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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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gereizt.
    »Nein, Noailles«, antwortete der Regent, »als Sie die Pariser Finanziers ruiniert haben, ging es Ihnen allein um das Wohl der Finanzen, um das Wohl der Krone, um das Wohl Frankreichs. Wenn Sie jetzt die Banque Generale zu Fall bringen wollen, um Monsieur Law zu treffen, dann missachten Sie das Wohl Frankreichs. Nicht das Wohl von Monsieur Law muss Sie kümmern, sondern das Wohl der Krone. Und worin liegt der Nutzen für Frankreich, wenn diese Bank morgen Bankrott geht?«
    »Monsieur«, rief Noailles erneut und verbeugte sich mehrfach untertänigst.
    »Ich habe Ihnen nicht gestattet zu sprechen, Noailles«, unterbrach ihn der Regent, »Frankreich lag in Agonie. Durch diese Bank wurde mehr Geld in Umlauf gebracht als in den letzten zwanzig Jahren zuvor. Frankreich erwacht aus der Agonie. Abgestorbene Gliedmaßen werden mit frischem Blut versorgt, die Menschen glauben wieder an die Zukunft, investieren in die Zukunft, nehmen Kredite auf, kaufen Rohstoffe, stellen Arbeiter ein, die wiederum Geld verdienen und Güter kaufen. D'Argenson hat mir gestern berichtet, dass selbst die Straßenkriminalität massiv zurückgegangen ist. Noailles! Wollen Sie dieses glorreiche System zu Fall bringen, nur weil Sie Monsieur Law zu Fall bringen wollen?«
    Jetzt herrschte betretenes Schweigen. Der Regent beschäftigte sich wieder mit seinen Fingernägeln. Nach einer Weile zeigte er Law die Fingernägel der linken Hand:
    »Sehen Sie die weißen Tupfer im Nagel? Die kriegt man vom Champagner, von diesem Dom Perignon. Rotwein soll gesünder sein. Aber ich habe ohnehin dem Genuss abgeschworen. Ich werde Frankreich zu neuer Blüte führen.« Dann drehte der Regent seine Hand und zeigte John Law die Innenseite: »Sehen Sie meine Lebenslinie? Ich soll angeblich älter werden als unser verstorbener Sonnenkönig.« Der Regent schmunzelte: »Für alles gibt es ein System, nicht wahr: Systeme sind eine wunderbare Sache, wenn sie funktionieren. Die Menschen klammern sich gern an Systeme. Auch Gott ist gewissermaßen ein System, nicht wahr, Noailles?«
    Noailles schien brüskiert. »Ich schließe mich Ihrer Argumentation an, Monsieur le Due, muss Ihnen jedoch bedauerlicherweise mitteilen, dass die Königliche Münze zurzeit über keine fünf Millionen Livre in Gold- und Silbermünzen verfügt.« Noailles schaute John Law direkt ins Gesicht: »Wir würden gern. Wir können nicht.«
    Der Regent hob die Arme, als wolle er den Heiligen Geist anflehen: »Ich bedaure, Monsieur Law. Wenn unsere Alchemisten Mäusekot in Gold verwandeln könnten, hätten sie es längst getan. Voilá. C'est ca.«
    John Law war wie vor den Kopf geschlagen.
    Der Regent wandte sich wieder seinem Finanzminister zu: »Sagen Sie mal, Noailles, ist es wahr, dass Ihre Mätresse Crozat le Riehe einen Schuldenerlass von fünfzig Prozent angeboten hat für den Fall, dass er Monsieur Law die Mississippi-Konzession verkauft und das Entgelt in Münzen bezieht?«
    Noailles, der sich noch soeben genüsslich ein Schmunzeln verkniffen hatte, wurde kreidebleich.
    »Also ist es wahr«, murmelte der Regent und widmete sich wieder seinen Fingernägeln, »fünfzig Prozent bedeuten einen Schuldenerlass über 3,3 Millionen Livre. Sie verschenken 3,3 Millionen Livre, um Ihren privaten Hass gegen Monsieur Law zu befriedigen?«
    Noailles schwieg. Wütend schaute er zu John Law hinüber.
    »Wenn Ihnen Ihre Privatfehde so viel wert ist, sollten Sie es selbst bezahlen, Monsieur le Duc de Noailles.«
    »Möchten Sie, dass ich meinen Rücktritt anbiete?«, fragte Noailles unterwürfig.
    »Ich möchte, dass Sie morgen Früh die Königliche Münze besuchen und die für die Bank erforderliche Menge Münzgeld abheben.«
    Noailles nickte.
    »Sie werden Monsieur Law etwas aushelfen«, fuhr der Regent fort, »schließlich ist er Ihr Landsmann, er ist jetzt Franzose.«
    »Darf ich Sie unter vier Augen sprechen, Monsieur le Regent?«, fragte Noailles.
    »Monsieur«, wandte sich der Regent an John Law, »ich bedanke mich für Ihren Besuch.«
    John verneigte sich. Noailles grinste unverschämt und nahm erst wieder Haltung an, als der Regent sich ihm zuwandte. Dieser Gesichtsausdruck gefiel John Law überhaupt nicht. Hatte Noailles noch einen Trumpf in der Hand?
     
    Im Haus an der Place Louis-le-Grand servierte Janine einen kleinen Imbiss. Im fernen Edinburgh war Jean Law bereits vor Monaten im Alter von siebzig Jahren verstorben. William hatte Lauriston Castle verpachtet und war mit seiner frisch

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