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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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darunter versteht — sehen sollte.
    Zamacona empfand keine unmittelbare böse Vorahnung, als er durch dieses ominöse Portal trat, obwohl er von Anfang an von einer bizarren, ungesunden Atmosphäre umgeben war. Der Gang, etwas höher und breiter als die Türöffnung, war zunächst ein waagrechter Tunnel zyklopischen Mauerwerks mit stark abgenutzten Steinplatten als Boden und mit Wänden und Decken aus grotesk geformten Granitund Sandsteinblöcken. Die reliefartigen Bildwerke mußten, nach Zamaconas
    Beschreibung zu urteilen, wahrhaft abstoßend und furchteinflößend gewesen sein. Die Ungeheuer Yig und Tulu tauchten darin offenbar immer wieder als Leitmotive auf. Die Darstellungen waren grundlegend verschieden von allem, was der Abenteurer je gesehen hatte, obwohl er einräumte, daß die bodenständige Architektur Mexikos ihnen von allen Dingen in der Außenwelt am stärksten ähnelte. Nach einer Weile führte der Tunnel jählings steil nach unten, und unregelmäßiger, gewachsener Fels tauchte auf allen Seiten auf. Der Gang schien nur teilweise künstlich angelegt und war nur noch stellenweise mit schockierenden Reliefs ausgeschmückt. Nach einem gewaltigen Abstieg, in dessen Verlauf der Boden des Ganges manchmal so steil wurde, daß Zamacona in Gefahr geriet, auszurutschen und in die Tiefe zu schlittern, begannen Richtung und Querschnitt des Tunnels in rascher Folge zu wechseln. Mitunter verengte er sich fast zu einem Schlitz oder wurde so niedrig, daß Zamacona gebückt gehen oder sogar auf allen Vieren kriechen mußte, während er sich dann wieder zu ansehnlichen Höhlen oder Höhlenketten weitete. Es war offenkundig, daß an diesem Teil des Ganges kaum gearbeitet worden war, obgleich hier und da eine groteske Kartusche oder Hieroglyphe an der Wand oder ein zugeschütteter Seitengang Zamacona daran erinnerte, daß dies in Wahrheit die seit langem vergessene Hauptstraße in eine urtümliche und unglaubliche Welt lebender Wesen war.
    Drei Tage, so schätzte er jedenfalls, stolperte Panfilo de Zamacona abwärts, aufwärts, geradeaus und um Biegungen, stets jedoch vorwiegend abwärts, durch diese dunkle Region urzeitlicher Nacht. Ab Und zu hörte er irgendein verstohlenes Wesen ihm aus dem Weg tappen oder flattern, und nur ein einziges Mal sah er für einen kurzen Augenblick ein bleiches Ding schemenhaft auftauchen, das ihn zittern machte. Die Luft war überwiegend erträglich, doch durchquerte er von Zeit zu Zeit Zonen, in denen übler Geruch herrschte, und kam einmal in eine große Höhle mit Stalaktiten und Stalagmiten, in der es fast unerträglich feucht war. Rasender Büffel war in dieser Tropfsteinhöhle auf Hindernisse gestoßen, denn die Kalkablagerungen von Jahrhunderten hatten neue Pfeiler auf dem Weg der primordialen
    Unterweltbewohner entstehen lassen. Der Indianer hatte sie jedoch zerschlagen, so daß Zamacona unbehindert weitergehen konnte. Es war für ihn tröstlich zu wissen, daß schon ein anderer Bewohner der Außenwelt vor ihm hiergewesen war, und dank der ausführlichen Beschreibungen des Indianers blieben ihm Überraschungen erspart. Mehr noch, da Rasender Büffel den Gang so gut kannte, hatte er Zamacona einen ausreichenden Vorrat an Fackeln für den Hinund Rückweg mitgegeben, so daß der Spanier nicht zu befürchten brauchte, daß er irgendwann im Finstern stehen würde. Zamacona kampierte zweimal und machte sich jedesmal ein Lagerfeuer, dessen Rauch gut abzog.
    Am Ende des dritten Tages nach seiner Zählung, in deren Zuverlässigkeit man jedoch kein so großes Vertrauen setzen sollte, wie er selbst es offenbar tat stieß Zamacona auf die ungeheuer steil abfallende und dann ebenso jäh aufsteigende Strecke, die Rasender Büffel als letzten Abschnitt des Tunnels beschrieben hatte. Wie schon an manchen Punkten vorher, waren auch hier Anzeichen künstlicher Verbesserungen erkennbar, und verschiedentlich waren rohe Stufen in den Felsboden gehauen. Die Fackel erhellte immer mehr von den monströsen Reliefs an den Wänden, und schließlich schien sich ihr Flackern mit einem schwächeren und weniger eng begrenzten Licht zu vermischen, als Zamacona nach der letzten abwärts führenden Treppe lange Zeit aufwärts steigen mußte. Schließlich erreichte er den höchsten Punkt, und ein ebener, aus behauenen dunklen Basaltblöcken künstlich hergestellter Gang führte geradeaus. Er brauchte jetzt keine Fackel mehr, denn um ihn herum glomm die Luft in einem bläulichen, gewissermaßen elektrischen Licht,

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