Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
saß da und
starrte ihn an, und ihre Kehle war wie ausgedörrt. »Wir
würden Sie, wie gesagt, mit einer Lysander
hinüberbringen«, erläuterte er mit freundlicher Stimme.
»Keine Fallschirmübungen, dazu ist keine Zeit. Wir haben nur
drei Tage, um Sie vorzubereiten.«
    »Das ist lächerlich.« Sie wurde von
Panik ergriffen. »Ich kann nicht Anne-Marie spielen. Es ist vier
Jahre her. Sie wis­ sen mehr über sie als ich.«
    »Sie war Ihre Zwillingsschwester«, sagte
er unbarmherzig. »Das gleiche Gesicht, die gleiche Stimme. Nichts
davon hat sich geändert. Den Rest übernehmen wir. Die Frisur,
den Klei­ dergeschmack, Make-up, Parfüm. Wir werden Ihnen
Fotos zeigen und Ihnen genau sagen, wie sie sich im Schloß bewegt
hat. Wir sorgen dafür, daß es klappt.«
    »Aber das würde nicht reichen,
sehen Sie das nicht?« sagte Geneviève. »Abgesehen
von ein paar vertrauten Gesichtern, ist es für mich ein Haus mit
lauter Fremden. Neue Dienstboten, seit ich letztesmal dort war, und
natürlich die Deutschen. Ich weiß doch nicht mal, wer wer
ist.« Sie mußte plötzlich über die
Absurdität der ganzen Sache lachen. »Ich brauchte eine leise
Stimme, die mir Anleitungen für jeden einzelnen Schritt ins Ohr
flüstert, und das ist unmöglich.«
    »Ist es das?« Er öffnete eine
Schublade, nahm eine Zigarre heraus und schnitt das Ende sorgfaltig mit
einem Federmesser ab. »Ihre Tante hat einen Chauffeur. Ein Mann
namens Dis­ sard.«
    »René Dissard«, sagte sie.
»Natürlich. Er hat der Familie sein Leben lang
gedient.«
    »Er hat mit Anne-Marie zusammengearbeitet. Er war ihre rechte Hand. Er ist jetzt hier. Nebenan.«
    Sie blickte ihn überrascht an. »René? Hier? Aber … Ich ver­ stehe nicht.«
    »Er sollte Ihre Schwester nach Saint-Maurice
fahren und dann nach Paris begleiten. In Wahrheit sollte er bei der
lokalen Résistance untertauchen, während sie ausgeflogen
wurde, und dann warten, bis sie zurückkam. Als sie uns funkten,
was pas­ siert war, haben wir am nächsten Abend wieder eine
Maschine hingeschickt, um ihn rauszuholen.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    »Selbstverständlich.«
    Craig Osbourne öffnete die Tür am anderen
Ende des Zim­ mers, und sie stand auf und trat zu ihm. Nebenan gab
es eine kleine Bibliothek. Vor einem Gaskamin standen einige Sessel,
René Dissard saß in einem.
    Er stand langsam auf, und sie sah denselben alten
René, ganz unverändert, eine der sprichwörtlichen
Figuren der Kindheit. Er war klein und breitschultrig, hatte eisgraues
Haar und einen Bart, und er trug immer noch die schwarze Binde, um die
leere Höhle seines rechten Auges zu verbergen. Er hatte es als
junger Soldat in Verdun verloren.
    »René? Sind Sie es?«
    Von der gleichen Furcht gepackt wie ihr
Vater, da offenbar auch er eine Tote zu sehen meinte, wich er einen
Schritt zu­ rück, faßte sich jedoch schnell wieder.
    »Mademoiselle Geneviève! Wie schön, Sie zu sehen.«
    Seine Hände zitterten, und sie hielt sie fest in den ihren. »Geht es meiner Tante gut?«
    »Wie man es unter diesen Umständen erwarten
kann«, ant­ wortete er achselzuckend. »Die Boches. Sie
müssen wissen, daß es im Schloß neuerdings ganz anders
zugeht als früher.« Er zögerte. »Es ist
furchtbar. Dieses schreckliche Unglück mit Ihrer Schwester.«
    Es war, als rastete in ihrem Kopf etwas ein, als
würde ihr unversehens durch René die Realität
bewußt. »Sie wissen, was sie von mir wollen,
René?«
    »Oui, Mademoiselle. «
    »Meinen Sie, ich sollte es tun?«
    »Es würde das, was sie angefangen hat,
beenden«, sagte er sehr ernst. »Ihr Tod wäre dann
nicht umsonst gewesen.«
    Sie nickte, drehte sich um, drängte sich an Craig Osbourne vorbei und ging zurück in das andere Zimmer.
    »Alles in Ordnung?« sagte Munro.
    Da wurde sie plötzlich von einem heftigen Ekel
überwältigt. Nicht, daß sie Angst hatte; irgend etwas
in ihr lehnte sich ein­ fach mit aller Macht dagegen auf, auf diese
Weise manipuliert zu werden.
    »Nein, verdammt«, sagte sie. »Vielen
Dank, General, aber ich habe bereits eine Arbeit. Ich beschäftige
mich damit, Leben zu retten, wann immer ich kann.«
    »Wir sonderbarerweise auch, aber wenn Sie es so sehen …«
    Er zuckte mit den Schultern und wandte
sich zu Osbourne. »Sie bringen Sie besser nach Hampstead, und
dann schließen wir die Akte.«
    Sie sagte: »Hampstead? Was haben Sie nun wieder vor?«
    Er blickte überrascht auf. »Die
persönliche Habe Ihrer Schwester. Wir haben einiges davon in
unserem Besitz und werden

Weitere Kostenlose Bücher