Das grobmaschige Netz - Roman
Rooth vielleicht auch.
Aber vorerst wurde mit voller Kraft gearbeitet. Hiller hatte gewisse Versprechungen gemacht, im Fernsehen und in der Presse. Und da schadete es natürlich nicht, wenn man den Mörder rasch hinter Schloss und Riegel bringen konnte. Und diesmal den richtigen Mörder.
Rooth putzte sich die Nase. Reinhart schien das auch nötig zu haben, aber der steckte sich lieber die Pfeife an. Van Veeterens Rücken schmerzte. Das dienstägliche Spiel gegen Münster hatte zweifellos seine Spuren hinterlassen. Verstohlen schaute er zu de Bries und Heinemann hinüber. Auch die sahen ziemlich kaputt aus ... ob das nun an einer Erkältung lag oder einfach nur an Schlafmangel ... sie waren keine besonders beeindruckende Versammlung, wenn man ehrlich sein sollte.
»Können wir loslegen?«, fragte er noch einmal.
»Zuerst die Majoren?«
Van Veeteren nickte, und de Bries zog einen Schreibblock aus der Aktentasche.
»Da gibt es nicht viel«, sagte er. »Wir haben außer mit Mutisten und Topfblumen da draußen wirklich mit jedem lebenden Wesen gesprochen ... mit Ärzten, Personal, Patienten...
insgesamt mit hundertsechzehn Leuten. Ungefähr hundert haben nichts mitgekriegt, nur glaubt die Hälfte leider doch, etwas zu wissen. Viele hatten Träume und Visionen... Vier haben zugegeben, den Mord selber begangen zu haben.«
Er legte eine Pause ein und putzte sich mit einem Papiertaschentuch die Nase.
»Trotz allem haben wir Folgendes herausgefunden. Der Mörder ist um zwei Minuten nach fünf in der Rezeption aufgetaucht. Hat sich nach dem Patienten Janek Mitter erkundigt und als eine Kollegin ausgegeben, die ihn besuchen wollte. Das war nicht weiter ungewöhnlich. Mitter hatte häufiger Besuch.«
»Hat er das Wort Kollegin benutzt?«, fragte Van Veeteren.
»Ja, da sind sie sich sicher ... als er gekommen ist, waren zwei Leute in der Rezeption.«
»Und beide haben diese Besucherin dann vergessen?«, fragte Reinhart. »Spitze!«
»Na ja, eine von denen hatte dann Feierabend«, sagte Rooth. »Wir haben ihnen viele Fragen über die Stimme gestellt, und alles weist darauf hin, dass wir es mit einem Mann zu tun haben. Er musste sich mehrere Male nach dem Weg erkundigen, und alle fanden seine Stimme irgendwie komisch.«
»Na gut«, sagte Van Veeteren. »Nun wissen wir also, dass es ein Mann war. Weiter.«
»Was das Versteck angeht«, sagte de Bries nun, »wissen wir so gut wie nichts. Es gibt viele Möglichkeiten... genauer gesagt, sechzehn unverschlossene Kammern... Speisekammern, Toiletten, Besprechungszimmer und alle möglichen Kabuffs.«
»Ich dachte, dass da außer den Patienten alles eingeschlossen wäre«, sagte Reinhart.
»Nein, so ist das nicht«, erwiderte Rooth. »Also jedenfalls haben wir nicht die kleinste Spur finden können.«
»Ich glaube nicht, dass das so wichtig ist«, sagte Van Veeteren. »Erzählt lieber etwas über den Brief.«
Rooth blätterte in seinem Block.
»Wir haben überprüft, wie Mitter seit dem Erwachen diesen Montag verbracht hat ... bis zu dem Moment, als er Ingrun den Brief gegeben hat.«
»Ingrun?«
»Das ist dieser Krankenpfleger. Er nimmt den Brief um fünf nach zwei entgegen. Was wir festzustellen versucht haben, ist also, ob Mitter irgendwann, ehe er mit dem Schreiben anfing, die Adresse im Telefonbuch nachschlagen konnte.«
»Was war in der Zeit nach dem Mittagessen?«, fragte Van Veeteren. »Das reicht.«
»Ja, vermutlich. Wir haben auch für den Vormittag ein interessantes Detail, aber darüber können wir später sprechen... in jedem Stockwerk gibt es eine Telefonzelle, die den Patienten zur Verfügung steht. Und darin liegt auch das Telefonbuch. Mitter ist um ungefähr Viertel nach eins mit dem Mittagessen fertig, etwa zehn Minuten später sitzt er zusammen mit anderen Patienten und zwei Pflegern im Raucherzimmer. Dann geht er, sagen zwei Beobachter, zur Toilette ... kommt kurz nach halb wieder zum Vorschein ... und hier ist ein kleines Loch. Einer meint, er sei dann für eine Weile auf sein Zimmer gegangen, andere behaupten, er habe sich sofort ins Stationszimmer begeben, um ein Schreibgerät zu holen... und dass er dort einige Minuten warten musste. Auf jeden Fall erscheint Ingrun um Viertel vor zwei im Stationszimmer. Dort findet er Mitter vor, besorgt ihm Kugelschreiber, Papier und einen Umschlag und geht mit Mitter in den Aufenthaltsraum. . . bleibt während der zehn Minuten, die Mitter für seinen Brief braucht, draußen stehen; er will in aller
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