhr. Zehn vor sechs. Seit fast acht Stunden war ich jetzt schon in der Leichenhalle. Und auch manana würde kein Tag für Fotoalben und Plätzchen werden.
    »Um Verletzungsspuren kann ich mich morgen kümmern«, sagte ich. »Nach meinem Gespräch mit Jurmain.«
    »Das wäre gut.«
    Corcoran errötete.
    Ich wusste, was jetzt kam.
    »Walczak wird dich nicht bezahlen.«
    »Keine Angst«, sagte ich. »Den Fall mache ich ohne Honorar.«
    Es schneite, als ich das CCME verließ, der in den Rinnsteinen an der Harrison Street erstarrte dunkle Matsch war weiß überzuckert. Während ich auf der Eisenhower nach Westen fuhr, ließ ich meine Gedanken schweifen.
    Wohin war Laszlo Tot in den letzten Stunden seines Lebens gegangen? Was hatte er getan? War sein Tod die Folge irgendeiner Dummheit? Oder von Sorglosigkeit? Oder von Gier? Was war das für ein Tag gewesen, an dem er dieses Baseballspiel verpasst hatte? Freitag, Samstag, Sonntag? Wo hatte er vorgehabt zu schlafen?
    Wieder sah ich die alte Cukura Kundze vor mir. Wenn ich den Schmerz lindern könnte, der sie und ihren Partner belastete, würde ich es tun. Wenn ich 287JULOS irgendwie in den geliebten, toten Enkel eines anderen Menschen verwandeln könnte, würde ich es ebenfalls tun.
    Ich konnte beides nicht. Stattdessen würde ich nach Antworten suchen. Nach Gerechtigkeit. Für Cukura Kundze. Für Mr. Tot. Für Lassie. Das Schicksal jedes Menschen verdient Aufmerksamkeit. Wieder der alte Horton.
    Edward Allen Jurmain. Was für ein Mistkerl hatte ihm eingeredet, ich sei unfähig? Korrupt? Warum?
    Ich packte das

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