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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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gespannt. D'Argenson hatte als Finanzminister und oberster Siegelverwalter der Krone die Ehre, die Ankunft des Königs zu melden.
    »Seine Majestät, der König!«
    Der Saal war derart voll mit Parlamentariern, Soldaten und Adligen, dass es Mühe bereitete, niederzuknien. Der junge König betrat den Saal. Zwei Offiziere seiner Leibgarde bahnten ihm den Weg. Er stieg die Stufen zum Podest hinauf und setzte sich auf den Thron. Nun betrat auch der Duc d'Orleans den Saal und kniete vor der untersten Stufe nieder. Nach einer Weile erhob er sich wieder und stieg zum König hinauf. Er blieb rechts vom Thron stehen. In wenigen Worten erklärte der Regent, wieso er sich entschieden habe, das Throngericht einzuberufen. DerRegent sprach laut und klar. Man konnte ihn deutlich bis in die hintersten Reihen verstehen. Er bat schließlich d'Argenson als obersten Siegelverwalter,Wesen und Brauch der Remonstration, des parlamentarischen Rechts auf Einspruch, darzulegen.
    D'Argenson erhob sich und legte dar, wieso der Aufstand der Parlamentarier nicht rechtens war. Er erläuterte die neuen Spielregeln, die ab dem heutigen Tag gelten würden. Unmut machte sich unter den Anwesenden breit. D'Argenson brach seine Rede ab. Mitten im Satz. Stille. Er begab sich zum König und kniete vor ihm nieder. Der junge König flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    D'Argenson erhob sich und verkündete mit lauter, kräftiger Stimme: »Der König verlangt Gehorsam. Den sofortigen, bedingungslosen Gehorsam!«
    Alle Anwesenden knieten nieder. Bis auf drei Parlamentarier. Sie wurden von Gardeoffizieren abgeführt. Man hörte nie wieder etwas von ihnen.
     
    Saint Simon stürmte die Treppen zur Banque Generale hinauf. Es war ihm zum Singen zumute. In der Eingangshalle stapelte sich bereits Reisegepäck. William kam gerade die Treppe herunter. John stand hinter der Balustrade im ersten Stock und beobachtete die Reisevorbereitungen seines Bruders.
    »Monsieur Law!«, schrie Saint Simon. »Der König hat Gehorsam verlangt. Den sofortigen, bedingungslosen Gehorsam!«
    William verstand die Bedeutung dieser Redewendung nicht. Er sah nur, wie Saint Simon wie ein aufgeregter kleiner Junge an ihm vorbeirannte auf John Law zu, der ihm freudig entgegenkam und ihn herzlich umarmte.
    »Sie sind gerettet, Monsieur!«, schrie Saint Simon.
    Nun traten auch Catherine und Rebecca auf die Galerie.
    »Der König hat dem Regenten das Vertrauen ausgesprochen und den Aufstand des Parlaments niedergeschlagen«, frohlockte Saint Simon.
    »Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet«, sagte John Law und nahm Saint Simon erneut in seine Arme.
    »Ihre Freundschaft ist mir Dank genug, Monsieur«, entgegnete Saint Simon verlegen.
    »Wir werden Ihnen das nie vergessen, Monsieur«, sagte Catherine und umarmte ihrerseits Saint Simon. Als sie sich wieder von ihm löste, fiel ihr Blick auf William. Er war die Treppe wieder hochgestiegen und stand unschlüssig da. Rebecca warf sich in seine Arme und schluchzte leise. William nahm sie kaum wahr. Abwechselnd suchte er in Johns und Catherines Blicken eine Antwort.
    »Das werden wir nie vergessen«, wiederholte Catherine. Doch ihre Worte schienen mehr für William bestimmt als für den gerührten Saint Simon.
     
    John Law arbeitete bis in die frühen Morgenstunden in seinem Arbeitszimmer. Zuerst nahm er das Klopfen an der Tür gar nicht wahr. Als es lauter wurde, sah er überrascht auf. Draußen wurde es schon hell. Es musste vier Uhr in der Früh sein.
    »Ja?«, rief John.
    Die Tür ging auf. William betrat das Arbeitszimmer. »Störe ich dich?«, fragte er unsicher. »Komm rein«, sagte John.
    William schloss leise die Tür hinter sich. Er schien innerlich zerrissen, gequält, von schlechten Gedanken getrieben.
    »Ich habe noch kein Auge zugekriegt, John.«
    »Ich arbeite auch,William. Beklage ich mich deswegen?«
    »Ich wollte dir sagen ...«
    John blickte kurz zu seinem Bruder auf.
    »Du kannst auf mich zählen!«, sagte William leise.
    »Das haben wir ja gesehen, William. Ist das alles, was du mir zu sagen hast?«
    »Wieso bist du so hart, John?«
    »Das Leben ist hart zu mir, William. Ich nehme diese Härte an. Ich beklage mich nicht. Es ist auch hart, mit anzusehen, wie der eigene Bruder die Flucht ergreifen will. Ich beklage mich nicht darüber, William. Ich akzeptiere es. Tu mir also einen Gefallen: Spiel nicht das Opfer. Du bist ein Täter, William.«
    John wandte sich wieder seinen Schreibarbeiten zu. William stand da und schwieg. Nach einer

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