Das Grauen im Museum
Gewächse und miasmatischer Dämpfe, zischend vor dem Anprall der ständig steigenden Wogen, die aus den schaurigen Tiefen aufquollen. Dann zerriß ein gellendes Krachen die Nacht, und quer über die Wüste der Wüsten tat sich eine rauchende Kluft auf. Immer noch schäumte und nagte der schwarze Ozean, die Wüste von beiden Seiten her verzehrend, während der Riß in der Mitte immer weiter und weiter klaffte.
Es war jetzt kein Land mehr übrig außer der Wüste, und immer noch fraß und fraß der wütend schäumende Ozean weiter. Auf einmal schien es mir, als hätte auch die donnernde See Angst vor etwas bekommen, Angst vor den dunklen Göttern der inneren Erde, die größer sind als der böse Gott der Wasser, aber es half nichts, es gab keine Umkehr, und die Wüste hatte schon zu sehr unter diesen Alptraumwogen gelitten, um ihnen jetzt zu helfen. So fraß der Ozean die letzten Reste des Landes und ergoß sich in den rauchenden Abgrund, und so gab er alles wieder hin, was er erobert hatte. Von den eben erst überfluteten Ländereien floß er wieder ab, Tod und Verfall offenbarend, und aus seinem uralten, unvordenklichen Bett tropfte er eklig, umnachtete Geheimnisse aus den Jahren entdeckend, als die Zeit noch jung und die Götter noch ungeboren waren. Über den Wellen erhoben sich trauernde, erinnerte Türme. Der Mond legte blasse Linien des Lichts auf das tote London, und Paris erstand aus seinem feuchten Grab, um sich mit Sternenstaub weihen zu lassen. Dann erhoben sich Türme und Monolithen, die in Trauer, aber nicht in der Erinnerung waren, schreckliche Türme und Monolithen von Ländern, von denen die Menschen nie wußten, daß es Länder waren.
Es war jetzt kein Pochen mehr zu hören, nur noch das unirdische Rauschen und Zischen der Wasser, die in die Kluft stürzten. Der Rauch aus dieser Kluft hatte sich in Dampf verwandelt und verbarg beinahe die Welt, indem er dichter und immer dichter wurde. Er verbrühte mir Gesicht und Hände, und als ich aufschaute, um zu sehen, was mit meinen Gefährten geschah, sah ich, daß sie alle verschwunden waren. Dann war plötzlich alles zu Ende, und ich wußte nichts mehr, bis ich auf dem Bett der Rekonvaleszenz aufwachte. Als die Dampfwolke aus dem plutonischen Abgrund schließlich die ganze Oberfläche vor meinen Blicken verbarg, schrie das ganze Firmament in einer Agonie wahnsinnigen Donners auf, der den zitternden Äther erschütterte. In einem einzigen, delirösen Blitzen und Krachen geschah es; ein blendender, betäubender Holocaust von Feuer, Rauch und Donner, der den bleichen Mond auflöste, als er ins Leere fortschoß.
Und als der Rauch sich verzog und ich auf die Erde hinabschauen wollte, sah ich vor dem Hintergrund kalt blinkender Sterne nur die sterbende Sonne und die blassen, traurigen Planeten, die ihre Geschwister suchten.
FLÜGEL DES TODES von Hazel Heald und H. P. Lovecraft
Das Orange Hotel steht in Bloemfontein, Südafrika, unweit des Bahnhofs an der High Street. Am Sonntag, dem 24. Januar 1932. saßen vier Männer schreckensbleich in einem Zimmer im dritten Stock. Einer von ihnen war George C. Titteridge, der Hotelbesitzer, der zweite der Polizist lan De Witt von der Hauptwache, der dritte Johannes Bogaert, der Leichenbeschauer, und der vierte, der noch den gefaßtesten Eindruck machte, der Arzt Dr. Cornelius Van Keulen.
Auf dem Fußboden lag, in der drückenden Sommerhitze nur allzu deutlich wahrnehmbar, der Leichnam eines Mannes, aber er war es nicht, vor dem sich die Männer fürchteten. Ihre Blicke wanderten von dem Tisch, auf dem eine kuriose Ansammlung von Gegenständen lag, zur Decke, an deren glatte, weiße Fläche riesige Schriftzeichen mit zittriger Hand in Tinte gemalt worden waren, und ab und zu warf Dr. Van Keulen auch einen verstohlenen Blick auf ein abgegriffenes, in Leder gebundenes Notizbuch, das er in der linken Hand hielt. Das Grauen der vier Männer schien sich zu gleichen Teilen auf das Notizbuch, das Gekritzel an der Decke und eine tote Fliege von merkwürdigem Aussehen zu beziehen, die in einer Flasche Ammoniak auf dem Tisch schwamm. Auf dem Tisch sah man außerdem noch ein offenes Tintenfaß, einen Federhalter und eine Schreibunterlage, einen Arztkoffer, eine Flasche Salzsäure und einen Krug, der etwa zu einem Viertel mit Mangandioxyd gefüllt war.
Das abgegriffene Notizbuch war das Tagebuch des Toten auf dem Fußboden und hatte den Männern sofort verraten, daß der Name, unter dem sich der Mann ins Hotelregister
Weitere Kostenlose Bücher