Das große Buch vom Räuber Grapsch
knirschte und krachte, und siehe da - sie hatte es sich so fest in den Gaumen gerammt, dass es für den Rest ihres Lebens in ihm haften blieb.
„Glück muss man haben!", rief sie und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Teller tanzten.
Nach einer lauten Wiedersehensfeier mit Käsefondue und Melonen, mit erlesenen Leckerbissen aus Ollis Garten für Elefant, Schimmel und Kamel und je einem kräftigen Schluck Meerschweinchenmilch für die Löwen fanden alle Gäste einen guten Platz für die Nacht: Oma Ata, Clown und Löwen friedlich vereint in der Höhle, Kamel und Schimmel im Stall - und der Elefant unter den Zweigen der Waldbäume.
Im Lauf der nächsten Tage erfuhren Grapsch und Olli, dass Oma Ata nach ihrer Flucht aus dem Rabenhorster Wald erst an der Zirkuskasse gesessen, dann Löwen gebändigt und dann den Zirkus gekauft hatte. Und nun war der Zirkus pleite, und die Zirkusreiterin, die drei Trapezkünstler, der Jongleur, die Seiltänzerin und der Feuerschlucker waren davongelaufen. Alle waren davongelaufen, bis auf den Clown.
Da war ein großes Heimweh über Oma Ata gekommen. Auf einmal hatte sie sich wieder an ihren kleinen Sohn erinnert, den sie vor vielen Jahren verlassen hatte. Im leeren Zirkuszelt, zwischen ihren Löwen, hatte sie laut gejammert: „Warum hab ich ihn nicht mitge-nommen? Wer weiß, was diese beiden Unholde aus ihm gemacht haben. Wahrscheinlich sitzt er im Knast, mein Tassilein!" Die Löwen hatten ihr das Gesicht geleckt, und sie hatte das Zelt abgebrochen und war mit dem Rest ihres Zirkus heimgekarrt in den Rabenhorster Wald.
„Und die Juckenauer?", fragte Olli atemlos. „Was haben die Juckenauer gesagt, als du auf dem Elefanten durch die Stadt geritten bist?"
Es zeigte sich, dass Oma Ata nicht durch Juckenau gekommen war, sondern von der anderen Seite her - durch den tiefen, tiefen Wald. „Ist denn dahinter auch Welt?", fragte Grapsch verblüfft. „Ich dachte immer, dort, wo der Wald aufhört, fällt man hinunter ins Nichts, wenn man nicht aufpasst."
„Junge, Junge", seufzte Oma Ata, „die Erde ist kein Pfannkuchen, sondern kugelig wie eine Melone. Ich bin mit dem Zirkus rund um die Welt gekommen. Ich sehe: Seit ich von dir fort bin, hast du nichts mehr dazugelernt. Aber ich sage dir eins, Bürschchen, jetzt fängt das große Lernen an - für dich und deine ganze Familie!"
„Für mich nicht", rief Olli spitz. „Ich bin in die Schule gegangen."
„Rede ich von der Schule?", dröhnte Oma Ata. „Ich rede vom Leben ! Das Leben und der Zirkus, die beiden haben viel miteinander zu tun. Man kann sogar sagen: Das Leben ist ein Zirkus. Jedenfalls kann ich nicht leben ohne Zirkus. Und wenn ich euch Grapsche so sehe, fange ich an, Pläne zu schmieden -"
Was Oma Ata damit meinte, merkten die Grapsche bald. Eifrig bemühte sie sich, ihre Löwen an den Räuber und den Räuber an die Löwen zu gewöhnen. Grapsch lernte, laut mit der Zunge zu schnalzen, die Löwen bei ihren Namen - Zeus, Zorro und Zam-pano - zu nennen und sie über die Peitsche springen zu lassen. Als Olli ihn eines Tages zum Essen rief, kam er schweißtriefend an den Tisch. Quer über seine behaarte Brust liefen blutige Kratzer, und ein halbes Ohr war weg. Olli schrie auf.
„Kein Grund zur Panik, Schwiegertochter", meinte Oma Ata. „Nur ein kleiner Betriebsunfall, kaum der Rede wert. Mein guter Zampano war ein bisschen nervös. Er kennt keine Bärte. Zur Strafe muss er heute in die Grube. Zeus und Zorro aber haben sich schon an deinen Mann gewöhnt. Er ist begabt, meine Liebe, sehr begabt..."
Auch Grapschs Töchter lernten. Sie lernten mit Vergnügen, und nicht nur bei Oma Ata, sondern auch bei Kasimir, dem Clown. Kasimir war ein kleiner, kaffeebrauner, heiterer Mann mit einer Glatze, der nicht mehr als nötig redete. Was er sagen wollte, sagte er durch sein Gesicht oder seine Hände. Nie war er im Weg, nie störte er. Man spürte kaum, dass er da war. Die Kinder liebten ihn.
Er konnte so schön lachen. Und überhaupt. Er setzte die kleine Tilli auf den Apfelschimmel und führte ihn im Kreis herum. Sie krähte vor Vergnügen. Er brachte allen neun Mädchen Rad schlagen und Kopfstand bei. Und er konnte Kartoffeln schälen, dass die Schalen nur so flogen. Als ihm Quarka ihre Trompete zeigte, stellte sich heraus, dass er wunderschön auf ihr spielen konnte. Und nicht nur das: Er brachte auch ihr das Trompetespielen bei, während Oma Ata die Kinder lehrte, mit einem Messer aus drei Schritten Entfernung erst
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