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Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Titel: Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meike Winnemuth
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Erlebnissen, dass einfach nichts mehr reinpasst. Das muss alles erst mal ein bisschen sacken. Ein bisschen kompostieren. Du weißt ja: In 1,83 Meter, da passt viel rein. Da ist eine Menge Platz für Eindrücke und Empfindungen, wir können wirklich was in uns reinfressen. Aber im Gegensatz zu Dir habe ich gelernt, wann es genug ist. Kopenhagen ist wie ein Sorbet bei einem 12-gängigen Dinner, der kleine kühle Zwischengang, der wieder Platz für Neues macht.
    Das Schöne an Kopenhagen ist, dass es praktisch keine Sehenswürdigkeiten gibt. Die Innenstadt ist in einer halben Stunde zu Fuß durchquert, die zwei Schlösser hat man schnell erledigt, Kleine Meerjungfrau, Hafenrundfahrt, fertig. Anschließend: leben. Allerdings habe ich, das muss ich gestehen, das übliche Sightseeingprogramm auch in den anderen Städten weitgehend ignoriert. Nichts finde ich öder als Punkte auf einer To-do-Liste abzuhaken – und ganz ehrlich: Macht es jemanden zu einem glücklicheren Menschen, alle einschlägigen Kirchen und Museen einer Stadt gesehen zu haben?
    Der Rhythmus der Stadt käme Dir völlig vertraut vor, auch er scheint in den Siebzigern stehen geblieben: Um halb sechs, sechs machen die Geschäfte dicht und die Bürgersteige werden hochgeklappt. Selbst Strøget, die erste und längste Fußgängerzone der Welt, die eigentlich zu jeder Tageszeit knüppeldickevoll ist, leert sich schlagartig. Es ist, als ob alle kollektiv ausatmen. Man geht nach Hause und isst was und lässt es gut sein für heute.
    Das wirkt ansteckend. Kopenhagen ist die Stadt, in der ich bisher am wenigsten getan habe. Ich hatte keine Lust auf Ausgehen, auf Konzerte, nicht mal auf die Cinemateket, die bei mir um die Ecke liegt. Ich bin noch nicht ein einziges Mal, so unfassbar mir das selber vorkommt, abends essen gegangen. Der Kühlschrank ist voll mit Käse und Dillhering und Rhabarberjoghurt, es gibt wunderbares, ziegelschweres Roggenbrot mit Mandeln und Beeren, warum also rausgehen? Ich habe mich in mein Schneckenhaus zurückgezogen, lese manisch, schreibe wie am Fließband und gucke mir abends die Filmsammlung meines Vermieters Christian an, Citizen Kane, Die sieben Samurai, Der unsichtbare Dritte. Zwischendrin schaue ich der alten Frau im Haus gegenüber zu, die alle halbe Stunde aus dem Fenster hinaus raucht. Es ist ein friedliches Leben. So eins habe ich gebraucht nach sieben Monaten Reisemarathon, ich bin ja schließlich nicht mehr die Jüngste.
    Neben dem Runterkommen gab es aber auch einen zweiten guten Grund für Kopenhagen: Ich wollte Edith und Erwin die Möglichkeit geben, mich zu besuchen; für sie ist es nur eine Zugfahrt. Wieso bestehst Du eigentlich darauf, sie so zu nennen und nicht Mama und Papa oder Mutti und Vati? Ich weiß nur, Du tust es, aber nicht, warum. Eine handelsübliche pubertäre Coolness-Simulation vermutlich.
    Sie sind immer noch wie damals, falls es Dich beruhigt. Tut es nicht? Sollte es aber. Ein Paar seit 57 Jahren, eigentlich unfassbar. Dein Vater macht immer noch schlechte Witze, Deine Mutter will immer noch alles wissen und alles vorausplanen und treibt mich damit so zum Wahnsinn wie Dich damals. Freu Dich über diese Kontinuität in Deinem Leben, sie ist selten. Jetzt möchtest Du, dass alles anders wird, aber irgendwann wirst Du Dich danach sehnen, dass ein paar Dinge so bleiben, wie sie sind.
    Tun sie aber nicht, tun sie nie. No one in your life is with you constantly/No one is completely on your side.
    Wir spazierten durch die Stadt, schipperten durch den Hafen, fuhren raus nach Rungsted zu Karen Blixens Haus (die sagt Dir jetzt noch nichts, aber in zehn Jahren wirst Du an mich denken. » Jenseits von Afrika«! Die Haarwaschszene!) und weiter nach Tisvildeleje ins Badehotel Helenekilde mit einem süchtig machenden Blick über den Kattegat. Es war wie Ferien auf Saltkrokan. » Dieser Tag ein Leben«, erinnerst Du Dich?
    Willst Du sehen, wie die beiden jetzt aussehen? 85 und 78 und immer noch fit, wir haben Glück gehabt, Du und ich und die beiden erst recht.

    Nicht sehr verändert, oder? Oh, das bringt mich auf was: Willst Du sehen, wie Du aussehen wirst?
    Wirklich?

    Enttäuscht? Erleichtert? Erkennst Du Dich wieder? Eigentlich nicht übel für eine olle Schabracke, oder? Vielleicht geht es Dir mit diesem Bild wie mir mit einer Computersimulation, die Fotos künstlich altern lässt und die ich natürlich auf der Stelle ausprobieren musste (wir haben dämliche Spiele hier im 21. Jahrhundert auf unseren kleinen

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