Das große Wawuschel-Buch
Gefallen tun konnte. Außerdem hoffte er, dass der Wawuschelonkel ihn kraulen würde.
Aber der Wawuschelonkel schob ihn fort.
»Ich will Menschenzündhölzer«, grunzte er bockig. »Was die Menschen haben, ist besser.«
»Quatsch«, brummte der Wawuschelvater.
»Unfug«, piepste die Wawuschelgroßmutter.
»Kümmere dich nicht um die Menschen«, jammerte die Wawuschelmutter, die Angst um die Haare hatte.
Nur Wuschel sprang auf und rief:
»Der Onkel hat recht! Die Menschen haben wirklich viel bessere Sachen als wir. Zum Beispiel diese Eisenbahndinger, die durch den Bergtunnel fahren. Neulich hab ich sie mal gesehen …«
Er kam nicht zu Ende mit seinem Satz, denn jetzt sprang auch der Wawuschelvater auf. Er packte Wuschel beim Kragen und donnerte:
»Hast du dich etwa bei den Schienen herumgetrieben? Ich habe es strengstens verboten! Bist du trotzdem hingegangen?«
Wuschel schüttelte den Kopf und versuchte gleichzeitig, ihn so tief wie möglich einzuziehen. Wenn der Wawuschelvater donnerte, bekam es sogar der großmäulige Wuschel mit der Angst zu tun.
»Nei-hei-ein«, stotterte er, »bloß von Weitem …«
»Das will ich dir auch geraten haben«, brummte der Wawuschelvater. »Bei den Schienen ist es viel zu gefährlich für uns kleine Wawuschels. Eine Wawuscheltante von uns, die ist einmal in die Nähe von diesen Eisenbahndingern gegangen, und glatt davongeweht hat es sie, glatt davongeweht. Merkt euch das! Bleibt weg von den Schienen, ein für alle Mal, basta!«
Und wenn der Wawuschelvater »basta« sagte, dann meinte er es auch.
Damit war das Frühstück zu Ende. Niemand kann behaupten, dass es ein besonders fröhliches Frühstück gewesen war. Im Gegenteil! Aber es sollte noch viel schlimmer kommen. Es gibt ein Sprichwort, das heißt: »Ende gut, alles gut.« Wenn man es umdreht, wird »Anfangschlecht, alles schlecht« daraus. Genau das passte auf diesen Tag! Schlecht hatte er angefangen und ebenso schlecht sollte er weitergehen. Nur dass es die Wawuschels noch nicht wussten. Ahnungslos stopfte sich der miesepetrige Wawuschelonkel eine Pfeife, der Wawuschelvater machte sich daran, einen wackeligen Stuhl zu reparieren, und die uralte Wawuschelgroßmutter legte sich zu einem Nickerchen nieder. Die Wawuschelmutter aber sagte zu ihren Kindern:
»Los, los, Wuschel und Wischel, geht in den Wald und sucht Beeren. Der Sommer ist kurz und der Winter lang. Ich muss eine Menge Marmelade kochen, damit wir nicht verhungern. Und wenn ihr ein paar Tannenzapfen findet, bringt sie nur mit. Ein bisschen Tannenzapfenmarmelade zwischendurch kann nichts schaden. Vater mag sie so gern.«
»Nicht nur Vater«, sagte Wuschel, »ich auch.«
Die Wawuschelkinder nahmen ihre Körbe und liefen in den Wald. Der Drache begleitete sie. Denn für ihn gab es nichts Schöneres, als mit Wuschel und Wischel spazieren zu gehen.
2. Kapitel
Einer fliegt fort, der andre kommt wieder
Wollen wir zu der großen Birke gehen?«, fragte Wischel. »Dort gibt es dicke Beeren. Und viel.«
Wuschel schüttelte den Kopf.
»Oder dorthin, wo die umgeschlagenen Bäume liegen?«
Wuschel schüttelte wieder den Kopf.
»Wohin willst du denn?«, fragte Wischel. Wuschel zeigte mit der Hand geradeaus.
»Dorthin.«
»Aber Wuschel! Dort sind doch gar keine Himbeeren, dort sind doch …«
Vor Schreck setzte sie sich ins Moos. Denn dort hinten liefen die Eisenbahnschienen durch den Wald!
»Wuschel«, sagte Wischel mit bibbernder Stimme, »du willst doch nicht etwa …?«
Dabei brauchte sie nur Wuschels Gesicht anzusehen, um zu wissen, was er vorhatte.
»Willst du … willst du etwa zu den Eisenbahnschienen?«, fragte sie trotzdem.
»Ja«, antwortete Wuschel bockig, »genau! Denkst du, ich habe Lust, die Dinger bloß immer aus der Ferne donnern zu hören und nie zu wissen, wie sie aussehen? Das ist ja zum Haareausreißen.«
»Der Wawuschelvater hat es doch verboten«, jammerte Wischel, aber damit kam sie bei ihrem Bruder schlecht an.
»Der Wawuschelvater verbietet alles, was spannend und interessant ist«, sagte er. »Wenn es nach dem Wawuschelvater geht, bekomme ich in meinem ganzen Leben nichts Vernünftiges zu sehen. Denkst du, ich will immer so blöd bleiben wie du?«
Das war ungerecht von Wuschel. Jedermann wusste, dass Wischel nicht blöd war, sondern klug, sehr klug sogar. Sie nämlich und kein anderer hatte Lesen gelernt und die ganze Wawuschelfamilie vor dem schrecklichen Mamoffel gerettet! Sogar der Drache wusste das und
Weitere Kostenlose Bücher