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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Verrichtung von Arbeit jeglicher Art gebracht werden könne. Rasender Büffel sagte, die Alten Wesen verständigten sich nur noch durch Gedanken miteinander; die Sprache hätte sich in Epochen der Forschung und Entdeckung als plump und überflüssig erwiesen, außer für religiöse Zeremonien und den Ausdruck von Gefühlen. Sie verehrten Yig, den großen Vater der Schlangen, und Tulu, das krakenköpfige Wesen, das sie von den Sternen auf die Erde gebracht habe; diese beiden monströsen Gottheiten beschwichtigten sie durch Menschenopfer, dargebracht auf eine überaus merkwürdige Weise, die Rasender Büffel nicht näher beschreiben wollte.
    Zamacona lauschte gebannt der Erzählung des Indianers und beschloß augenblicklich, sich dessen Führung zu dem geheimnisvollen Tor in der Schlucht anzuvertrauen. Er schenkte den Berichten von den merkwürdigen Sitten und Gebräuchen der unterirdisch lebenden Wesen keinen Glauben, denn die Expedition hatte wiederholt die Erfahrung gemacht, daß an den Sagen der Einheimischen bezüglich unbekannter Länder nichts dran war, aber er hatte das sichere Gefühl, daß die unheimlichen unterirdischen Gänge tatsächlich zu wundersamen Reichtümern und Abenteuern im Innern der Erde führen mußten. Anfangs spielte er mit den Gedanken, die Indianer zu überreden, seine Geschichte auch Coronado zu erzählen und ihm zu versprechen, ihn vor etwaigen Auswirkungen der Skepsis des Heerführers zu schützen -, doch dann kam er zu der Überzeugung, daß er besser daran tun würde, sich alleine auf das Abenteuer einzulassen. Wenn er keine Gefährten hatte, brauchte er auch nichts von dem zu teilen, was er vielleicht fand, würde aber vielleicht ein großer Entdecker und fabelhaft reicher Mann werden. Der Erfolg würde ihn zu einer größeren Gestalt als Coronado machen, vielleicht sogar zu einer größeren Gestalt als irgend jemand sonst in Neuspanien, sogar einschließlich des mächtigen Vizekönigs Don Antonio de Mendoza.
    Am 7. Oktober 1541 stahl sich Zamacona gegen Mitternacht aus dem Lager der Spanier unweit des Grashütten-Dorfes und traf sich mit Rasender Büffel, um mit diesem den langen Marsch nach Süden anzutreten. Er hatte nur ganz leichtes Gepäck mitgenommen und trug weder seinen schweren Helm noch seinen Brustpanzer. Über die Einzelheiten des Marsches stand sehr wenig in der Handschrift, aber Zamacona hatte den 13. Oktober als Tag der Ankunft in der großen Schlucht vermerkt. Der Abstieg über den dichtbewaldeten Abhang dauerte nicht lange, und der Indianer hatte zunächst Schwierigkeiten, die hinter Gestrüpp verborgene Felsentür im Dämmerlicht der tiefen Schlucht zu finden, fand sie dann aber doch. Es war eine sehr kleine Tür mit einer Einfassung aus Sandstein, in die nicht entzifferbare, fast vollständig verwitterte Zeichen eingraviert waren. Sie war vielleicht sieben Fuß hoch und nicht mehr als vier Fuß breit. Die Pfosten hatten Bohrlöcher, in denen wahrscheinlich früher einmal die Angeln einer eisernen Tür verankert gewesen waren, von der jedoch nichts mehr zu sehen war.
    Beim Anblick dieses schwarzen Schlundes zeigte sich Rasender Büffel von Furcht ergriffen und warf hastig seinen Sack mit Vorräten ab. Er hatte für Zamacona reichlich Harzfackeln und Proviant mitgenommen und ihn gut und pflichtbewußt geführt, weigerte sich aber, sich an dem Abenteuer zu beteiligen. Zamacona zahlte ihm seinen Lohn aus und nahm ihm das Versprechen ab, nach einem Monat in diese Gegend zurückzukehren und ihm anschließend den Weg nach Süden zu den PuebloDörfern am Pecos zu zeigen. Ein freistehender Felsblock auf der Ebene über ihnen wurde als Treffpunkt vereinbart; wer als erster eintraf, sollte dort auf den anderen warten.
    Zamacona schrieb, er habe sich oft gefragt, wie lange der Indianer an dem Treffpunkt gewartet haben mochte, denn er selbst konnte die Verabredung nicht einhalten. Rasender Büffel unternahm noch einen letzten Versuch, ihn vom Abstieg in den finsteren Schlund abzuhalten, mußte jedoch einsehen, daß alles Reden zwecklos war, und verabschiedete sich mit einer resignierten Geste. Bevor er seine erste Fackel anzündete und mit seiner schweren Traglast durch die Tür in der Felswand trat, sah der Spanier noch zu, wie der Indianer hastig und offenkundig erleichtert den bewaldeten Abhang hinaufkletterte. Damit war seine letzte Verbindung zur Außenwelt abgerissen, doch er ahnte nicht, daß er nie wieder ein menschliches Wesen oder jedenfalls das, was man gemeinhin

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