Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
Ryan ihn verhört hatte. Ich sagte es nicht. »Ich habe das Foto von Keith nach Trois Rivières gefaxt. Die Kollegen sind damit zu dem Camp gefahren, in dem Adamski übernachtete, als er zweitausend diesen tödlichen Bootsunfall hatte. Es ist der derselbe Kerl. Und dasselbe Lager.«
»Im Ernst?«
»Das sind die Leute, die Bud Keiths Bärenjagd während seiner Auszeit in der Küche der l'Auberge organisiert haben.«
»Gute Arbeit, Detective.«
Ryan schnaubte verächtlich. »Außer, dass ich den Kerl habe davonkommen lassen, ohne dass er sich auch nur einmal umschauen musste.«
»Er kommt nicht weit.«
»Er ist zweitausend verschwunden und erst zwei Jahre später wieder aufgetaucht. Wir hatten nicht die geringste Ahnung, wo der Arsch die ganze Zeit war.«
Das stimmte. Aber ich sagte auch das nicht.
»Du hast die Bestätigung, dass Adamskis Leiche nie gefunden wurde?«
»Ja.« Ryan klang erschöpft. »Anscheinend fuhr er eines frühen Morgens allein auf den See hinaus. Das Boot wurde mit dem Rumpf nach oben treibend gefunden, Adamski war nicht drin. Eine ganze Woche lang wurde der See abgesucht, man fand seine Brieftasche und seine Angelausrüstung. Aber keine Leiche.«
»Die Jungs vor Ort fanden das nicht komisch?«
»Ist offensichtlich schon öfters passiert. Der See ist an einigen Stellen dreißig Meter tief.«
Plötzlich musste ich an die Opfer vom Lac Saint-Jean denken, die vernachlässigt in meinem Labor lagen. Jetzt bekam ich auch ein schlechtes Gewissen. Quentin Jacquème wartete seit vierzig Jahren auf eine Antwort in Bezug auf seinen Schwager Achille und den Rest der Familie Gouvrard.
Montag. Als Allererstes. Keine Ablenkungen. »- kann ich dir sagen. Ich bin fertig.«
Ich stellte mir vor, wie Ryan sich mit der Hand durch die Haare fuhr. Und wie die Strähnen in alle Richtungen abstanden.
Ich öffnete die Lippen. Zögerte.
Warum nicht?
»Willst du vorbeikommen?«
»Danke, Tempe. Wirklich. Aber ich habe Lily versprochen, sie morgen früh anzuholen. Ich darf das nicht vermasseln. Ich fahre jetzt lieber nach Hause.«
»Verstehe.« Ich tat es nicht.
»Du weißt, wo ich jetzt am liebsten wäre. Es ist nur ... Bitte. Fragst du mich noch einmal?«
»Klar.« Meine Brust brannte. Ich musste auflegen.
Birdie und ich schauten uns Pretty Woman auf dem Oldie-Kanal an und gingen dann ins Bett.
Sonntag war ein Tag, der Alexander Graham Bell stolz gemacht hätte. Oder reich.
Harry rief als Erstes an, als ich gerade die Gazette las. Die ersten zwanzig Minuten erzählte sie mir von ihrem neuesten romantischen Abenteuer, dann fragte sie, wie es mir gehe.
Ich berichtete ihr von meiner Schlacht mit dem Schinkensalat.
Harry fragte, ob ich den Mistkerl schon identifiziert hätte, der mich bei Edward Allen Jurmain angeschwärzt hatte. Ich sagte Nein. Sie schlug mir gewisse Modifikationen der Genitalien dieses Kerls vor und fragte dann, wie es mit Ryan laufe. Um dieses Thema zu umgehen, redete ich über die vergiftete Atmosphäre im Institut, erzählte ihr von Briels Fernsehauftritt und von dem Gespräch mit Santangelo.
Harry befahl mir, den Tag freizunehmen, und zitierte irgendeine verquaste Theorie über Keime und Stress und Karma und Langlebigkeit. Ich stimmte ihr zu. Unverbindlich.
Harry bedrängte mich, verlangte ein Versprechen. Was ich ihr letztendlich auch gab. Ich kannte meine Schwester. Il Duce würde immer wieder anrufen, nur um sich zu versichern, dass ich wirklich zu Hause war.
Katy rief kurz nach Harry an. Sie hatte einen neuen Freund, einen Musiker namens Smooth. Smooth, zweiunddreißig, war aus Pittsburgh und spielte in einer Band mit dem Namen Polar Hard-on. Ob man in der Arktis wirklich einen Steifen kriegt? Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass die Neuigkeiten meiner Tochter den karmischen Entspannungsanordnungen meiner Schwester eher zuwider liefen.
Aber ich ließ den Tag locker angehen. Schrieb Berichte. Arbeitete mich durch meine E-Mails. Las. Spielte mit der Katze.
Nahm Harrys Anrufe entgegen, versicherte ihr, dass ich den Hausarrest nicht durchbrochen hatte.
Und unterdessen wartete ich auf die Nachricht von Adamskis Verhaftung.
Chris Corcoran rief gegen vier an.
Den Stateville-Insassen zu verdrahten, hatte sich ausgezahlt.
Der Zellengenosse, ein gewisser Antoine »Pooter« Brown, hatte genug Details geliefert, um sich selber für den Mord an Laszlo Tot die Schlinge um den Hals zu legen. Als Gegenleistung für ein maßvolles Urteil hatte Pooter zugegeben, bei dem Mord an
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