Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
noch.«
»Ayers konnte nicht sagen, ob Keiser noch atmete, als die Hütte in Flammen aufging«, sagte ich.
»Das ist nicht mein erster Mord. Dr. Ayers und ich haben ihre Ergebnisse bereits besprochen.«
Na, schön für dich. Ich sagte es nicht.
Ich wandte mich eben wieder den Knochen zu, als mein Handy summte. Ich schaute auf die Anruferkennung.
Perry Schechter. Manchmal machte sich Penetranz also doch bezahlt.
Leider war die »vertrauliche Information« des Anwalts nicht der Durchbruch, den ich mir erhofft hatte. Bei der Durchsicht von Edward Allens Papieren hatte Schechter eine handschriftliche Notiz mit einer Telefonnummer gefunden, die mit einer 514er Vorwahl begann. Und ein einziges Wort: Rose.
Nach dem Auflegen versuchte ich im Internet- Telefonverzeichnis eine Rückwärtssuche, also von der Nummer zum Namen. Die Nummer wurde im Verzeichnis nicht geführt.
Ich rief einen Kontaktmann in der SQ an. Er sagte mir, er werde die Nummer überprüfen und mich zurückrufen.
Zehn Minuten später tat er es. Die Nummer gehörte zu einer Telefonzelle an der Gare Central an der Rue de la Gauchetière Ouest.
Klasse. Der Hauptbahnhof von Montreal.
Aber Schechters Information war nicht völlig nutzlos. Sie sagte mir zwei Dinge.
Erstens: Die Gare Central wurde sowohl von den VIA-Langstreckenzügen benutzt wie von Verbindungszügen zu inner- und vorstädtischen Metro-Linien. Der Anrufer konnte also ein Pendler sein, einer, der von außerhalb kam, oder ein Ortsansässiger, der anonym bleiben wollte. Das war doch schon mal was.
Zweitens: Es gibt immer noch Telefonzellen. Wer hätte das gedacht?
Es war 16 Uhr 30, als ich mich endlich wieder auf die Knochen vom Lac Saint-Jean konzentrieren konnte.
Die Flaute dauerte nicht lange.
Ich öffnete eben die Akte des jüngeren Sohns, Valentin, als männliches Lachen meine Konzentration durchschnitt.
Ryan. Joe.
Da die Pathologie-, Histologie- und Anthropologielabore alle miteinander verbunden sind, dachte ich mir, dass Ryan am entfernten Ende hereingekommen war und sich jetzt zu mir durcharbeitete.
In der vergangenen Stunde hatte Rascheln darauf hingedeutet, dass Joe an seinem Schreibtisch, der direkt an Ryans Weg lag, Papierkram erledigte. Ich vermutete, dass die beiden über Vergaser oder Sportergebnisse redeten oder einen dieser Schuljungen- Witze genossen, die immer dieses ausgesprochen nervige konspirative Y-Chromosom-Lachen provozierten.
Das jüngere Kind der Gouvrards, vielleicht Valentin, war vertreten durch zwei Wirbel, drei unvollständige Röhrenknochen, ein Fersenbein, eine Handvoll Schädelfragmente und drei isolierte Zähne. Ohne auf das kumpelhafte Gelächter von nebenan zu achten, arrangierte ich die dürftige Kollektion.
Der Erhaltungszustand war schrecklich. Eine Mischung aus Durchfeuchtung und Wellenbewegung hatte fast alle anatomischen Identifikationsmarker beseitigt, und Bruchschäden machten eine exakte Vermessung unmöglich.
Aber die Zähne gestatteten eine Bestätigung meiner Altersschätzung zwischen sechs und acht Jahren.
Im Gegensatz zu Haien und Alligatoren werden den Menschen nur zwei Sätze von Beißerchen gewährt. Kinder haben zwanzig. Bei Erwachsenen erweitert sich die Sammlung auf zweiunddreißig, indem die vorderen Backenzähne und die Weisheitszähne dazukommen.
Der Austausch findet folgendermaßen statt. Im Alter von etwa sechs Jahren kommen die ersten permanenten Backenzähne zum kindlichen Gebiss hinzu. Im Alter von elf oder zwölf machen die acht Baby-Backenzähne acht Erwachsenen-Backenzähnen Platz. In den Teenagerjahren und den frühen Zwanzigern kommen an den hinteren Enden jedes Bogens zwei zusätzliche erwachsene Backenzähne hinzu. Was mit den Schneide- und Eckzähnen vorne passiert, brauche ich wohl nicht zu beschreiben. Wir alle kennen das Kuddelmuddel, das sich in diesen Jahren dort ereignet.
Der erste permanente und der zweite Baby-Backenzahn des jüngeren Kindes konnten sichergestellt werden, beide aus dem rechten Unterkiefer. Ebenso der zweite Baby-Backenzahn oben rechts. Ich legte die Babyzähne beiseite.
Ich untersuchte eben den Erwachsenen-Backenzahn, als ein Schatten auf meine Hand fiel. Ich schaute hoch.
Ryan wirkte ungewöhnlich formell in einem marineblauen Anzug und einem gebügelten, weißen Hemd. Seine hellgelbe Krawatte hatte fröhliche blaue Punkte.
»Schick«, sagte ich.
»Danke«, sagte er. »Gerichtstag.«
»Deine Zeugenaussage lief gut?«
»Habe sie beeindruckt.«
»Mit deiner
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