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Das große Heft

Das große Heft

Titel: Das große Heft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agota Kristof
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setzt sich in den Jeep und läßt den Motor an. Genau in diesem Augenblick erfolgt eine Explosion im Garten. Gleich danach sehen wir unsere Mutter am Boden. Der Offizier läuft zu ihr. Großmutter will uns wegschieben. Sie sagt:
    - Schaut nicht hin! Geht wieder ins Haus!
    Der Offizier flucht, rennt zu seinem Jeep und rast davon.
    Wir betrachten unsere Mutter. Die Eingeweide quellen ihr aus dem Bauch. Sie ist überall rot. Das Baby auch. Der Kopf unserer Mutter hängt in dem Loch, das die Granate gerissen hat. Ihre Augen sind offen und noch feucht von Tränen. Großmutter sagt: 
    - Holt den Spaten!
    Wir legen eine Decke in das Loch, wir legen unsere Mutter darauf. Das Baby ist immer noch an ihre Brust gedrückt. Wir bedecken sie mit einer andern Decke, dann schaufeln wir das Loch zu.
    Als unsere Kusine aus der Stadt zurückkommt, fragt sie:
- Ist etwas passiert?
Wir sagen:
    - Ja, eine Granate hat ein Loch im Garten aufgerissen.

Die Abreise unserer Kusine
    Die ganze Nacht hören wir Schießereien, Explosionen. Bei Morgengrauen ist es plötzlich still. Wir schlafen ein auf dem großen Bett des Offiziers. Sein Bett ist unser Bett geworden, und sein Zimmer unser Zimmer.
    Am Morgen gehen wir in die Küche, um zu frühstücken.
Großmutter steht vor dem Herd. Unsere Kusine faltet ihre Decken.
Sie sagt:
    - Ich habe wirklich nicht genug geschlafen. 
    Wir sagen:
    - Du kannst im Garten schlafen. Es gibt keinen Krach mehr, und es ist warm.
Sie fragt:
    - Habt ihr keine Angst gehabt heute nacht?
    Wir zucken die Achseln, ohne zu antworten.
    Es klopft an die Tür. Ein Mann in Zivil tritt ein, gefolgt von zwei Soldaten. Die Soldaten haben Maschinenpistolen und tragen eine Uniform, die wir noch nie gesehen haben.
    Großmutter sagt etwas in der Sprache, die sie spricht, wenn sie Schnaps getrunken hat. Die Soldaten antworten. Großmutter wirft sich ihnen an den Hals, küßt sie nacheinander und spricht dann weiter mit ihnen. Der Zivilist sagt:
    - Sie sprechen ihre Sprache, gnädige Frau? 
    Großmutter antwortet:
    - Es ist meine Muttersprache, mein Herr. 
    Unsere Kusine fragt:
    - Sie sind da! Wann sind sie gekommen? Man wollte sie auf dem Großen Platz mit Blumen erwarten.
    Der Zivilist fragt:
- Wer »man«?
- Meine Freunde und ich.
Der Zivilist lächelt.
    - Nun, es ist zu spät. Sie sind heute nacht gekommen. Und ich gleich danach. Ich suche ein junges Mädchen. 
    Er nennt einen Namen; meine Kusine sagt:
    - Ja, das bin ich. Wo sind meine Eltern? 
    Der Zivilist sagt:
    - Ich weiß nicht. Ich bin nur beauftragt, die Kinder aufzufinden, die auf meiner Liste stehen. Wir werden in eine Aufnahmestelle der Großen Stadt fahren. Dann werden wir Nachforschungen anstellen, um die Eltern zu finden. 
    Unsere Kusine fragt:
    - Ich habe hier einen Freund. Steht er auch auf Ihrer Liste?
    Sie sagt den Namen ihres Liebhabers. Der Zivilist sieht auf seiner Liste nach:
    - Ja. Er ist schon im Hauptquartier der Armee. Ihr werdet die Reise gemeinsam antreten. Packen Sie Ihre Sachen.
    Unsere Kusine packt sehr fröhlich ihre Kleider ein und wickelt ihre Toilettensachen in ihr Badetuch. Der Zivilist dreht sich zu uns um: 
    - Und ihr? Wie heißt ihr? 
    Großmutter sagt:
    - Das sind meine Enkel. Sie bleiben bei mir.
Wir sagen:
- Ja, wir bleiben bei Großmutter.
Der Zivilist sagt:
    - Trotzdem möchte ich euren Namen wissen. 
    Wir sagen ihn ihm. Er schaut in seine Papiere: 
    - Ihr steht nicht auf meiner Liste. Sie können sie behalten, gnädige Frau.
    Großmutter sagt:
- Und ob ich sie behalten kann!
Unsere Kusine sagt:
- Ich bin fertig. Gehen wir.
Der Zivilist sagt:
- Sie haben es recht eilig. Sie könnten sich wenigstens bei der gnädigen Frau bedanken und den kleinen Jungen auf Wiedersehn sagen.
Unsere Kusine sagt:
    - Kleine Jungen? Kleine Dreckskerle, ja. 
    Sie drückt uns sehr fest an sich:
    - Ich küsse euch nicht, ich weiß, daß ihr das nicht mögt. Macht nicht zuviel Blödsinn, seid vorsichtig. 
    Sie drückt uns noch fester, sie weint. Der Zivilist nimmt sie am Arm und sagt zu Großmutter:
    - Ich danke Ihnen für alles, was Sie für dieses Kind getan haben.
    Wir gehen alle hinaus. Vor der Gartentür steht ein Jeep. Die beiden Soldaten setzen sich nach vorn, der Zivilist und unsere Kusine nach hinten. Großmutter schreit noch etwas. Die Soldaten lachen. Der Jeep fährt an. Unsere Kusine dreht sich nicht um.

Die Ankunft der neuen Fremden
    Nach der Abreise unserer Kusine gehen wir in die Stadt, um nachzusehen, was los ist.
    An jeder

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