Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
glauben, aber Netsanet sollte Recht behalten. Acht Stunden ű ber steinige, staubige, holprige Schott-ott-otterpisten, Serpentinen rauf, Serpentinen runter, durchgesch ű ttelt bis auf die Knochen. In Axum haben wir drei uns schnell und maulfaul voneinander verabschiedet, jeder wollte nur noch ins Bett, und das nachmittags um zwei.
Das sind ű brigens meine Reisebegleiter Netsanet und Dereje. Netsanet ist 24 und arbeitet seit ihrem Uni-Abschluss vor zwei Jahren als Reiseorganisatorin und F ű hrerin. Urspr ű nglich wollte sie Ingenieurswissenschaften studieren, doch dort war alles voll, also wurde sie zwangsweise zu Tourismusmanagement verdonnert; freie Studienwahl gibt es in Äthiopien nicht. Sie selbst war noch nie im Ausland. Wie auch? Reisen ist nur f ű r die ganz Reichen. Wohin w ű rde sie reisen, wenn sie k ö nnte? » Ägypten«, sagt sie. Wir reden viel ű ber Lebensplanung. Sie ist die j ű ngste von sieben Geschwistern und will Heirat und Kinder so weit wie m ö glich hinausz ö gern: » Meine Schwestern waren mal solche tollen Frauen - aber wie langweilig sind sie geworden, seit sie M ű tter sind.« Dereje ist 32 und arbeitet seit neun Jahren als Fahrer. » Ich liebe meinen Job. Er ist so entspannt«, sagt er - und das, nachdem er einen H ö llentag wie den heutigen hinter sich gebracht hat. Zwischendurch telefoniert er mit seiner eineinhalbj ä hrigen Tochter ( » Hello sweetie!«).
Tag 5: Axum
Äthiopische Geschichte ist eine wilde Mischung aus Legenden und nur wenigen handfesten arch ä ologischen Erkenntnissen. Vieles ist reine Glaubenssache: dass die ä thiopischen Kaiser Nachfahren von K ö nig Salomon und der K ö nigin von Saba seien. Und dass die Original-Bundeslade ( die Steintafeln mit den zehn Geboten, das Allerheiligste des Judentums) von deren Sohn, Menelik, aus Jerusalem entf ű hrt und bis heute in einer kleinen Kapelle in Axum aufbewahrt wird, zu der nur ein einziger auserw ä hlter M ö nch Zugang hat - es ist alles großartigster Indiana-Jones-Stoff.
Hier der Zugang zu einer Grabkammer, angeblich die von Balthasar, einem der Heiligen Drei K ö nige. Sie ist eben nicht Teil eines Touristentrampelpfades wie vergleichbare Fundorte in Griechenland, Italien oder der T ű rkei.
Und noch eine Entdeckung: Ich lasse ich mich endlich von Netsanet und Dereje plattquatschen und probiere meinen ersten ä thiopischen buna, den hiesigen Kaffee. Denn Äthiopien ist nicht nur Wiege der Menschheit, sondern auch Wiege ihres beliebtesten Rauschmittels. Kaffee verdankt seinen Namen der Provinz Kaffa, und nat ű rlich gibt es auch um ihn etliche Legenden: von Hirten, deren Ziegen pl ö tzlich so lustig durch die Gegend sprangen, nachdem sie von einem Busch gegessen hatten, und von Bohnen, die zuf ä llig ins Feuer fielen.
Buna wird frisch ger ö stet und gemahlen, dann sehr lange zusammen mit Wasser gekocht und verliert dadurch seine Bitterkeit. Und verdammt, das Zeug schmeckt auch mir ollen Teetante. Das T ä sschen hat ordentlich Wumm, den Rest des Nachmittags springe ich selbst wie ein Zicklein durch die Stadt.
Tag 6: von Axum nach Mekele
In Yeha steht ein vermutlich jemenitischer Tempel aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., die Steine mit atemberaubender Pr ä zision aufeinandergepasst.
Mich faszinierte aber wie immer mehr das Ungek ä mmte: ein kleines Kirchenmuseum, das sich im ersten Stock eines winzigen Geb ä udes auf dem Gel ä nde befindet. Man steigt eine Holzstiege empor und steht in einem wundersamen Dachboden. Ein M ö nch, der hier wohnt (in einer Ecke liegt zusammengerollt seine Matratze), zeigt mit langem Bambusstab auf seine Sch ä tze: Silberkreuze, alte Bibeln aus Ziegenhaut, Steine und Tonkr ű ge. An der Wand h ä ngen lederne Gebetsbuchh ű llen und selbstgezogene Kerzen. Magisch.
Abends in Mekele landete ich im Gaza, einem ziemlich guten Beispiel f ű r ä thiopisches Nachtleben: ein riesiges Restaurant, nat ű rlich mit Band und T ä nzern - und ebenso nat ű rlich mit einem offenen Fleischer-B ű dchen, wo Fleisch frisch vom Tier geschnitten und zu Kitfo, dem roh gegessenen Hackfleisch, verarbeitet wird. Die Stimmung war wie immer großartig. Ich war jetzt schon ein paarmal nachts aus, und jedes Mal war es ausgelassen: Es wird laut mitgesungen und zwischen den Tischen getanzt. Ein einziger großer Spaß.
Tag 7: Von Mekele nach Lalibela
Ein weiterer Reisetag liegt vor uns: neun Stunden Autofahrt. Kein Problem, links und rechts neben der Straße gibt es so viel zu sehen -
Weitere Kostenlose Bücher