Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
beschloss, mir nächstes Jahr endlich mal ein richtig, richtig schönes Rad zu kaufen. Die Erinnerung an Dich hat mich wieder darauf gebracht: auf das Glücksgefühl, sich aus eigener Kraft fortzubewegen und jederzeit kurzentschlossen absteigen zu können, wenn es irgendwo interessant aussieht. Dieses Prinzip, sich durch die Welt zu bewegen und ihr nah zu sein, hast Du damals für uns entdeckt, das werde ich Dir nicht vergessen.
Schön. Was könnte ich Dir noch alles sagen, wenn ich schon mal an Dich schreibe?
Du bist Einzelkind, Du kommst gut allein klar– manchmal zu gut. Öffne Dich mehr. Lass Dich auf Menschen ein, lass Dich fallen, hab Vertrauen. Hör auf, immer alles kontrollieren zu wollen. Trau Dich, verwundbarer zu sein.
Du wirst Dich immer wahnsinnig anstrengen, alles, was Du tust, mühelos wirken zu lassen. Das Problem daran ist, dass die meisten Leute darauf reinfallen, genau wie Du es wolltest. Aber nicht wollen solltest. Lass Dir manchmal die Ratlosigkeit anmerken und die Verzweiflung und die Schwäche. Tu nicht immer so cool. Du weißt, dass Du es nicht bist, und die anderen können es auch gern wissen. Du wirst nicht weniger geliebt werden. Und Du bluffst ja sowieso nur in der Hoffnung, dass jemand hinter Deinen Bluff steigt. Glaub mir: Das geht auch einfacher.
Sei netter zu Dir. Liebevoller, freundlicher, nachsichtiger. » War ja klar« kommentierst Du jedes Missgeschick, » schon ganz nett, aber…« jeden Erfolg, » Vollidiotin! Versagerin!« beschimpfst Du Dich im Stillen. Wenn Dir das ein anderer an den Kopf knallen würde, würdest Du nie wieder ein Wort mit ihm wechseln, Dir selbst aber glaubst Du jedes böse Wort.
Wenn wir schon dabei sind: Vergiss die Idee, Dich oder andere Leute mit Adjektiven zu belegen. Niemand ist immer nur egoistisch oder irrational oder empfindlich oder eine blöde Kuh– genau so oft ist man auch das Gegenteil. Das hängt von der Situation ab und von den Menschen, auf die man trifft und auf die man unterschiedlich reagiert. Ich zum Beispiel bin in einigen Situationen stoisch, in anderen gehe ich an die Decke, ich bin manchmal ein Workaholic und manchmal stinkfaul, manchmal hysterisch albern und manchmal depressiv– jeder Mensch ist eine Sammlung von Widersprüchen, und für jeden gilt, was mal jemand über Deinen Helden Willy Brandt gesagt hat: » Hätte man diesen Menschen von seinen Widersprüchen befreit, wäre wenig von ihm übrig geblieben.« (Es war, glaube ich, Willys Sohn Matthias Brandt, in den ich ein bisschen verliebt bin wie jede klar denkende Frau.)
Es wird sogar noch komplizierter: Keine Eigenschaft ist eindeutig gut oder schlecht, nicht mal Faulheit. Asoziale Verweigerungshaltung oder löbliche Fähigkeit zur Muße? Zu Deiner Zeit war Müßiggang aller Laster Anfang, zu meiner wird er in Seminaren gelehrt. Mit anderen Worten: Misstraue der Eindeutigkeit, die ist meist eine Lüge. Das Leben ist selten simpel. Gewöhn Dich an den Zweifel.
Es wird viele Männer in Deinem Leben geben, einige kürzer, die meisten länger, einer sehr lang und dann auch nicht mehr– Liebe ist nicht einklagbar. Männer gehen, Freunde bleiben, heißt es. Das stimmt in der Regel, aber nicht völlig: Freunde gehen auch. Dafür kommen neue.
Nichts ist für immer, Leben ist Veränderung.
Du willst keine Kinder, hast Du bereits entschieden. Okay, bisschen frühreif zwar, aber warum nicht. Ich habe später (denn ich muss mich ja nicht an alles halten, was Du so beschließt) immer zu runden Geburtstagen– 30, 35, 40– nachgeschaut, ob das noch so stimmt. Ja, es stimmte. Wir haben also keine Kinder, Du und ich. Erleichtert Dich das? Findest Du es ein kleines bisschen schade, dass Du Deinen Willen durchgesetzt hast?
Mal hast Du einen festen Job und mal nicht, aber Du wirst immer arbeiten. Weil Du es willst, weil es Dir Freude macht, weil Du gut darin bist. Weil Du es alternativlos findest, für Dich selbst zu sorgen. Wer sonst? Und freu Dich: Du wirst keine Karriere haben, sondern ein Leben.
Hab keine Angst, um das zu bitten, was Du haben willst. Du wirst es nicht immer bekommen, doch wenn Du nicht fragst, ist die Antwort immer nein.
Aber: Die Welt schuldet Dir nicht das Geringste. Kein gutes Wetter, keinen Sitzplatz in der U-Bahn, keine Wunder, keine Liebe. Wird Dir das doch zuteil, sei dankbar und freue Dich von Herzen.
Wenn Du Dich länger als fünf Minuten über etwas aufregst, hättest Du schon vor vier Minuten damit anfangen können, es zu ändern. Love it, change
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