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Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Titel: Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meike Winnemuth
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an den Fingern dicke Ringe, an den Handgelenken klingelnde Armreifen, auf dem Kopf eine Russenmütze und im Kopf hundert Theorien über die Schwerkraft, die Mafia, die Samurai und Mel Gibson. Vor ihm auf dem Tisch: eine Rundhaarbürste, eine kleine Holzskulptur von Dürers betenden Händen und eine silberne Glocke.
    Einen Tisch weiter sitzt ein vollbärtiger Allan-Ginsberg-Verschnitt und schreibt mit Füller in ein ledergebundenes Buch. Daneben eine Frau mit Sonnenbrille (obwohl es hier ohnehin ziemlich dunkel ist), die hektisch in ein Schulheft mit Karopapier schreibt. Rechts: ein Typ mit Baskenmütze. Baskenmütze! In San Francisco! Jetzt kommt ein Fahrradbote, der ebenfalls ein Schulheft aus dem Rucksack zieht. Aus der Musicbox: Stan Getz. Marcello, der im Gehen zu niemand bestimmtem » Au revoir« sagt. Es ist ein surreales Meisterwerk. Und ich muss es dankbar sagen: Das Besetzungsbüro hat ganze Arbeit geleistet beim Anheuern der Komparsen.
    Das Caffe Trieste gibt es seit 1956. Hier saß Jack Kerouac, hier hat Francis Ford Coppola, dessen Büro um die Ecke liegt, das Drehbuch zu » Der Pate« geschrieben. Sind solche Orte, die man im Wissen um ihren Mythos aufsucht, eigentlich noch authentisch oder schon Theater? Museen ihrer eigenen Coolness? San Francisco scheint jedenfalls zum Bersten voll davon, auch darin erinnert es mich an New York.
    Ein paar Straßen weiter liegt die Liguria Bakery, ebenfalls so ein legendärer Ort. Die Liguria Bakery macht Focaccia und sonst nichts. Wenn sie ausverkauft sind, wird für den Tag dichtgemacht. Das kann gegen 12Uhr mittags sein oder auch vorher, es ist reine Glückssache, ob man was bekommt und wenn ja, welche Sorten. Mit Glück Rosmarin, wahrscheinlich aber nicht. Der Ton ist familiär, also rauh. Am Ofen stehen George Soracco und seine beiden Söhne, im Verkauf seine Frau und seine Tochter. Die beiden Damen nehmen schlecht gelaunt die Wünsche entgegen, schlurfen nach hinten, schneiden kopfkissenweiche Focaccia vom Blech und packen sie in weißes Papier mit Bindfaden drumrum. Ich bin süchtig nach dem Zeug, meistens schaffe ich es nur über die Straße in den Washington Square Park, wo ich gierig das Paket aufreiße und das ganze verdammte Ding auf einen Schlag esse. Um mich anschließend sofort wieder in die Schlange einzureihen, mich wieder anmuffen zu lassen und mich zu fragen, ob ich nicht schon längst selbst Komparsin in dieser wundersamen Welt geworden bin.
    Oder das hier: John’s Grill. Der Laden kommt zwar nur in einer einzigen Zeile von Dashiell Hammetts » Der Malteser Falke« vor– Sam Spade aß hier Lammkoteletts–, aber das genügt, um das Restaurant zum Hauptquartier der Dashiell Hammett Society zu machen.

    Schon weil der Meister selbst hier öfter gegessen hat, als er noch nebenan in der Detektei Pinkerton gearbeitet hat. Im ersten Stock gibt es einen Raum mit Filmpostern und Memorabilia, darunter natürlich einer Kopie des Malteser Falken. Einer weiteren Kopie, muss man sagen, denn vor vier Jahren wurde die Originalkopie der kleinen Statue geklaut, vermutlich von einem Fan. » Der Malteser Falke taugt nur für eine Sache: gestohlen zu werden«, schrieb der San Francisco Chronicle damals.
    Das Restaurant von 1908 ist genau so, wie man sich das vorstellt: mit dunklem Holz getäfelt, auf der Speisekarte vor allem Steaks und an der Bar ein leicht angeschickerter Journalist namens Bruce Bellingham, der seit 40Jahren in der Stadt lebt ( » eigentlich bin ich aus New Jersey, wo Ravioli als Gemüse gilt«), mich fachmännisch beflirtet und anschließend zu einer Probe seiner Western-Band einlädt.
    Fiktive Figuren und Ereignisse werden hier so ernst genommen wie tatsächlich Geschehenes, die ganze Stadt scheint durchwebt von Storys. Ein Straßenschild » Bullit Chase Route« weist auf eine der besten Verfolgungsjagden der Filmgeschichte hin, eine Messingplakette auf die Stelle, wo Miles Archer, Partner von Sam Spade, umgenietet wurde. Keine 100Meter von meinem Bellaire Tower entfernt liegt die kleine lauschige Stichstraße Macondray Lane, das Vorbild für die Barbary Lane aus Armistead Maupins Stadtgeschichten , die ich Anfang der Achtziger verschlungen habe– damals im Auto mit John, auf dem Highway 101.
    Aber vielleicht ist es ja ohnehin so, dass man sich Städte immer nur ausdenkt. Ich vermute, jeder Besucher, aber auch jeder Bewohner hat seine eigene Vorstellung von der Stadt, in der er gerade lebt. Es geht einfach nicht anders: Städte sind schlicht zu

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