Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
Shanghai, Honolulu– ein Traum. Und plötzlich ein Albtraum, weil so entsetzlich flüchtig.
Im Vorbeigehen nickte ich ihm wieder zu und sagte dasselbe, was mir neulich die Kellnerin gesagt hat: » I’d like to be you.«
Er guckte genau so verwirrt wie ich damals und antwortete: » Well, thank you.«
Denn das ist das Harte am Reisen: Es ist kein Leben. Das Glück der Freiheit und der Fremde bedeutet den Verlust von Zugehörigkeit und Nähe und Kontinuität. Ein Monat klingt zwar lang, hat aber auch ein Ende. Ich gehe an einem palmengesäumten hawaiianischen Strand spazieren und denke schon jetzt an San Francisco, an Logistisches wie Schlüsselübergabe und Mietwagenrückgabe, an Abschiedsessen und erste Kontaktaufnahmen am nächsten Ziel. Und bin auf einmal furchtbar müde.
Ich will mal wieder ein Zuhause, dachte ich, ich will endlich wieder einen Garten, den vermisse ich schon seit Jahren. Ich will den Dingen beim Wachsen zugucken, ich will denselben Baum im Frühjahr, im Sommer und im Herbst sehen und meinetwegen sogar im Winter. Ich will mich nicht ständig verabschieden müssen und ich will nicht immer wieder von Null anfangen. Ich will, ohne Licht zu machen, nachts zum Kühlschrank finden, ich will von der Bäckereiverkäuferin » Wie immer?« gefragt werden. Ich will Verantwortung und Verpflichtung. Ich will einen Hund, mit dem ich jeden Tag raus muss. Ich will jeden Sonntag mit den gleichen Zeitungen auf meinem Sofa verbringen, und ich will, dass Nils Minkmar was in der FAS geschrieben hat.
Sonntag, der 29. Mai: der Tag, an dem ich zum ersten Mal in die Heimat wollte. Nein, das trifft es nicht: der Tag, an dem ich zum ersten Mal eine Heimat wollte, Deutschland muss es gar nicht sein. Aber irgendwo bleiben. Irgendwo hingehören. Irgendwo einrasten.
Ich setzte mich in den Sand und guckte aufs Meer. Das hilft in der Regel immer: Das Meer ist mein Beruhigungsmittel, mein großer Knotenlöser.
Ganz ruhig, sagte das Meer, dreh jetzt nicht durch. Du hast alle Freiheiten der Welt, du kannst machen, was du willst. Genau das kommt dir zwar gerade wie ein Fluch vor, aber atme erst mal ein bisschen, und du wirst schon sehen. Fahr jetzt zurück nach Waikiki, kauf dir auf dem Heimweg eine New York Times wie jeden Sonntag, koch dir eine Kanne Tee, und du wirst schon sehen. Flieg weiter nach San Francisco, und du wirst merken: Du wirst auch dort wieder eine kleine Heimat finden. Du bringst dein Zuhause überall mit hin. Und wenn die Sehnsucht gar zu arg wird, darfst du wieder zurück nach Hawaii. Du hast es in der Hand, es sind deine Regeln.
Ich blieb noch ein bisschen sitzen und hörte dem Meer noch etwas länger zu. Denn das Meer hat immer recht.
Und dann fuhr ich wieder heim und fand auf dem Weg zu meinem Haus Frangipani-Blüten, mir einfach vor die Füße geworfen.
Du willst einen Garten?, schienen die zu fragen. Du hast doch einen.
Ja. Ist ja schon gut. Ich bin ja schon still.
Danke, liebe Anne, dass Du mir gut zugeredet hast, mich mal fallen zu lassen. Oder schlecht zugeredet? Jedenfalls richtig zugeredet. Und jetzt fang langsam mal damit an, auf Dich selbst zu hören, Alte.
Das Liebste, Meike
10 Dinge, die ich in Hawaii gelernt habe
1. Viele neue Ukulele-Lieder.
2. Stand-up paddling, beigebracht von Dieter.
3. Es heißt in Hawaii, nicht auf Hawaii, weil es ein Bundesstaat aus 137Inseln ist. Es gibt zwar eine Insel namens Hawaii, die allerdings in Hawaii selbst nur Big Island heißt. Ansonsten ist hier alles ganz, ganz einfach. Übrigens gibt es Bier. In Hawaii.
4. Man kann jeden Tag Ananas essen, ohne dass es einem über ist. Vor allem, wenn es eine vollreife frisch gepflückte Ananas ist. Problem: Man will nie wieder eine andere essen.
5. Ich hatte es ja schon in den anderen Städten gespürt, aber nie so deutlich wie in Honolulu: Orte sind ansteckend. Ich war eine völlig andere als in Shanghai, so tiefenentspannt wie noch nie.
6. Es gibt nur die Wahl zwischen Fernweh und Heimweh, schmerzfrei geht es nie ab. Schön– wenn ich schon wählen darf, entscheide ich mich vorerst für Heimweh.
7. Wie schwierig es war, mich mal gehen zu lassen– ein Ausdruck, der für mich immer die höchste moralische Verfehlung bedeutet hat. Loslassen, gelöst zu leben, sich zu gestatten, einfach mal nichts oder scheinbar Sinnloses zu machen– dazu habe ich fast fünf Monate gebraucht.
8. Man darf sein Leben nicht damit verschwenden, Erwartungen zu erfüllen. Nicht mal die eigenen. Es ist erstaunlich, wie wenig
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