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Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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jetzt tu mir bitte
einen Gefallen und sag Maresa, sie möge René ausrichten,
daß ich den Rolls brauche.«
    Geneviève war auf einmal wieder ein gehorsames
kleines Mädchen. Sie tat, was Hortense ihr gesagt hatte. Nichts
hatte sich verändert.
    Ihre erste unangenehme Überraschung kam, als sie
zur Tür hinaustraten und die Freitreppe hinuntergingen. Keine Spur
von René und dem Rolls-Royce, sondern nur Max Priem und ein
schwarzer Mercedes.
    Er salutierte förmlich. »Ihr Wagen ist
heute morgen offenbar nicht fahrbereit, Gräfin. Ich habe unsere
Mechaniker angewie­ sen, ihn in Ordnung zu bringen. Inzwischen
stehe ich Ihnen zur Verfügung. Ich nehme an, Sie möchten zur
Kirche?«
    Hortense zögerte, zuckte dann kaum merklich mit
den Schul­ tern, gab Geneviève ein Zeichen, es ihr
gleichzutun, und stieg ein.

    Er fuhr sie selbst ins Dorf, und Geneviève
fühlte sich in der Tat nicht wohl in ihrer Haut, als sie da hinter
ihm saß und sei­ nen Nacken betrachtete. Hortense ignorierte
ihn und blickte auf ihre Uhr. »Wir sind spät dran. Na ja,
das macht nichts, der Pfarrer wird auf mich warten. Er ist siebzig, und
er ist der erste Mann, in den ich mich je verliebt habe. Schwarze Haare
und sehr attraktiv und dieser unerschütterliche Glaube. Glaube
wirkt bei einem Mann sehr anziehend. Ich hätte nie gedacht,
daß ich so oft zur Messe gehen würde.«
    »Und wie ist er heute?« fragte Geneviève.
    »Seine Haare sind weiß geworden, und wenn
er lacht, wirft seine Haut so viele Falten, daß die Augen kaum
noch zu sehen sind.«
    Geneviève wurde zu ihrem Unbehagen
bewußt, daß Priem sie mit einem spöttischen
Gesichtsausdruck im Rückspiegel beobachtete, und Hortense
registrierte es ebenfalls.
    Sie sagte kühl: »Soweit ich weiß, glaubt die SS nicht an Gott, ist es nicht so, Oberst?«
    »Ich weiß aus zuverlässiger Quelle,
daß Himmler eine Aus­ nahme macht.« Priem lenkte den
Wagen auf einen freien Platz neben der Friedhofspforte, stieg aus und
öffnete die hintere Tür. »Wenn ich bitten darf, meine
Damen.«
    Hortense blieb noch eine Sekunde lang sitzen, nahm
dann seine Hand und stieg aus. »Wissen Sie, eigentlich mag ich
Sie, Priem. Es ist ein Jammer …«
    »Daß ich Deutscher bin, Gräfin? Meine
Großmutter mütter­ licherseits kam aus Nizza. Hilft das
ein wenig?«
    »Eine ganze Menge.« Sie wandte sich zu
Geneviève. »Du brauchst nicht mitzukommen. Du kannst das
Grab deiner Mut­ ter besuchen. Es dauert ja nicht lange.«
    Sie zog den Schleier an ihrem Hut herunter und schritt den Weg zwischen den Gräbern zum Kirchenportal hoch.
    Priem sagte: »Eine bemerkenswerte Frau.«
    »O ja.«
    Er sagte nichts mehr, stand nur da, mit den
Händen auf dem Rücken verschränkt, wie eine Gestalt aus
einem Bilderbuch, in der schmucken Uniform, mit dem Ritterkreuz um den
Hals. Endlich sagte sie: »Wenn Sie mich entschuldigen
würden, ich möchte zum Grab meiner Mutter.«
    »Selbstverständlich. «
    Sie betrat den Friedhof. Das von einer
wunderschönen Zy­ presse beschattete Grab war im
entgegengesetzten Teil. Der Stein war sehr schlicht, wie Hortense es
gewollt hatte, und in der steinernen Vase davor steckten frische
Schnittblumen.
    »Hélène Claire de
Voincourt-Trevaunce«, las Max Priem, der ihr in einem Schritt
Abstand gefolgt war, und dann tat er etwas Sonderbares. Er salutierte
kurz, es war ein klassisches Salutieren, nicht so übertrieben
zackig, wie es sonst bei den Nazis üblich war. »Hm,
Hélène Claire«, sagte er dann leise, »Sie
haben eine sehr schöne Tochter. Ich denke, Sie wären stolz
auf sie.«
    Geneviève sagte: »Was ist mit Ihrer Familie?«
    »Mein Vater ist im Ersten Weltkrieg gefallen,
und meine Mutter ist ein paar Jahre danach gestorben. Ich bin bei einer
Tante in Frankfurt aufgewachsen, sie war Schulleiterin. Sie ist letztes
Jahr bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen. «
    »Dann haben wir ja etwas gemeinsam?«
    »Oh, hören Sie«, sagte er. »Was
ist mit Ihrem Vater, dem Arzt, der in Cornwall lebt? Und mit Ihrer
Schwester, von der Sie so selten sprechen. Geneviève, nicht
wahr?«
    Sie bekam es plötzlich mit der Angst, weil er
soviel wußte, und hatte das schreckliche Gefühl, wie auf
einer Messerklinge zu balancieren. Ein unvermittelter Regenschauer
rettete sie. Als die ersten Tropfen vom Himmel fielen, nahm er ihre
Hand.
    »Kommen Sie, wir laufen.«
    Sie erreichten die schützende Vorhalle der
Kirche, und sie bemerkte, daß er mühsam und keuchend atmete.
Er ließ sich auf die Steinbank

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