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Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Zigarette aus dem Etui ihrer Nichte und sagte leise, als
Geneviève ihr Feuer gab: »Irgend etwas ist nicht in
Ordnung. Ich sehe es an deinen Au­ gen. Was ist passiert?«
    »Priem ist im falschen Moment hereingekommen. Er weiß alles.«
    Hortense lächelte unbeschwert und winkte jemandem
an der anderen Seite der Galerie zu. »Daß du nicht
Anne-Marie bist?«
    Geneviève sah, daß der Oberst mit einem
Glas in jeder Hand zurückkam. Sie sagte leise, ohne mit dem
Lächeln aufzuhören: »Munro hat mich hierher geschickt,
um mich ans Messer zu liefern. Das war der Sinn der ganzen Übung.
Priem hat es mir eben gesagt. Es war von Anfang an eine einzige
Schweinerei. Übrigens, René ist tot.«
    Bei dieser Nachricht verlor Hortense ihre eiserne
Selbstbe­ herrschung, und ihr Lächeln erstarb schlagartig.
Geneviève ergriff ihre Hand. »Halt durch, laß dir
bitte nichts anmerken. Es wird eine lange Nacht werden.«
    Der Oberst stand wieder neben ihnen und reichte
Hortense liebenswürdig das Glas. Geneviève tätschelte
ihre Tante auf die Wange. »Sei schön artig«, sagte sie
neckisch und wandte sich lachend ab.
    Sie nahm mechanisch ein Glas Champagner
von dem Ta­ blett, das ein livrierter Kellner herumreichte, doch
fest im sel­ ben Augenblick wurde es ihr aus der Hand genommen.
    »Lieber nicht, Geneviève«, sagte
Priem. »Ich denke, Sie brauchen heute nacht einen klaren
Kopf.«
    Sie drehte sich nicht mal um, blickte ihn nur im
Spiegel an. Er sah wirklich sehr gut aus, untadelig wie immer, und
seine Auszeichnungen, das Ritterkreuz und die anderen, blitzten im
Licht der Kronleuchter. Ein leichtes ernstes Lächeln auf den
Lippen, wartete er auf irgendeine Reaktion. Zwischen ihnen war wieder
eine Vertrautheit, und das war nicht richtig.
    »Also keine mildernden Umstände?« fragte sie.
    In diesem Moment fing das Orchester wieder zu spielen
an, einen Walzer, und er neigte den Kopf und machte eine leichte
Verbeugung. »Vielleicht noch eine Runde auf dem Parkett?«
    »Warum nicht?«
    Er hielt sie, als wäre sie eine Feder,
während sie sich dreh­ ten. Sie dachte rechtzeitig daran, dem
General zuzulächeln, als sie an ihm vorbeikamen, und registrierte,
daß Feldmarschall Rommel sich angeregt mit ihrer Tante
unterhielt, während längst vergessene, im Schatten der
Geschichte versunkene Ah­ nen von ihren Porträts auf sie
hinunterblickten.
    »Strauß«, sagte sie. »Ein
größerer Kontrast zu Al Bowlly ist kaum denkbar. Wollten Sie
mit mir spielen oder mich warnen – oder war es einfach, weil Sie
den Song mögen?«
    »Damit sind wir auf gefährlichem
Boden«, sagte er verdros­ sen. »Gefährlich
für uns beide, meine ich.«
    »Wenn Sie es sagen.«
    »Ja, und deshalb werden wir uns im Augenblick
auf das We­ sentliche beschränken. Wenn der Feldmarschall
abgefahren ist, werden Sie und Ihre Tante wie üblich zu Ihren
Zimmern be­ gleitet. Der Unterschied besteht darin, daß ich
jemanden vor Ihrer Tür postieren werde.«
    »Natürlich.«
    Sie glaubte aus den Augenwinkeln heraus eine
schattenhafte Gestalt am Rande der Realität zu gewahren, wie eine
flüchtige Erinnerung, die nicht weichen wollte, das Neigen eines
Kopfes beim Anzünden einer Zigarette, das auf eine
fürchterliche Wei­ se vertraut war. Aber das war
unmöglich – vollkommen un­ möglich.
    Aber jetzt sah sie ihn ganz deutlich an der Wand
lehnen, eine Rauchwolke vor dem Gesicht, eine Zigarette in der Hand. Er
lächelte erfreut, als erblickte er sie jetzt erst, und schritt
dann über das Tanzparkett. Craig Osbourne in der schwarzen
Gala­ uniform eines Oberstleutnants der Brigade Charlemagne, der
französischen Einheit der Waffen-SS.

    Was keinerlei Sinn machte, denn wenn Max Priem die
Wahrheit gesagt hatte, gab es keinen Grund auf der Welt, war­ um
Craig Osbourne in dieser Verkleidung hier sein sollte. Als er dicht vor
ihnen stand, zog Priem ein bißchen ärgerlich die Augenbrauen
hoch, und sie hörten auf zu tanzen.
    »Anne-Marie, das ist ja toll. Ich hatte
natürlich gehofft, daß Sie hier sein würden.«
Sein Französisch war perfekt. Er wandte sich zu Priem. »Sie
werden mir hoffentlich verzeihen, daß ich Sie störe.
Mademoiselle Trevaunce und ich sind alte Freunde.« Er nahm ihre
Hand und hauchte einen Kuß darauf. »Juli neun­
unddreißig. Der lange heiße Sommer, der tausend Jahre her
ist.«
    Priem machte nun ein halb amüsiertes, halb
ironisches Ge­ sicht, und ihr wurde bewußt, daß er sie
in einer Zwickmühle glauben mußte, da ihr offenbar

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