Das Graveyard Buch
tet, doch jetzt ruhte alle Aufmerksamkeit – ganz zu schweigen von einem Paar großer Beamtenhände – auf ihm.
»Sie können mich nicht verhaften, bloß weil ich I h nen meinen Namen und meine Adresse nicht sage.«
»Das nicht«, sagte der Beamte, »aber ich kann dich auf die Wache mitnehmen und dich dort festhalten, bis du uns den Namen eines Elternteils, eines Erziehungsb e rec h tigen oder eines Vormunds nennst, in dessen Obhut wir dich geben können.«
Er schob Bod in den Fond des Polizeiautos, wo Mo Quilling saß und lächelte wie eine Katze, die gerade alle Kanarienvögel verspeist hat. »Ich habe dich von meinem Fenster aus gesehen«, sagte sie sachlich. »A l so habe ich die Polizei gerufen.«
»Ich habe nichts getan«, sagte Bod. »Ich war nicht mal in eurem Garten. Und warum bringen sie dich her, wenn sie mich fangen wollen?«
»Ruhe dahinten!«, schnauzte der große Polizist. Alle schwiegen, bis das Auto vor einem Haus hielt, das wohl Mos Zuhause sein musste. Der große Polizist öffnete ihr die Tür und ließ sie aussteigen.
»Wir rufen morgen an und sagen deiner Mutter und deinem Vater, was wir herausgefunden haben.«
»Danke, Onkel Tarn«, sagte Mo und lächelte: »Hab nur meine Pflicht getan.«
Auf dem Weg zurück durch die Stadt versuchte Bod nochmals, sich unsichtbar zu machen, aber ohne Erfolg. Er fühlte sich krank und elend. Was war an diesem Abend nicht alles passiert: Er hatte das erste Mal mit S i las gestritten, er hatte versucht, von zu Hause wegzula u fen, er hatte es nicht geschafft wegz u laufen und jetzt schaffte er es nicht, nach Hause z u rückzukehren. Er konnte der Polizei nicht sagen, wo er wohnte oder wie er hieß. Er würde sonst den Rest seines Lebens in einer P o lizeizelle oder in einem G e fängnis für Kinder verbringen. Gab es eigentlich G e fängnisse für Kinder? Er wusste es nicht.
»Entschuldigung, gibt es Gefängnisse für Kinder?«, fragte er die Beamten auf den Vordersitzen.
»Machst dir langsam Sorgen, was?«, sagte Mos Onkel Tarn. »Ich mach euch keinen Vorwurf. Seid halt Kinder. Reißen aus. Aber ein paar von euch sol l ten eingesperrt werden, mein Lieber.«
Bod war sich nicht sicher, ob das ein Ja oder ein Nein auf seine Frage war. Er schaute aus dem Fenster und sah, dass etwas Großes, Dunkles über dem Auto schwebte, gr ö ßer als jeder Vogel, mannsgroß, und es flimmerte und fla t terte im Flug wie eine die Signale ertastende Flede r maus.
Der rothaarige Beamte begann auf ihn einzureden: »Wenn wir auf die Wache kommen, gibst du am b e sten deinen Namen an und sagst uns, wen wir anrufen sollen, damit er dich abholen kommt. Wir sagen, dass du einen Anschiss bekommen hast, dann können sie dich wieder mit heimnehmen, okay? Wenn du tust, was wir sagen, haben wir alle weniger Papierkram und eine ruhige Nacht. Die Polizei, dein Freund und Helfer.«
»Du bist zu lasch mit ihm. Eine Nacht in der Zelle ist nicht so schlimm«, sagte der größere Beamte zu seinem Kumpel. Dann wandte er sich zu Bod um: »Außer wenn nachts viel los ist und wir dich mit den Betrunkenen z u sammensperren müssen. Die können allerdings fies sein.«
Bod dachte: Er lügt!, und: Das machen die mit A b sicht, guter Bulle, böser Bulle …
Das Polizeiauto bog um die Ecke und plötzlich gab es einen dumpfen Schlag. Etwas Großes landete auf der Motorhaube und wurde ins Dunkel geschleudert. Das Auto hielt mit quietschenden Bremsen und der rothaarige Polizist fluchte leise.
»Er ist einfach auf die Straße gelaufen«, rief er aus. »Du hast es doch gesehen!«
»So genau weiß ich nicht, was ich gesehen habe«, sa g te der größere Polizist. » Auf jeden Fall hast du irgende t was angefahren.«
Sie stiegen beide aus und leuchteten mit ihren Lampen herum. »Er war schwarz angezogen«, sagte der Rothaar i ge. »Da kann man ihn nicht sehen.«
»Da drüben liegt er«, rief der größere. Die zwei Pol i zisten liefen zu dem Körper hinüber, der am Boden lag, und leuchteten mit ihren Taschenlampen.
Bod probierte die Türgriffe im Fond, aber sie ließen sich nicht bewegen. Und zwischen Vordersitzen und Rückbank befand sich ein Metallgitter. Selbst wenn er sich unsichtbar machte, wäre er auf der Rückbank eines Polizeiautos gefangen.
Er lehnte sich zum Fenster, um zu sehen, was pa s siert war und was da auf der Straße lag.
Der rothaarige Polizist kauerte neben einem Körper und schaute ihn an. Der andere Polizist stand daneben und leuchtete ihm ins Gesicht.
Bod schaute in das
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