Das Große Spiel
habe nie behauptet, dass meine Geschäfte keine Risiken bergen. Nie! Wenn alle Geschäfte Gewinn bringend wären, würden alle Menschen Geschäfte tätigen. Ich bin ein Law, William, weder unbedeutend noch gering. Ich habe einen Plan zur Sanierung des Haushalts. Und ich halte an diesem Plan fest. Weil er richtig ist. Und daran kann mich niemand hindern. William.«
»Wir sollten gehen, William«, bat Rebecca mit ängstlicher Stimme, »wir sollten sofort von hier weggehen.« Sie war den Tränen nahe.
»Habe Mut, William«, sagte Catherine und erhob sich von ihrem Sitz, »unterscheide dich von anderen Menschen! Zeige Stärke!«
»Sei still«, bat Rebecca, »ich kann das alles nicht mehr hören, wir sollten Paris verlassen und nach London zurückkehren!«
»Es ist zu spät«, antwortete William resigniert. Nach einer Weile sagte er: »Ich werde meine Handfeuerwaffen laden.«
»Endlich ein konstruktiver Vorschlag.« John Law lächelte.
Der Duc de Saint Simon empfing John Law mit offenen Armen: »Man erzählt sich, Sie hätten sich in der Bank verbarrikadiert. Ich werde bezeugen, dass dem nicht so ist.«
John Law grinste. Aber es war nicht zu übersehen, dass ihm die letzten Wochen arg zugesetzt hatten. Sein Blick war flüchtig, unruhig, als erwarte er jeden Augenblick eine neuerliche Katastrophe.
»Haben Sie mit dem Regenten gesprochen?«, fragte John Law ohne Umschweife.
»Ja«, antwortete Saint Simon ernst und senkte den Blick, »der Regent befindet sich in einer misslichen Lage. Mit seinem liederlichen Leben hat er das gesamte Parlament gegen sich aufgebracht. Sie wollen ihn stürzen. Gegen alles, was der Regent beschließt, erheben sie Einspruch. Alles wollen sie rückgängig machen. Der Regent wird einige Bauernopfer bringen müssen, wenn er diese Krise überstehen will.«
»Sie meinen mich?«
»Er hat keine Wahl, Monsieur Law, das Parlament will Sie hängen sehen. Es war sehr unvorsichtig, hierher zu kommen. Sehr unvorsichtig.«
Saint Simon schwieg. Irgendwo hörte man eine Tür schlagen. John Law fuhr zusammen.
»Es ist nur mein Diener, Monsieur Law. Er wartet draußen.«
»Sagen Sie dem Regenten, dass er Stärke zeigen muss. Es wird ihn nicht retten, wenn er mich fallen lässt. Es wird ihn nur näher an den Abgrund bringen. Sagen Sie ihm, dass ich Frankreich zu einer neuen Blüte verhelfen werde. Aber er muss durchhalten.«
Saint Simon schwieg.
Nach einer Weile fragte Law: »Werden Sie ihm das ausrichten?«
Saint Simon nickte.
»Noch heute?«, fragte John Law.
»Ja«, antwortete Saint Simon, »ich fahre Sie in meiner Kutsche nach Hause zurück. Das ist am sichersten. Anschließend fahre ich zum Palais Royal.«
Als die Familien von John Law und William Law zu Abend aßen, wurde kaum ein Wort gewechselt. Auch die Diener schienen bedrückt. Es war offenbar kein Geheimnis mehr, dass man John Law hängen sehen wollte.
»Es ist wohl besser«, sagte John Law nach einer Weile, »wenn ihr euch für eine frühestmögliche Abreise vorbereitet.«
»Und du?«, rief John junior.
»Mich werden sie nicht gehen lassen. Ich werde hier bleiben.«
Der dreizehnjährige John wandte sich an seinen Onkel William. Der starrte auf seinen Teller und schwieg.
»Ich werde auch hier bleiben«, sagte Catherine nach einer Weile.
»Ich auch«, sagte John junior. Und seine Schwester Kate nickte eifrig mit dem Kopf. Vor lauter Angst brachte sie längst kein Wort mehr heraus. Jetzt blickten alle zu William hinüber. Er starrte immer noch auf seinen Teller, als hätte ihn eine Erbse in der Gemüsesuppe hypnotisiert.
Kapitel XIII
PARIS, 26. AUGUST 1718
Um fünf Uhr in der Früh vernahm man in den Gassen rund um das Palais Royal Tambourwirbel. Mehrere hundert Musketiere und Gardesoldaten versammelten sich im Hof des Palais und standen Spalier. Nach und nach trafen die ersten Kutschen mit den Parlamentariern ein. Sie versammelten sich vor dem Palais Royal und begaben sich dann zu Fuß zu denTuilerien. Zwei Stunden später - in den Straßen hatte sich bereits eine große Menge Schaulustiger eingefunden - wurden die Flügeltüren des Gardesaals geöffnet. Die Parlamentarier betraten das Gebäude. Im großen Vorzimmer, in dem der junge König Louis XV. gewöhnlich zu speisen pflegte, war ein Throngericht installiert worden. Im hinteren Teil des Saales war eine Bühne errichtet worden.Vier Stufen führten hinauf. In der Mitte der Bühne stand der Thron. Man hatte einen goldbestickten Baldachin darüber
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