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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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erklärte, so gut er konnte. Und es war vier Uhr mo r gens, als sie endlich fertig waren.
    Am folgenden Morgen war Bod müde in der Schule. Laut Stundenplan begann der Tag mit Geschichte, ein Fach, das Bod im Allgemeinen ganz gern mochte, o b wohl er oft dem Bedürfnis widerstehen musste, zu sagen, dass sich die Dinge nicht so abgespielt hatten, jedenfalls nicht nach Aussage von Leuten, die immerhin dabei g e wesen waren. Doch an diesem Morgen kämpfte Bod nur darum, wach zu bleiben. Er gab sich alle Mühe, dem U n terricht zu folgen, und achtete nicht sehr auf das, was um ihn herum vorging. Er dachte an König Karl I. und an seine Eltern, Mr und Mrs Owens, und an die andere F a milie, an die er sich nicht erinnern konnte, als plötzlich an die Tür des Klassenzimmers geklopft wurde. Die ga n ze Klasse und ihr Lehrer, Mr Kirby, schauten, wer wohl h e reinkäme (es war ein Siebtklässler, der hergeschickt wo r den war, um ein Lehrbuch zu holen). Während die ganze Klasse und Mr Kirby zur Tür schauten, spürte Bod, dass ihn etwas in den Handrücken stach. Er schrie nicht, er blickte nur auf.
    Nick Farthing, in der Hand einen spitzen Bleistift, grinste ihn an. »Ich habe keine Angst vor dir«, fl ü sterte Nick. Bod schaute auf seine Hand. Ein kleiner Tropfen Blut quoll hervor, wo die Bleistiftspitze sich hineing e bohrt hatte.
    Am Nachmittag ging Mo Quilling auf dem Korridor an Bod vorüber und schaute ihn mit so weit aufgeriss e nen Augen an, dass er das Weiße drum herum sehen konnte.
    »Du bist doch verrückt«, sagte sie. »Du hast keine Freunde.«
    »Ich bin nicht hier, um mir Freunde zu machen«, sagte Bod wahrheitsgemäß, »sondern um etwas zu lernen.«
    Mos Nasenflügel bebten. »Weißt du eigentlich, wie verrückt das nun wieder ist?«, fragte sie. »Keiner geht in die Schule, um etwas zu lernen. Man geht hin, weil man muss.«
    Bod zuckte die Schultern.
    »Ich habe keine Angst vor dir«, sagte sie. »Egal, was für einen Trick du gestern angewendet hast. Du hast mir keine Angst gemacht.«
    »Na schön«, sagte Bod und ging weiter den Flur hi n unter.
    Er fragte sich, ob es falsch war, sich einzumischen. Es war auf jeden Fall eine Fehleinschätzung, so viel war sicher. Mo und Nick redeten offenbar über ihn und die Siebtklässler taten das vielleicht auch. Andere Schüler beobachteten ihn und machten sich gegense i tig auf ihn aufmerksam. Mit einem Mal war er vo r handen und nicht unsichtbar und das bereitete ihm Unbehagen. Silas hatte ihn gewarnt, möglichst nicht aufzufallen, und riet ihm, durch die Schule zu gehen wie ein Schatten, aber jetzt war alles anders.
    Am Abend sprach er seinen Vormund darauf an und erzählte ihm die ganze Geschichte. Auf Silas’ R e aktion war er nicht gefasst.
    »Ich glaub es einfach nicht«, rief Silas. »Wie kon n test du nur so … so dumm sein. Wo ich dir doch ei n geschärft habe, im unsichtbaren Bereich zu bleiben. Und nun bist du zum Gesprächsstoff der ganzen Schule geworden!«
    »Was hätte ich denn tun sollen?«
    »Jedenfalls nicht das«, sagte Silas. »Es ist nicht mehr wie früher. Sie können deine Spur überallhin verfolgen, Bod. Man kann dich ausfindig machen.« Silas’ unbewe g tes Äußeres war wie die harte Felskruste über der flüss i gen Lava. Aber Bod wusste, wie wütend Silas war, ei n fach weil er ihn kannte. Er schien gegen seine Wut anz u kämpfen und sie im Zaum zu halten.
    Bod schluckte.
    »Was soll ich tun?«, fragte er schlicht.
    »Geh nicht wieder hin«, sagte Silas. »Die Idee, in die Schule zu gehen, war ein Experiment. Jetzt mü s sen wir uns wohl eingestehen, dass es nicht erfolgreich war.«
    Bod schwieg. Dann sagte er: »Es ist ja nicht nur das Lernen an sich. Es ist noch mehr. Weißt du e i gentlich, wie toll es ist, mit anderen Leuten in einem Raum zu sein, und alle atmen?«
    »So etwas hat mir nie Freude bereitet«, sagte Silas. »Also. Ab morgen gehst du nicht mehr in die Schule.«
    »Aber ich laufe nicht weg. Nicht vor Mo oder vor Nick oder vor der Schule. Eher gehe ich von hier weg.«
    »Du tust, was ich dir sage, Junge«, sagte Silas, ein samtschwarzer Knoten aus Wut in der Dunkelheit.
    »Sonst?«, erwiderte Bod und seine Wangen bran n ten. »Was willst du tun, um mich davon abzuhalten. Mich umbringen?« Und damit drehte er sich auf dem Absatz um und ging den Weg hinunter zur großen Eingangspfo r te und verließ den Friedhof.
    Silas begann, dem Jungen hinterherzurufen, dann hielt er inne und stand allein in der Dunkelheit da.
    Die

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