Das Grauen lauert in der Tiefe
Plattform auf und ein dröhnendes Rumpeln beendete die Diskussion in der engen Kabine.
Max schluckte schwer, denn er wusste aus seinen Abenteuerbüchern, dass unerwartete Reisen in die Tiefen der Ozeane immer gewisse Gefahren mit sich brachten. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was für schreckliche Dinge sie auf dem Meeresgrund erwarteten.
»Wir werden eingesogen«, verkündete Mafalda. Sie klebte noch immer mit der Nase am Bullauge und konnte vor Aufregung nicht eine Minute still stehen.
Tatsächlich hatte sich in der Plattform eine Öffnung aufgetan, in der die Tauchkugel langsam versank. Um sie herum wurde es augenblicklich schwarz wie in der finstersten Nacht, doch Max starrte unbeirrt durch das dicke Glas des Bullauges nach draußen. Als seine Augen sich endlich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er, dass sie sich in einer eisernen Röhre oder einem Tunnel befanden.
»Vielleicht wird die Unterwasserstadt ja doch von Krakenmonstern bewohnt, die uns zu sich locken und auffressen wollen«, gab Mafalda plötzlich zu bedenken.
Professor Fox wuschelte ihr lächelnd durch die Haare, aber eine gewisse Anspannung war mittlerweile auch ihm anzumerken. Trotzdem stellte er betont sachlich fest: »Was immer uns hier unten erwartet, wir werden gleich seine Bekanntschaft machen. Ich nehme an, dass es sich bei dieser urbanen Siedlung um eine …«
Seine Vermutung ging in einem ohrenbetäubenden Pfeifen und Zischen unter. Max spürte ein Knacken in den Ohren und hätte schwören können, ein Orchester aufspielen zu hören.
Ohne Vorwarnung schwang im nächsten Augenblick die Tür der Tauchglocke auf, und ein grelles Licht blendete Max, der sofort einen Schritt nach vorn machte und sich schützend vor seine Schwester stellte.
Draußen marschierte unter großem Getöse eine Militärkapelle auf und dahinter kamen mehrere Herren in schwarzen Anzügen zum Vorschein. Der vorderste trug eine rote Schärpe um die Schulter und wurde von einer Dame in einem roten Samtkleid begleitet. Das Kleid war sehr elegant und hübsch, was man von der Dame nicht behaupten konnte.
Fasziniert stieg Max aus der Luke und trat näher an das Schauspiel heran. Er ließ seinen Blick über die Versammlung gleiten. Die seltsame Begrüßungszeremonie fand in einer geschmückten Halle statt, deren Größe und pompöse Ausstattung ihm den Atem nahmen. Er war es zwar gewohnt, sich in eindrucksvollen Räumen aufzuhalten, weil sein Vater ihn und Mafalda regelmäßig zu irgendwelchen Vorträgen an der Universität mitnahm, aber das hier übertraf alles, was er bislang gesehen hatte. Gewaltige Stahlträger ragten in regelmäßigen Abständen in schwindelerregende Höhen empor und riesige Kronleuchter hingen an Ketten aus Messing von der fernen Decke des Raums herab. Sie waren mit unzähligen elektrischen Glühlampen bestückt.
Vor den Stahlträgern waren gigantische Bronzefiguren postiert, deren lang gezogene Gliedmaßen Max an die Darstellung außerirdischer Wesen erinnerten, wie er sie in einem der Groschenhefte gesehen hatte, die Mafalda unter ihrem Bett versteckte. Besonders hübsch waren die Figuren nicht, aber Max nahm instinktiv an, dass sie das auch gar nicht sein sollten. Vielmehr erfüllten sie vermutlich die Aufgabe, Eindringlinge oder ungebetene Gäste wie die Familie Fox einzuschüchtern.
Max schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter und drehte sich unsicher zu seinen Eltern um. Hinter ihm hatte sich seine Mutter bereits in Bewegung gesetzt und dirigierte ihren Mann und Mafalda über den glänzend weißen Marmorfußboden zu einem dicken roten Plüschteppich hinüber. Unterwegs bekam sie die klammen Finger ihres Sohnes zu fassen und zerrte auch ihn wortlos mit sich.
Unter der energischen Führung von Mrs Fox schritt die gesamte Familie nun auf das Begrüßungskomitee zu. Aber Max merkte am Händedruck seiner Mutter, dass auch sie sich nicht so wohlfühlte, wie ihr charmantes Lächeln vortäuschen sollte.
Als sie vor den Mann mit der Schärpe traten, spielte die Kapelle einen letzten ohrenbetäubenden Tusch und verstummte dann.
»Herzlich willkommen, lieber Professor Spencer«, sagte der Mann mit der Schärpe feierlich. »Wir sind hocherfreut, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind, und in meinem Amt als Bürgermeister begrüße ich Sie in Atlantic Haven, der Stadt der Zukunft, der Stadt der glücklichen Bürger, der Stadt, in der Träume wahr werden.«
Er machte eine kurze Pause, ließ seinen Blick irritiert über Max,
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