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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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und ich finde dich schon noch –, dann wirst du den Tag deiner Geburt verfl u chen!«
    Bod seufzte, ließ das Buch sinken und streckte den Kopf so weit vor, dass er Thackeray Porringer (1720-1734, Sohn des Obengenannten ) den rutschigen Pfad heraufkommen sah. Thackeray war ein übergewic h tiger Junge. Er war erst vierzehn Jahre alt, als er i n folge eines Aufnahmerituals als Lehrling bei einem Malermeister starb. Man hatte ihm acht Kupfermü n zen gegeben und ihm aufgetragen, er solle dafür eine halbe Gallone rot-weiß gestreifte Farbe für die Stangen der Barbierg e schäfte kaufen. Fünf Stunden lang war Thackeray an dem schmuddeligen Januarmo r gen von einem Geschäft zum anderen gelaufen und hatte überall nur Hohn und Spott geerntet, als er schließlich merkte, dass man ihn zum Narren gehalten hatte, bekam er vor Wut einen Schlaga n fall, der ihn innerhalb einer Woche dahinraffte. Er starb mit einem zornfunkelnden Blick auf die übr i gen Lehrli n ge und auf Mr Horrobin, seinen Meister, dem man in se i ner Lehrzeit noch viel übler mitgespielt hatte, we s halb er die ganze Aufregung gar nicht ver stand.
    Thackeray Porringer war also in einem Wutanfall g e storben und, sein Exemplar des Robinson Crusoe fest umklammernd, bestattet worden. Neben einer silbernen Sixpence-Münze und den Kleidern, in d e nen ihn der Schlag getroffen hatte, war das seine ga n ze Habe. Auf Wunsch seiner Mutter hatte man ihn mit dem Buch in den Händen begraben. Auch der Tod hatte Thackeray Porri n gers aufbrausendes Temperament nicht zu zügeln ve r mocht und so bellte er auch jetzt wieder. »Ich weiß, dass du dich hier i r gendwo versteckst! Komm raus und hol dir deine g e rechte Strafe ab, du Dieb!«
    Bod klappte das Buch zu. »Ich bin kein Dieb, Thack e ray. Ich habe es mir nur geliehen. Ich verspreche, ich g e be es zurück, wenn ich es ausgelesen habe.«
    Thackeray schaute auf und sah Bod hinter der Statue des Osiris hervorlugen. »Ich habe dir gesagt, du sollst es nicht nehmen!«
    Bod seufzte. »Aber hier gibt es so wenig Bücher. Und jetzt ist es gerade so spannend. Er hat eine Fußspur en t deckt und es ist nicht seine. Das heißt, dass noch jemand auf der Insel ist!«
    »Es ist mein Buch«, sagte Thackeray Porringer stur. »Gib es her.«
    Bod war drauf und dran, zu streiten oder einfach nur zu verhandeln, aber als er Thackerays gekränkte Miene sah, gab er nach. Er kletterte seitlich an dem Bogen hi n unter und nahm den letzten Meter in einem Satz. Dann hielt er Thackeray das Buch hin. »Da.« Thackeray nahm es ihm ruppig aus der Hand.
    »Ich könnte es dir vorlesen«, bot Bod an.
    »Geh dahin, wo der Pfeffer wächst«, erwiderte Th a ckeray und verpasste ihm einen Schlag aufs Ohr. Das saß, Bods Ohr brannte, freilich merkte er auch, dass Th a ckerays Hand, nach seinem Gesichtsausdruck zu schli e ßen, mindestens ebenso brennen mus s te.
    Der dicke Junge stapfte den Pfad hinunter. Bod sah ihm nach, den Tränen nah vor Schmerz. Dann machte auch er sich auf den Rückweg über den efe u bedeckten, rutschigen Weg. An einer Stelle glitt er aus und riss sich die Jeans am Knie auf.
    Neben der Mauer wuchsen ein paar Weiden und hier wäre Bod beinahe mit Miss Euphemia Horsfall und Tom Sands zusammengestoßen, die jahrelang miteinander g e gangen waren. Toms Beerdigung lag schon so lange z u rück, dass sein Grabstein nur noch ein verwitterter Felsen war. Er starb zur Zeit des Hundertjährigen Kriegs mit Frankreich, während Miss Euphemia (1861-1883, Sie ruht unter der Schar der Engel ) in der viktorianischen Epoche bestattet wurde, als der Friedhof erweitert wurde und gut fünfzig Jahre lang kommerziell florierte. Sie ha t te eine Gruft ganz für sich allein hinter einer schwarzen Tür in der Mauer. Aber das Paar hatte offenbar keine Schwi e rigkeiten damit, dass sie so unterschiedlichen histor i schen Epochen angehörten.
    »Nicht so stürmisch, junger Mann«, sagte Tom. »Sonst tust du dir noch weh.«
    »Schon passiert«, stellte Miss Euphemia fest. »Oje, Bod, deine Mutter wird ganz sicher ein Wörtchen mit dir reden. Dieses Beinkleid können wir nämlich nicht so leicht flicken.«
    »Oh, tut mir leid«, sagte Bod.
    »Und dein Vormund sucht nach dir«, fügte Tom hi n zu. Bod sah zum grauen Himmel hinauf. »Aber es ist doch noch hell«, sagte er.
    »Er ist beizeiten aufgestanden«, sagte Tom. »Und er hat uns gesagt, wir sollen dir Bescheid geben, dass er dich sehen will.«
    Bod nickte.
    »Im Dickicht neben dem Grabmal der

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