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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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der Küche.«
    »Und Sie haben alles hineingestopft?«
    »Ja.«
    »Haben Sie die Maschine auch eingeschaltet?«
    »Ja.«
    »Kümmern Sie sich immer selber um die Wäsche?«
    »Ich habe zehn Jahre allein gelebt.«
    »Ja ja, aber sortieren Sie nicht? Es muss doch unterschiedliche Farben und Materialien gegeben haben?«
    »Nein, das waren wirklich nur dunkle Teile.«
    »Buntwäsche also?«
    »Ja.«
    »Welche Temperatur?«
    »Vierzig Grad. Einiges hätte wohl auch sechzig vertragen, aber das fand ich nicht so wichtig...«
    Sie schwiegen. Rüger putzte sich die Nase. Mitter steckte sich eine neue Zigarette an. Die dritte bei diesem Besuch. Der Anwalt ließ sich zurücksinken und schaute zur Decke hoch. »Verstehen Sie nicht, dass das ein verdammt seltsames Verhalten ist?«
    »Was denn?«
    »Dass Sie die Waschmaschine anschalten, nachdem Sie Ihre tote Frau in der Badewanne gefunden haben.«
    »Ich weiß nicht ... vielleicht.«
    »Oder haben Sie das schon vor dem Anruf bei der Polizei gemacht?«
    »Nein, ich habe sofort angerufen.«
    »Sofort?«
    »Ja ... ich habe vorher nur schnell zwei Tabletten genommen. Ich hatte grausame Kopfschmerzen.«

    »Was haben Sie sonst noch gemacht, während Sie auf die Polizei gewartet haben ... den Aschenbecher geleert, Gläser ausgespült, Wäsche gewaschen...?«
    »Ich habe einiges an Essen in den Müll geworfen ... ein bisschen in der Küche aufgeräumt...«
    »Die Blumen haben Sie nicht gegossen?«
    »Nein.«
    »Oder Fenster geputzt?«
    Mitter kniff die Augen zusammen. Sein Vertrauen schwand, das merkte er deutlich. Gereizt drückte er seine Zigarette aus.
    »Haben Sie schon mal Ihre Frau tot in der Badewanne gefunden, Herr Rüger? Wenn nicht, dann erzählen Sie mir doch bitte, wie man sich verhält, während man auf die Polizei wartet, das wüsste ich wirklich gern...«
    Rüger hatte schon wieder zum Taschentuch gegriffen, verzichtete nun aber aufs Naseputzen.
    »Aber begreifen Sie denn nicht, Mensch?«
    »Was denn?«
    »Dass Ihr Verhalten ziemlich verdächtig ist. Sie müssen doch kapieren, wie das ausgelegt werden kann ... Gläser spülen, Wäsche waschen! So, als hätten Sie Spuren verwischen wollen!«
    »Sie gehen also davon aus, dass ich sie ermordet habe.«
    Rüger putzte sich nun doch die Nase.
    »Nein, ich gehe von gar nichts aus. Und Gott sei Dank war Ihr Verhalten so idiotisch, dass es Ihnen vielleicht eher Pluspunkte eintragen wird.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie ertränken Ihre Frau in der Badewanne. Schaffen es, die Tür von außen abzuschließen, ziehen sich aus, gehen ins Bett und vergessen alles. Morgens erwachen Sie, brechen die Badezimmertür auf und finden sie ... Sie nehmen ein Kopfschmerzmittel, rufen die Polizei an und waschen Ihre Wäsche ...«
    Mitter stand auf und ging zum Bett hinüber. Eine plötzliche
Mattigkeit überwältigte ihn, er wünschte sich nur noch, dass der Anwalt verschwand und ihn in Ruhe ließ.
    »Ich habe sie nicht umgebracht!«
    Er streckte sich auf dem Bett aus.
    »Nein, das glaube ich auch nicht. Wissen Sie, ich halte es für das Beste, wenn man Sie von einem Psychiater untersuchen lässt. Was würden Sie dazu sagen?«
    »Sie meinen, dass ich dazu nicht gezwungen werden darf?«
    »Nicht, solange es keine überzeugenden Gründe gibt.«
    »Gibt es die denn nicht?«
    Der Anwalt erhob sich und zog seinen Mantel an.
    »Schwer zu sagen, schwer zu sagen. Was meinen Sie selber?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    Er schloss die Augen und presste sich gegen die Wand. Er hörte weit weg den Anwalt noch etwas sagen, aber die Müdigkeit war nun zu einem Schwindel erregend tiefen Abgrund geworden, in dem er sich widerstandslos versinken ließ.

5
    Kommissar Van Veeteren war nicht erkältet.
    Allerdings neigte er bei schlechtem Wetter durchaus zu Depressionen, und da es inzwischen seit zehn Tagen ununterbrochen geregnet hatte, hatte die Melancholie in ihm wirklich Wurzeln schlagen können.
    Er schloss die Tür und ließ den Wagen an. Schob eine Kassette ein.
    Vivaldis Mandolinenkonzert. Wie immer knackte der eine Lautsprecher. Die Musik setzte immer wieder aus.
    Es lag nicht nur am Regen. Es gab auch noch andere Gründe.
    Seine Frau zum Beispiel. Zum vierten oder fünften Mal —
er war sich da nicht sicher — wollte sie zu ihm zurückkehren. Vor acht Monaten hatten sie sich zum unwiderruflich letzten Mal getrennt, und nun rief sie ihn wieder an.
    Noch hatte sie es nicht offen gesagt, aber er wusste ja doch, worauf sie hinauswollte. Er konnte damit

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