Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
ich.
Ich danke Dir jedenfalls für Deine Geduld mit mir, ich weiß, dass ich oft eine Zumutung bin. Aber es sieht so aus, als ob ich hier draußen in der Ferne die Sache mit der Nähe wieder ganz neu lerne.
Sei umarmt, mein Lieber, von Deiner alten Meike
10 Dinge, die ich in Barcelona gelernt habe
1. Nichts auf erste Eindrücke zu geben. Geduld mit einem Ort und auch mit mir selbst zu haben. Liebe auf den fünften Blick ist nicht die schlechteste.
2. Sich nicht verrückt machen zu lassen. Die verbreitete Diebstahlshysterie hat mich in den ersten Tagen derart grimmig und verkrampft durch die Gegend wandern lassen, dass ich dachte: Lieber beklaut werden als ständig Angst vorm Beklautwerden haben. Vorsicht ist okay, krankhaftes Misstrauen nicht.
3. When you’re in Barcelona, do as the Barcelonese. Und Siesta ist bestimmt auch in Hamburg nicht verkehrt.
4. Mit nichts kann man so unfroh seine Zeit verschwenden wie mit der Suche nach dem Allerbesten, das eine Stadt zu bieten hat. Schnell was finden, was man mag, und dann losleben. Das gilt möglicherweise auch für Männer, für Jobs, für die perfekten Jeans, für…
5. Von Antonio Gaudí dachte ich bisher immer: Kindertagesstätten-Architektur im Delirium tremens. Delirium stimmt, aber seit ich im Inneren der Casa Batlló war, statt nur von außen ihr Drachenschuppendach und die Teletubbie-Schornsteine zu belächeln, bin ich Fan. Wie sich die Türklinken in die Hand schmiegen, wie klug die fischkiemenartige Entlüftung funktioniert! Auch das ist Reisen: ein Überprüfen alter Überzeugungen. Die eine oder andere wird dann einfach achtkant über Bord geworfen.
6. Hätte ich zum Beispiel gedacht, dass ich mal andächtig einem experimentellen serbischen Akkordeon-Duo zuhören würde?
7. Katalanische Bratwürste sind besser als deutsche Bratwürste. Fakt. Es gibt sie gefüllt mit Feigen und Zwiebelconfit, mit Spinat und Pinienkernen, mit Foie Gras, mit Whisky und grünem Pfeffer, mit Oregano, mit Cidre und Ziegenkäse, mit Curry-Apfel, mit Schnittlauch und Minze, mit…
8. Ich dachte immer, das Fundament sei entscheidend für jeden Bau. Stimmt nicht. Wenn es in den obersten Stockwerken der Castellers, der katalanischen Menschentürme, wackelt, wackelt es bis hinunter in die Basis, und das Ding bricht zusammen.
9. Apropos: Jedes katalanische Freizeitvergnügen ist meschugge bis suizidal. Stierkampf haben sie gerade abgeschafft, alle anderen Formen von Irrsinn behalten. Die Castellers, die Umzüge mit funkensprühendem Feuerwerk…
10. Seltsam, dass man aus der Ferne oft besser sieht, was man hat, als aus der Nähe. Alles rückt in die richtige Perspektive. Ich bin so dankbar für meine Freunde.
Oktober
Tel Aviv,
Israel
Liebe Aimée,
das wird jetzt spannend: Werde ich es schaffen, Dir einen Brief zu schreiben, nachdem wir uns das ganze Jahr lang per Skype die Sätze wie Pingpongbälle um die Ohren gehauen haben? Werde ich nicht immer wieder ins Stocken geraten, weil ich eine Antwort, einen Einwand, eine Zwischenfrage von Dir brauche, um weiterzumachen? Wenn man so sehr im Dialog ist wie wir, ist jeder Monolog ein Problem. Aber ich möchte Dir einfach mal in aller Ruhe danken. Du weißt zurzeit, glaube ich, mehr von mir als sonst jemand auf der Welt, meine Freunde und Familie eingeschlossen– und das, obwohl wir uns nur ein einziges Mal kurz auf einer Party getroffen haben. Darf ich das ebenso großartig wie absonderlich finden? Oder zumindest » amysant«, wie Du immer schreibst?
Irgendwann habe ich aufgehört, mich über diese merkwürdige virtuelle Freundschaft zu wundern, die begann, weil wir beide einfach nicht aufhören konnten. Du hast was geschrieben, ich habe was geschrieben, dann wieder Du, dann wieder ich, Du, ich, Du, ich, ad infinitum und ohne Sinn und Absicht und Ziel. Einfach nur aus Vergnügen, einfach nur so. Insofern passt es perfekt zu diesem Jahr, in dem so vieles nur so ist, Selbstzweck, ohne auf etwas hinauszulaufen. Ich weiß nicht, wie es Dir geht– als Buchhalterin bist Du ja eine klare Kosten-Nutzen-Analyse gewohnt–, aber das erwartungslose, vergnügte Plaudern mit einer eigentlich Wildfremden (die täglich etwas weniger wildfremd geworden ist) gehört für mich inzwischen zur bestgenutzten halben Stunde des Tages.
Eines aber ahne ich: dass ich mich zu einem anderen Zeitpunkt nicht so bereitwillig auf das Gespräch mit Dir eingelassen hätte. Im Alltag ist es ja tatsächlich ein Zeitproblem; ich habe oft nicht mal
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