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Das Grauen lauert in der Tiefe

Das Grauen lauert in der Tiefe

Titel: Das Grauen lauert in der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Loeffelbein
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einen lang gestreckten Saal, der durch fünf Kronleuchter festlich erhellt wurde. An den Wänden hingen große Spiegel in Goldrahmen, die das Funkeln des elektrischen Lichts noch verstärkten. Ein riesiger Tisch war mit schneeweißem Porzellan und frisch poliertem Silberbesteck eingedeckt. Ungefähr dreißig Männer, Frauen und Kinder standen um die Tafel herum. Sie winkten Professor Fox und seiner Familie freundlich zu. Dann, auf ein Nicken von Mr Crimer hin, setzten sich alle an den Tisch. Die Kinder wurden von ihren Eltern getrennt und Mrs Fox warf erst Max und anschließend Mafalda einen vielsagenden Blick zu. Max wusste genau, was er bedeutete: Du darfst auf keinen Fall verraten, dass wir nicht die Familie Spencer sind! Und kümmere dich darum, dass deine Schwester keinen Unsinn macht und sich verplappert! Und Mafalda teilte sie mit diesem Blick mit, dass sie gefälligst auf ihren großen Bruder hören sollte.
    Nachdem sie inmitten einer Gruppe fröhlich plaudernder Kinder Platz genommen hatten, die alle ungefähr in ihrem Alter waren, spielte ein kleines Orchester auf der anderen Seite des Saals einen Tusch, und Mr Crimer klopfte mit einem silbernen Löffel gegen sein Weinglas. Er begann, eine Rede zu halten.
    Die anderen Kinder am Tisch schien das nicht weiter zu interessieren – sie kicherten und tuschelten miteinander und beschossen sich gegenseitig mit Weintrauben, die sie aus einem der Obstkörbe gefischt hatten.
    Maxwell und Mafalda tauschten einen Blick und spitzten die Ohren, weil sie hofften, endlich etwas über diese wundersame und geheimnisvolle Stadt zu erfahren.
    »Liebe Bürgerinnen und Bürger«, begann Mr Crimer. »Es ist mittlerweile Tradition bei uns, dass wir, die Angehörigen des Parlaments, zu einem Festessen zusammenkommen, um ein neues Mitglied in unserem Wissenschaftsrat zu begrüßen. Unser lieber Professor Spencer hat sich zwar ein klein wenig verspätet, aber angesichts der schwierigen Verkehrsanbindung zu unserer schönen Stadt können wir ihm daraus wohl kaum einen Strick drehen.«
    Er lachte schnarrend über seinen kleinen Scherz und einige der Parlamentsmitglieder gackerten ebenfalls los. Die Kinder links und rechts von Maxwell und Mafalda hingegen verzogen keine Miene.
    »Onkel Freddie ist schon in Ordnung, aber etwas vertrottelt«, raunte ein Mädchen Mafalda zu und verdrehte dabei die Augen.
    Der Junge neben ihr meinte: »Und er ist der langweiligste Redner, den es gibt. Früher haben wir uns während seiner Ansprachen immer nach draußen verkrümelt, aber das geht jetzt ja leider nicht mehr.«
    »Wieso denn nicht?«, fragte Max.
    »Na, wegen der Bande von Mr Nin. Um die machen die Erwachsenen doch so ein Theater. Anschlag hier, Explosion da … Als ob wir sofort abgemurkst werden würden, nur weil wir draußen Verstecken spielen.«
    Er legte sich selbst die Hände um den Hals und tat so, als würde er erwürgt. Er rollte mit den Augen und ließ seine Zunge aus dem Mund baumeln. Das sah so lustig aus, dass Maxwell und Mafalda augenblicklich losprusteten.
    Max überlegte gerade, ob er den Jungen fragen sollte, was es mit Mr Nins Bande auf sich hatte, als Mr Crimer mit etwas lauterer Stimme fortfuhr: »Natürlich wurde Professor Spencer in langen Briefen von mir über all die erfreulichen Dinge unterrichtet, die sich seit unserer Stadtgründung ereignet haben«, erklärte er. »Aber ich möchte noch einmal betonen, dass wir unserem Motto Wohlstand für alle, Glück für alle auch in unserem zehnten Jubiläumsjahr mehr als gerecht geworden sind. Atlantic Haven ist die einzige Stadt auf der Welt, in der jeder Bürger und jede Bürgerin in Frieden und Glück leben kann. Wir haben die Armut besiegt. Wir haben die Ungerechtigkeit besiegt. Und wir werden bald auch alle Krankheiten und sogar den Tod besiegt haben.«
    Die Erwachsenen applaudierten enthusiastisch, am Tisch der Kinder hingegen sah man nur gelangweilte Gesichter.
    »Blablabla«, meinte der Junge, der sich gerade selbst erwürgt hatte. »Hoffentlich bringen die gleich die Würstchen rein. Ich sterbe vor Hunger.«
    Mr Crimer hob sein Glas. »Ich trinke auf Professor Spencer, der sich bereit erklärt hat, uns bei der Verwirklichung neuer Ziele zu helfen. Auf Professor Spencer und auf Atlantic Haven, die Stadt der Zukunft.«
    Alle prosteten sich zu, auch die Kinder. In ihren Gläsern sprudelte allerdings statt Champagner Zitronenlimonade, die außergewöhnlich gut schmeckte. Trotzdem konnte Max davon nur ein paar Schlucke

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