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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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geradewegs in die Bibliothek und begann in einem großen alten Buch zu lesen, das mit der Titelseite nach unten auf dem Tisch gelegen hatte. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, aber er sagte nichts und schaute sie nicht einmal an. Er las einfach weiter, und Georgina, die ihm neugierig über die Schulter sah, wunderte sich über die seltsamen Schriftzeichen, die in diesem messingbeschlagenen Wälzer standen.
    Als Georgina eine Viertelstunde später allein in dem dunklen Salon auf der anderen
    Seite des Hausflurs saß, faßte sie ihren Entschluß. Ungeheuerliches ging hier vor was es genau war und woher es kam, wagte sie sich nicht auszudenken, und es war höchste Zeit, daß sie jemanden um Hilfe rief, der stärker war als sie selbst. Dafür kam natürlich nur James in Frage. Er war mächtig und tüchtig, und seine Sympathie und Zuneigung würden ihm sagen, was zu tun war. Er kannte AI seit frühester Jugend und würde ihn verstehen.
    Es war schon recht spät, aber Georgina war zum Handeln entschlossen. Auf der anderen Seite des Flurs fiel immer noch Licht aus der Bibliothek, und sie warf einen wehmütigen Blick auf die Tür, als sie ihren Hut aufsetzte und lautlos aus dem Haus ging. Bis zur Jackson Street war es nicht weit zu gehen, und dort fand sie dank einem glücklichen Zufall gleich eine Kutsche, die sie zum Telegraphenamt der Western Union brachte. Dort gab sie ein sorgfältig formuliertes Telegramm an James Dalton in Sacramento auf, in dem sie ihn bat, in einer für sie alle außerordentlich wichtigen Angelegenheit sofort nach San Francisco zu kommen.

    Dalton war völlig überrascht von Georginas Telegramm. Er hatte nichts mehr von den Clarendons gehört, seit Alfred ihn an jenem stürmischen Februarabend aus dem Haus gewiesen hatte, und er hatte wohlweislich darauf verzichtet, mit ihnen Verbindung aufzunehmen, obwohl es ihn gedrängt hatte, seinem einzigen Freund sein Bedauern über die fristlose Entlassung aus dem Amt auszusprechen. Er hatte sich alle Mühe gegeben, die politischen Intrigen abzuwehren und die Zuständigkeit für die Ernennungen zu behalten, hatte jedoch mit Erbitterung zusehen müssen, wie der Mann abgesetzt wurde, der für ihn trotz seines befremdlichen Verhaltens in jüngster Zeit nach wie vor das Idealbild des fähigen Wissenschaftlers verkörperte. Was nun dieser offenbar in größter Angst verfaßte Hilferuf zu bedeuten hatte, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Er wußte jedoch, daß Georgina nicht so schnell den Kopf verlor und niemals wegen einer bloßen Lappalie einen solchen Schritt unternommen hätte. Deshalb verlor er keine Zeit, setzte sich in die nächste Postkutsche und ging in San Francisco sofort in seinen Club, von wo aus er Georgina durch einen Boten mitteilen ließ, er sei in der Stadt und stehe ihr zur Verfügung.
    Bei den Clarendons war unterdessen alles friedlich gewesen, obwohl sich der Arzt nach wie vor kategorisch weigerte, seiner Schwester über den Zustand des Hundes Auskunft zu geben. Die Schatten des Unheils lagen über allem und wurden immer dichter, doch im Augenblick war alles ruhig. Georgina war erleichtert, als sie durch Daltons Nachricht erfuhr, daß er ganz in der Nähe war, und antwortete ihm, sie werde ihn rufen lassen, falls es erforderlich würde. Trotz der immer unerträglicher werdenden Spannung meinte sie auch ein gewisses ausgleichendes Element wahrzunehmen und kam nach längerem Überlegen zu dem Schluß, daß der Grund dafür das Verschwinden der mageren Tibeter sei, deren exotisches Wesen und verstohlenes Gehaben sie immer befremdet hatten. Es war, als wären sie vom Erdbeben verschluckt worden, und von der alten Margarita, der einzigen Bedienten, die noch im Haus war, erfuhr sie, die Tibeter seien alle im Labor, um ihrem Herrn und Surama zu helfen.
    Der nächste Morgen es war der 18. Mai, ein Tag, an den sie noch lange denken sollte war dunkel und verhangen, und Georgina spürte, daß die trügerische Ruhe nicht mehr lange währen würde. Ihren Bruder sah sie überhaupt nicht, aber sie konnte sich denken, daß er trotz des Mangels an Versuchstieren, den er beklagt hatte, im Labor konzentriert an etwas arbeitete. Sie fragte sich, wie es dem armen Tsanpo gehen mochte und ob er tatsächlich irgendeiner gefährlichen Impfung unterzogen worden war, aber es sei nicht verschwiegen, daß sie sich um Dick größere Sorgen machte. Vor allem die Frage quälte sie, ob Surama trotz der empörenden Gleichgültigkeit seines Herrn irgend

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