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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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geschmückter Indianer die Bühne betrat. Die Trommeln verstummten. Die Tänzerinnen hielten inne. Der Indianer trug eine lange Robe mit farbigen Streifen, in der Hand einen goldenen Stab. Das pechschwarze Haar zierte ein goldener Federschmuck, den die Gäste jedoch sofort als Sonnenstrahlen wahrnahmen.
    »O«, schmunzelte der Duc d'Orleans, der neben John Law saß, »soll dies eine Anspielung sein, Monsieur? Der neue Sonnenkönig kommt aus der Neuen Welt?«
    »Die Sonne wird in allen Kulturen verehrt«, sagte Catherine, »ohne Sonne gäbe es kein Leben auf Erden. Selbst der christliche Heiligenschein geht auf den persischen Sonnengott Mithra zurück.«
    »Ach, Madame«, seufzte der Herzog, »wenn die Damen der Pariser Gesellschaft nur ein kleines bisschen mehr von Ihrem Esprit hätten.«
    Catherine verneigte sich respektvoll.
    »Monsieur, darf ich Ihnen meinen Bruder William und seine Gemahlin Rebecca vorstellen?« John Law wies mit einer eleganten Handbewegung auf William und Rebecca, die in der zweiten Reihe Platz genommen hatten. Sie erhoben sich beide mit vornehmer Langsamkeit, obwohl sie ihre Aufregung kaum unterdrücken konnten. Der Duc d'Orleans schien vor allem an der schönen Rebecca Gefallen zu finden. Ein Trommelwirbel lenkte die Aufmerksamkeit des Regenten erneut auf die Bühne. Der Priester setzte sich in die eine Waagschale. Nun betraten unter erneutem Trommelwirbel weitere Indianer die Bühne und schaufelten schwere Goldklumpen auf die zweite Schale. Ganz allmählich wurde der Priester nun hochgehoben, und die anwesenden Gäste applaudierten. Sie waren begeistert. John Law wurde gefeiert. Man verlangte nach ihm. Man wollte ihn sehen, sprechen hören.
    John Law begab sich ins Parkett und betrat die Bühne. Er erklärte die Compagnie de Ja Louisiana ou d'Occident für gegründet. Ihre Kolonien umfassten in etwa die Hälfte des nordamerikanischen Kontinents. Der Schotte bedankte sich beim Regenten, dass er der Gesellschaft das Handelsrecht für fünfundzwanzig Jahre überlassen hatte, und verkündete, dass die neue Compagnie Frankreich prosperieren lassen und zur größten Weltmacht machen werde. Um dieses Ziel zu erreichen, brauche er aber frisches Kapital in Höhe von über hundert Millionen Livre. Zu diesem Zweck würde er zweihunderttausend Aktien der Banque Generale verkaufen, jeden Anteil mit einem Wert von fünfhundert Livre. Ab morgen stünde es jedem frei, Anteile zu zeichnen, um am größten Abenteuer der Finanzmärkte teilzuhaben.
    Der Duc de Noailles, der im Parkett saß, war empört über das Spektakel, das er unwürdig fand: »Wieso macht er diesen Fremden zum König über die Neue Welt?«
    »Er ist jetzt auch Franzose«, entgegnete Saint Simon, »und im Übrigen lediglich Geschäftsführer der Compagnie de la Louisiana ou d'Occident.«
    »Hören Sie auf mit diesem Namenswirrwarr«, ereiferte sich Noailles, »für uns Franzosen ist es immer noch die Mississippi-Kompanie.«
    »Ihr Ärger in Ehren, Monsieur le Ministre«, flüsterte Samuel Bernard, »aber wie wollen Sie diesen Schotten aufhalten? Jetzt hat er sogar noch seinen Bruder nachkommen lassen. Gefragt ist nicht Ihre Entrüstung, Monsieur, sondern ein Plan.«
    »Nur das Parlament kann diesem protestantischen Schotten das Handwerk legen«, verteidigte sich Noailles.
    »Sie müssen seine Bank zu Fall bringen. Dann bringen Sie auch seine Mississippi-Kompanie zu Fall«, stichelte Bernard.
    »Mir haben Sie die Mississippi-Kompanie entrissen«, lästerte Crozat, »und jetzt hat ein protestantischer Schotte für fünfundzwanzig Jahre das Alleinrecht auf den Handel zwischen Frankreich und den Kolonien. Das ist Ihr Werk, Noailles!«
    Noailles wandte sich von Crozat ab, suchte Unterstützung bei Saint Simon und Bernard.
    »Er hat Recht«, wiederholte Samuel Bernard, »es ist Ihr Werk. Also liegt es an Ihnen, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.«
    »Ich bezweifle, dass unser Minister dazu in der Lage ist«, sagte eine tiefe Stimme. Alle drehten sich um. D'Argenson stand vor ihnen. Er hatte ihre Unterhaltung belauscht.
    »Was Ihnen fehlt, Messieurs, ist eine Strategie. Wer dem Schotten offen den Krieg erklärt, hat schon verloren.«
    »Sag ich doch«, stimmte Bernard zu, »wir brauchen einen Plan!« D'Argenson lächelte vielsagend und wandte sich von der kleinen Gruppe ab.
     
    William Law und Rebecca genossen den Abend. Sie waren erst seit wenigen Wochen in Paris und kannten bereits alles, was Rang und Namen hatte.
    »John!«, rief William,

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