Das Große Spiel
Er versuchte, besänftigend zu wirken: »Nachdem der Regent eine Million in die Bank einbezahlt hat, glaubt ganz Paris, dass es in Wirklichkeit die Bank des Regenten ist. Und dass Monsieur Law nur eine Marionette ist. Sehen Sie es doch bitte so. Es ist die Bank des Schotten, aber de facto die des Regenten.«
»Ich will mich dazu nicht äußern«, erwiderte Noailles missmutig, »aber wenn königliche Fonds in diese Bank fließen, kann die >Gazette< schreiben, was sie will. Solange sich der Regent schützend vor John Law stellt...«
»Was werden Sie unternehmen?«, fragte Bernard ungeduldig. »Als es darum ging, die verdienstvollen Finanziers der Krone öffentlich an den Pranger zu stellen, waren Sie auch nicht verlegen.«
»Nur das Parlament kann diesen Schotten zu Fall bringen!«, grummelte Noailles und erhob sich von seinem Sitz.
»Und Sie, Monsieur Crozat, haben Sie keine Meinung?«, fragte Noailles spitz.
»Hat ein Mann, dem man 6,6 Millionen Livre abpresst, eine eigene Meinung? Er hat eigene Interessen, Monsieur. Aber eine eigene Meinung kann er sich wohl kaum noch leisten. Ich muss Monsieur Law Glück wünschen, ich bin sein Schuldner. Oder sähen Sie es lieber, wenn ich ihm meine Mississippi-Konzession abtreten müsste?«
»Mississippi! Ich kann das Wort nicht mehr hören. Was ist denn Ihr Mississippi? Eine Krankheit? Eine Seuche? Eine Geschlechtskrankheit!« Noailles verließ den Salon. Ein Diener folgte ihm nach draußen.
»Besuchen Sie morgen diesen Schotten«, befahl Samuel Bernard dem Herausgeber der »Gazette de la Regence«. »Prüfen Sie alle seine Angebote und erzählen Sie ganz Paris, dass sich kein Mensch diese Angebote leisten kann!«
Es war schon spät in der Nacht, als Catherine das Arbeitszimmer ihres Mannes betrat. »Ganz Paris neidet dir die Nähe zum Regenten!«
»Ich konnte nur ein Viertel der Aktien platzieren. Nur gerade dreihundert Aktien. Bei einem Ausgabewert von fünftausend Livre sind das gerade einmal 1,5 Millionen Livre. Und sechs Millionen hätten wir gebraucht, um über genügend Liquidität zu verfügen.«
»Immerhin 1,5 Millionen Livre, John.«
John Law lachte amüsiert: »In Wahrheit sind es noch weniger. Denn der Regent bestand darauf, dass man unsere Bankaktien mit den mittlerweile praktisch wertlosen Staatsanleihen bezahlen darf. Weißt du, wie viel eine Staatsanleihe noch wert ist?Vierzig Prozent. Und diesen wertlosen Wisch müssen wir als Zahlung für unsere wertvollen Aktien entgegennehmen. Aber selbst das hat nicht ausgereicht, um mehr als ein Viertel der Aktien loszuwerden.«
»Aber du hast jetzt deine Bank. Das war die größte Hürde. Alles andere liegt jetzt in deinen Händen!«
Mit flinken Bewegungen fuhr die Hand über den leeren Papierschein. »Die Bank verspricht den Träger dieses Papiers, die Summe von zwei Louisdor in Münzen auszubezahlen, die dem Wert bei Erhalt entsprechen.«
John Law blickte von seinem Schreibtisch auf. Ihm gegenüber saß ein skeptischer Monsieur Larcat, der nun zwei Louisdor-Münzen auf den Tisch legte.
»Und ich kann jederzeit kommen und erhalte gegen Rückgabe dieses Papiers wieder meine beiden Goldmünzen?«, fragte Larcat argwöhnisch.
»Sie erhalten wesentlich mehr, Monsieur. Denn wenn Sie die Banknote wieder zurückbringer und das Metallgeld in der Zwischenzeit wieder abgewertet worden ist, erhalten Sie dennoch Goldmünzen, die dem heutigen Wert entsprechen. Mit dem Wechsel in Banknoten schützen Sie sich gegen die Abwertung der Münzen«, lächelte John Law. »Sie können diese Banknote aber auch im alltäglichen Geschäftsverkehr als Zahlungsmittel einsetzen.«
Larcat hatte die Bank mit dem Vorsatz betreten, das Geschäftsmodell dieses Schotten nach Strich und Faden auseinander zu nehmen und sich so die Anerkennung der alteingesessenen Finanziers zu verdienen. Doch nun saß er diesem freundlichen Schotten gegenüber, und er ahnte allmählich, wieso dieser John Law in der Stadt so viele Feinde hatte.
»Daran habe ich noch nicht gedacht, Monsieur. Wenn ich bedenke, dass allein zu meinen Lebzeiten die französischen Münzen beinahe vierzig Mal abgewertet worden sind ... Dann ist der Wechsel von Münzen in Banknoten der einzige Schutz gegen die Geldentwertung.«
»Das ist nur ein angenehmer Nebeneffekt meines Systems, Monsieur Larcat. Primär geht es darum, Frankreich zu neuer Stärke zu verhelfen«, schmeichelte ihm John Law, »als Sie hier reinkamen, besaßen Sie zwei Louisdor. Jetzt haben wir die
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