Das große Zeitabenteuer
vor, denn im gleichen Augenblick hämmerten draußen Fäuste gegen die Tür.
»He, Sarge! Eine Tür!« sagte eine undeutliche Stimme. Verschiedene Stimmen, Faustschläge, dann ein schwerer Tritt.
»Da kann er nicht durch sein, Dummkopf! Die Tür ist abgeschlossen!«
»Aber wenn der Kerl wirklich eine Art Hexenmeister ist…«
»Richtig, was macht ihm dann eine verschlossene Tür aus?«
O'Leary stand in einem niedrigen Gang, der an den anderen erinnerte, durch den er in Adorannes Zimmer geführt worden war. Der Gang gehörte vermutlich zu einem ganzen System, das den Palast durchzog. Mit etwas Glück konnte er die Gemächer der Prinzessin erreichen und ihr alles erklären, ohne sich blicken lassen zu müssen.
Er schlich weiter, nachdem seine Augen sich an den schwachen Lichtschein gewöhnt hatten, der hier und dort durch Mauerritzen hereinfiel. Der Gang führte zehn Meter geradeaus und bog dann rechtwinklig ab. Lafayette öffnete die dort angebrachte Tür und betrat einen großen Raum, in dem hohe Metallkästen mit zahlreichen Schaltern, Knöpfen und bunten Lichtern standen. An der rechten Wand waren mehrere Bildschirme über einer Art Steuerpult angebracht.
Die ganze Einrichtung erinnerte O'Leary an eine Kommandozentrale für einen Raumschiffstart. Aber wie ließ sich das mit der technischen Entwicklung des Königreiches Artesia vereinbaren? Natürlich gab es im Palast elektrisches Licht, und Lafayette hatte einige primitive Maschinen in Gebrauch gesehen – aber dieses Zeug hier war erheblich fortschrittlicher. Ob Nicodaeus etwas damit zu schaffen hatte? Das mußte es sein! Mit dem Hof Zauberer war ganz entschieden nicht alles in Ordnung. Zum Beispiel die Kamera …
Aber er wollte schließlich Adoranne finden. Lafayette schloß die Tür und stellte fest, daß sie mit einer Stahlplatte verstärkt war und schwer aufzubrechen sein mußte. Er folgte dem Gang und kam an einer schweren Tür vorbei, deren typische Form ihm verriet, daß dahinter ein Kühlraum lag. Wieder eine moderne Erfindung; wahrscheinlich lagerte Nicodaeus dort leichtverderbliche Lebensmittel, die er später auf wunderbare Weise zum Vorschein bringen konnte. Schließlich mußte jeder König begeistert sein, wenn sein Hofzauberer ihm mitten im Winter tiefgekühlte Erdbeeren servierte.
Zehn Meter weiter endete der Gang plötzlich. Lafayette klopfte die Wände ab, machte sich enttäuscht auf den Rückweg – und blieb erschrocken stehen, als er vor sich ein leises Geräusch hörte. Er hielt den Atem an und glaubte auch eine Bewegung zu erkennen. Irgend etwas näherte sich ihm – es war massig, gebückt, nur hüfthoch. O'Leary schluckte trocken. Kein Wunder, daß die Gänge verlassen waren; normalerweise glaubte er nicht an Gespenster, aber hier …
Das Ding kam näher, war kaum noch zwei Meter von ihm entfernt, lauerte in der Dunkelheit. O'Leary stellte sich teuflische Augen vor, die ihn scharf beobachteten, gebleckte Reißzähne, die bald zupacken würden. Er suchte in seinen Taschen nach einer Waffe, fand jedoch keine. Aber er konnte nicht ruhig abwarten, bis er verschlungen wurde; lieber wollte er den unbekannten Gegner mutig angreifen. Er holte tief Luft, spannte die Muskeln an und …
»Hallo, Sir Lafayette«, sagte ein tiefer Baß. »Was tun Sie hier unten?«
O'Leary sprang auf, stieß sich den Kopf an und lehnte mit zitternden Knien an der Wand. »Yokabump«, keuchte er. »Seltsam, daß wir uns hier unten treffen!«
7
»Sie haben noch Glück gehabt, daß ich Ihnen zufällig begegnet bin«, sagte Yokabump wenige Minuten später. »Ziehen Sie den Kopf ein; hier ist der Gang niedriger.«
Lafayette folgte ihm durch eine gut getarnte Tür am Ende des Korridors. »Du hast recht«, gab er zu. »Ich hätte die Treppe nie gefunden. Wie viele Leute wissen eigentlich, daß es in ihren Zimmern Geheimtüren gibt?«
»Nicht viele.«
»Na, wenn ich demnächst wieder einmal gejagt werde, weiß ich wenigstens, wo ich mich verstecken kann.«
»Hier gibt es einige, die der Meinung sind, ich dürfte Ihnen nicht helfen«, sagte der Zwerg.
»Ich kann dir erklären, wie ich ins Schlafzimmer der Prinzessin geraten bin …«, begann Lafayette.
»Lassen wir das, Sir. Ich bin nur der Hofnarr; ich sorge für gute Laune und überlasse es den Adligen, ihre Probleme zu lösen. Aber ich habe Vertrauen zu Ihnen.«
»Weil ich den Ring mit der Axt und dem Drachen trage?«
»Nein, die Sage interessiert mich nicht. Außerdem hat der alte Gory sich die
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