Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
schon immer gesättigt. Die richtige Größe vorausgesetzt.
An diesem Abend ging Herr Schweitzer mit dem Bewusstsein schlafen, einen guten Tag verlebt zu haben.
„Tanzten wie wild und wie Affen in Käfigen
kann man so nicht stehenlassen“, erklärte Melibocus und schüttelte den Kopf. „Aber ansonsten ganz gut, Simon. Vor allem die Fotos. Man könnte meinen, du hättest so was schon öfter gemacht.“
„Aber das sieht echt aus wie Affen in Käfigen“, protestierte Herr Schweitzer. „Du hättest sie sehen sollen. Hat nur noch gefehlt, dass jemand Bananen reinwirft.“
„Mag ja sein. Aber diese beiden Tänzer dienen der Animation.In Tanzlokalitäten dieser Größenordnung ist das heute völlig normal, Simon, glaub mir. Du warst wohl schon länger in keiner Disco mehr, stimmt’s?“
„Na ja“, versuchte sich der Sachsenhäuser Detektiv zu erinnern, „auf einer Ü30-Party war ich mal im Südbahnhof, vor ein paar Jahren.“
Felix Melibocus verdrehte die Augen nach oben. „Ü30 beinhaltet, rein rechnerisch betrachtet, selbst dein biblisches Alter. Und das Käsblättche hat über die Südbahnhof-Disco-Abende auch schon berichtet. Ich war selbst vor Ort. Und was ich dort gesehen habe, waren züchtig gekleidete Menschen der Prä-Altersheim-Phase, die beim Tanzen das Gleichgewicht verlieren, sobald sie sich um die eigene Achse drehen.“
Herr Schweitzer errötete. Nicht grundlos, denn sein Kumpel hatte sein eigenes Befinden von damals punktgenau widergegeben. Ihm war in der Tat schwindelig geworden. Nicht viel, aber ein bisschen.
„Also, Simon. Ich bring da noch ein wenig Pfeffer in deinen Text und gut ist. Vielleicht nächste Woche. Mal gucken. Momentan ist immer noch Monis Ofen-Leiche angesagt. Ach, übrigens“, Melibocus reichte ihm die neueste Ausgabe, „nach Sebastian de Witte wird jetzt sogar offiziell gefahndet. Wurde auch Zeit, wenn du mich fragst. Die sagen zwar, er solle sich als Zeuge melden, aber wir wissen ja, was wirklich dahintersteckt, gelle.“
Herr Schweitzer betrachtete das Foto. Es zeigte Sebastian im Sportdress. Links und rechts waren noch die Schulterpartien der neben ihm stehenden Sportskameraden zu sehen. „Weißt du, was das für ein Verein ist?“
„Ja, einer der Ruderclubs unten bei der Gerbermühle. Anglo-Sports, die mit den drei Eicheln im Wappen, guck.“ Melibocus deutete auf das Emblem auf Sebastians weißem Shirt. „Gegründet 1904. Die haben auch eine Tennis-Abteilung. Du müsstest es seiner Zeit noch live erlebt haben, Simon“, sagte der Herausgeber grinsend, „es waren oft Briten, die um die vorletzte Jahrhundertwendeauf dem Kontinent die Sportvereine ins Leben riefen.“
„Young Boys Bern“, konnte Herr Schweitzer großkotzen. Hatte er mal irgendwo aufgeschnappt oder gelesen. „Sag mal, hast du eine Ahnung, ob dieser Jean Clareux dort auch Mitglied war?“
„Der wer?“
Oh Mist, dachte Herr Schweitzer, hatte er jetzt versehentlich was ausgeplaudert, das von der Kripo noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war? „Ach nix, nur so einer aus der Clique um Sebastian. Aber da gibt’s viele, hängen immer in der Druckkammer rum. So’n Dutzend. Mädels sind auch dabei.“
„Du verheimlichst mir doch nicht etwa wichtige journalistische Informationen?“
„Wie könnte ich?“, machte Herr Schweitzer einen auf Harmlosigkeit in Person. „Aber“, er beugte sich ganz nah zu Felix, auf dass nicht mal heimlich lauschende Ratten oder Kakerlaken Wind von der Sache bekommen konnten, „sobald mich Schmidt-Schmitt informiert, bist du der Erste, der’s erfährt. Ich bin ganz nah am Puls der Zeit.“ Er begleitete das Gesagte mit einem listigen Augenzwinkern.
Melibocus hätte es nicht genau sagen können, aber irgendwie spielte dieser Jean eine andere Rolle, als die von seinem Freund geschilderte. Er nahm sich vor, mal das Internet zu kontaktieren, sobald Herr Schweitzer gegangen war. Oder, noch besser, einen Schuss ins Blaue wagen: „Heißt unsere Schrumpelleiche vielleicht so? Jean Cla… wie noch mal?“
„Clareux“, ergänzte der Sachsenhäuser Detektiv. „Aber von mir hast du das nicht. Noch nicht. Erst, wenn ich grünes Licht gebe, okay?“
„Claro, hombre. Und außerdem bist du nicht meine einzige Quelle.“
„Kann ich mir denken“, sagte Herr Schweitzer. „Was man so hört, scheinst du einen ganz heißen Draht zum Vorsitzenden des Karnevalvereins Domspatzen Blau-Gelb e.V. zu haben.“ Er erhobsich. „Ich gehe jetzt ins Café, mir ein
Weitere Kostenlose Bücher