Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
da stürzten die Diener herein und begrüßten ihn freudig als ihren König und Herrn. „Bindet die Beiden zusammen und werfet sie in einen Käfig, wo sie gleich Vieh gehalten werden sollen!“ rief der Prinz und es geschah. Die Königin suchte zwar wieder durch neue Lügen und Ränke den Prinzen zu bestricken, aber es gelang ihr nicht; sie wurde gebunden in den Käfig geworfen.
Das Erste was die Diener ihm sagten, war, dass die Prinzessin da gewesen sei und nach ihm gefragt habe. Da hob sich sein Herz in neuer Hoffnung. Er ließ die Königin fragen, wo die Prinzessin geblieben sei, aber sie wollte es nicht sagen und vergebens wurde in dem alten Loche gesucht. In seiner Betrübnis kam ihm da der Gedanke, er wolle sich den guten Löwen dankbar beweisen und ihnen einmal eine reichliche Mahlzeit geben. Es wurden Ochsen und Rinder geschlachtet und die Diener mussten ihm das Fleisch in großen Mulden nachtragen. So ging er zum Löwenzwinger, um es ihnen selbst zu geben. Aber ach du Jammer, als er die Thür öffnete und seine liebe Frau blind in der Löwengrube wiederfand. Er stürzte auf sie zu und Schloss sie in seine Arme und das war wieder einmal viel Unglück bei viel Glück. Er führte sie sogleich mit sich in das Schloss, da wusch er vor Allem ihre Augen mit dem Thau, welchen er einst in der Flasche gesammelt hatte und wie lachte sie ihn da so seelig an! Jetzt war Beider Glück vollkommen und er gab ein Fest nach dem andern zur Feier ihres Wiedersehns. Dann schrieb er seinem Vater Alles nach der Ordnung, wie es sich begeben hatte und reiste mit seiner lieben Frau zu dem alten König; den Käfig mit der Königin und dem Greise ließ er nachkommen und übergab Beide seinem Vater zur Bestrafung. Da wurden sie auf einem Scheiterhaufen öffentlich verbrannt. Der Prinz aber folgte seinem Vater in der Regierung, erbte später auch das Königreich seiner Frau und da an dem Schloss auch ein Königreich hing, so war er Herr über drei Königreiche.
Die drei Königskinder
Ein König hatte nur einen Sohn, der war so alt geworden, dass er heiraten konnte. Er wollte aber keine aufgedrungene Prinzessin, sondern eine Frau nach seinem Gefallen und darum zog er im Lande umher und ließ sich alle Mädchen vorführen. Unter allen gefiel ihm keins besser, als eine Bauerntochter, die hieß Marie. Als er jedoch bei ihren Eltern um sie anhielt, sagte der Vater rundheraus nein, das Mädchen bekäme er nicht, denn es sei die einzige Stütze seiner alten Eltern und es ernähre sie. Da sagte der Königssohn, wenn weiter kein Hinderniß wäre, dafür wolle er schon sorgen und ihnen so viel Geld geben, dass sie leben könnten. Das tat er und damit war die Sache abgemacht. Jetzt setzte er das Mädchen in seinen Wagen und fuhr sie in ein Erziehungshaus, wo sie Alles lernte, was die Prinzessinnen lernen, und als sie das Alles konnte, da holte er sie wieder ab und heiratete sie. Das war aber seiner Mutter gar nicht recht und dieß böse, stolze Weib trachtete jetzt auf alle Weise, die arme Königin zu kränken und in den Augen ihres Mannes herunter zu setzen. Das wollte ihr aber lange nicht gelingen.
Nach einiger Zeit genas die junge Königin eines schönen Mägdleins. Da der König grade auf der Jagd war, bestach die Alte die Wehmutter und nahm der Königin das Mägdlein; dem König sagte sie, es sei eine so abscheuliche Mißgeburt gewesen, dass sie keinem Menschen ähnlich gesehn habe, darum hätten sie dieselbe vergraben. Das Kindchen setzten sie aber in eine Schachtel und warfen sie in den Bach und darauf schwamm sie fort und immer weiter bis in die Gegend einer Mühle. Die Müllerin stand am Fenster und sah die Schachtel und rief ihrem Manne zu, er solle sie aus dem Wasser holen und sehn, was darin sei. Das tat er und sie freuten sich recht, als sie das schöne Mägdlein drin fanden und da sie doch keine Kinder hatten, sagte der Müller zu seiner Frau: „Wie wär's, wenn wir das Mägdlein an Kindesstatt annähmen?“ „Das denke ich eben auch,“ sprach die Frau und sie taten es und sorgten besser dafür, als wenn es ihr eigen Kind gewesen wäre.
Die arme Königin härmte sich unterdessen ab über ihr großes Mißgeschick und auch der König war sehr betrübt; doch wurde ihre Trauer bald in große Freude verwandelt, als die Königin ihm eines Tags verkündete, dass Gott sie mit einem andern Kinde segnen werde. Als die böse Schwiegermutter das hörte, ärgerte sie sich in ihrem Herzen und trieb den König jeden Tag auf die Jagd.
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