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Das graue distinguierte Leichentuch: Roman

Titel: Das graue distinguierte Leichentuch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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schönes junges Mannequin erschossen. Die Tote, Miss Annie Gander, wurde um halb drei Uhr nachmittags vom Zimmermädchen aufgefunden.
    Die Polizei...
    Für den Augenblick las er nicht weiter.
    Er dachte an goldene Initialen auf einer Perlentasche
    A. G.

5
    Umtausch unmöglich
    Der Mann bei den Cromwell Analytical Laboratories in der 48. Street zeigte weder Erstaunen noch besonderes Interesse an Daves Vorhaben. Er nahm das Fläschchen Meprobomat mit den restlichen acht Tabletten entgegen, versah es mit einem Merkzettel, stellte eine Quittung aus und versprach, Dave anzurufen, sobald die Analyse durchgeführt sei.
    Im Büro fiel es ihm schwer, seine Arbeit in Gang zu bringen. Den ganzen Vormittag über wurde er allzu häufig gestört – von den Angestellten der Firma, die bei ihm vorbeikamen, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen, und seinen eigenen sorgenvollen Gedanken. Es war nicht leicht, sich auf Werbeprobleme zu konzentrieren – in einem Augenblick, da er vielleicht vor dem Problem stand, das nackte Leben zu retten.
    Hatte sich jemand an dem Medizinfläschchen zu schaffen gemacht? Er stellte sich diese Frage, ohne die Antwort wissen zu wollen. Wer würde denn auf Dave Robbins (diesen lieben, gutmütigen Kerl!) so böse sein, daß er ihm tatsächlich nach dem Leben trachtete? Aber das Bahnhofsunglück – war es mehr als ein Zufall gewesen? Fühlte Harlow Ross sich durch Daves Beförderung tiefer gekränkt, als man annehmen sollte? Harlow wohnte in Sword’s Point, aber dort wohnten auch noch ein paar Dutzend anderer Mitarbeiter der Agentur, unter ihnen Hagerty selbst. Oder hing das alles mit der geheimnisvollen Miss A. G., mit den hundertfünfundzwanzigtausend Dollar und der Toten in dem vornehmen East Side Hotel zusammen.?
    ›Schalte dich morgen eine, dachte Dave ingrimmig, ›und sieh zu, was du findest. Oder wird es morgen schon zu spät sein?‹
    »Monday morning blues?«
    Von der Tür her ertönte Joe Spiegels näselnder Tonfall. Dave zwang sich zu einem freundschaftlichen Lächeln, als der Cheftexter ins Büro gelatscht kam und, seinen langen Leib zusammenklappend, in einem der Sessel Platz nahm. Dann fiel Dave etwas ein. »Sagen Sie mal, Joe, haben Sie irgendwelche Beziehungen zu unserer Staatspolizei?«
    »Wer? Ich? Höchstens zur Verkehrspolizei.«
    »Ich möchte gern eine Auskunft haben. Ich rief heute früh den Times-Express an, aber es schaute nichts dabei heraus.«
    »Mit wem haben Sie gesprochen?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, es war wohl die Lokalredaktion. Dort konnte man mir nur mitteilen, daß die gedruckte Meldung alles enthalte, was ihnen bekannt sei.«
    »Was ist das für eine Meldung?«
    Dave zögerte. Dann musterte er Joes offenes Bauerngesicht und sagte: »Nun, das Ganze dreht sich um einen Mord. Eine Frau wurde in einem Hotelzimmer umgebracht. Der Name kommt mir bekannt vor. Möchte gern wissen, ob es jemand ist, den ich kenne.«
    »Hab da eine Idee!« erwiderte Spiegel in seiner saloppen Art. »Warum setzen Sie nicht ein bißchen die Macht der Madison Avenue ein?«
    »Was soll das heißen?«
    »Rufen Sie die Anzeigenabteilung an. Unsere Agentur ist eine gute Kundin des Times-Express. Man wird sehr nett zu Ihnen sein.«
    Dave machte ein verdutztes Gesicht »Was hat denn die Anzeigenabteilung damit zu tun?«
    »Sie sind ein Anfänger! Hören Sie zu! Lassen Sie sich von der Presseabteilung den Namen des Anzeigenleiters geben. Rufen Sie ihn an, sagen Sie ihm, wer Sie sind, und ersuchen Sie um einen kleinen Plausch mit dem Polizeireporter des Blattes.«
    »Das ist eine Idee«, sagte Dave.
    »Ideen«, bemerkte Joe Spiegel, »sind mein Ressort.«
    Der Anzeigenleiter hieß Gallagher und stand gern zu Diensten. Als er am Nachmittag zurückrief, sagte er: »Mr. Robbins? Ihr Mann heißt Max Theringer. Er hat den Fall Gander bearbeitet. Er ist sehr beschäftigt, kann sich aber um fünf für eine Stunde freimachen. Wollen Sie sich mit ihm treffen?«
    »Gern. Wo?«
    »In der Bar gegenüber dem Zeitungsgebäude, dem City Room. Und passen Sie auf: Stoßen Sie sich nicht an seiner Ausdrucksweise. Max stammt noch aus der guten alten Zeit und ist überzeugt davon, daß die Anzeigenabteilung lebende kleine Kinder frißt.«
    »Ich verstehe. Kunst gegen Kommerz – der ewige Kampf.«
    »Wie bitte?«
    »Egal. Schönen Dank, Mr. Gallagher.«
    Um halb vier rief der Mann aus dem chemischen Laboratorium an. Seine Auskunft war enttäuschend, kam aber nicht unerwartet. Das Fläschchen enthielt acht

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