Das große Zeitabenteuer
Berichte als reinen Aberglauben abgetan! Trotzdem durfte er nicht aufgeben. Irgend etwas würde ihm schon einfallen…
Das große Reptil bewegte sich und drehte den Kopf nach rückwärts; O'Leary hörte die Schuppen leise knarren. Jetzt sah das Ungeheuer wieder in seine Richtung, knurrte tief, hob einen Fuß und kam näher.
Lafayette griff in die Tasche und holte eine Handvoll Karamellenküsse heraus, die er dem herankommenden Monstrum entgegenwarf. Der Rachen öffnete sich verblüffend schnell und verschlang die Leckerbissen. O'Leary wollte fortlaufen, stolperte und fiel zu Boden. Der Schatten des Ungetüms fiel über ihn. Er versuchte an Colby Corners zu denken – lieber in der Bucht ertrinken, als von einem Dinosaurier gefressen werden –, konnte sich aber nicht genügend konzentrieren.
Er hörte ein lautes Schmatzen über sich und hob vorsichtig den Kopf. Das Iguanodon hockte vor ihm und kaute nachdenklich auf den Karamellen herum. O'Leary zögerte unentschlossen. Sollte er liegenbleiben und darauf hoffen, daß der Saurier ihn vergaß, oder sollte er die Flucht wagen, solange das Ungeheuer beschäftigt war?
Eine spitze Zunge angelte nach der letzten Karamelle, die zu Boden gefallen war; dann hielt das Ungetüm den Kopf schief und betrachtete O'Leary, der unter diesem Blick zusammenzuckte.
Lafayette kroch auf Händen und Knien rückwärts. Der Dinosaurier beobachtete ihn und kam wieder einen Schritt näher. O'Leary kroch schneller; der Gigant folgte. Nachdem dieses Wettrennen zehn Minuten gedauert hatte, sank Lafayette atemlos zusammen. Wenn das Ding ihn fressen wollte, konnte er es nicht daran hindern. Aber vielleicht war es doch irgendwie abzulenken?
Verschwinde, dachte O'Leary angestrengt. Dir ist eben dein … dein Weibchen eingefallen, und du mußt jetzt fort.
Keine Wirkung. Das Ungeheuer war zu nahe. Er konnte sich nicht genügend konzentrieren. Und jetzt sank der große Kopf herab, der gefährliche Rachen öffnete sich. Es war soweit! Lafayette schloß die Augen …
Nichts geschah. Er öffnete sie wieder. Der Kopf des Reptils war keine zwei Meter von ihm entfernt – und der Ausdruck in seinen Augen war… hoffnungsvoll?
O'Leary setzte sich auf. Vielleicht war das Ding kein Menschenfresser. Vielleicht war es zahm. Vielleicht…
Natürlich! Er hatte doch ein Reittier bestellt! Das war die Erklärung! Als er sich damals im Palast ein Bad gewünscht hatte, war das nächstbeste geliefert worden. Diesmal hatte er irgendwie den Drachen herbeizitiert – und das Ungetüm mochte Karamellen!
O'Leary warf dem Dinosaurier noch einen Bonbon zu, den er wie ein Hund aufschnappte – nur das Geräusch, mit dem die Kiefer zusammenklappten, war erheblich lauter. Lafayette ließ eine Handvoll Karamellen folgen und beobachtete, wie das Ungeheuer genüßlich zu kauen begann. Vielleicht achtete es jetzt nicht auf ihn? Er schlich so unauffällig wie möglich davon. Das Iguanodon sah ihm nach. Zehn Meter, fünfzehn Meter; nur noch um den nächsten Felsvorsprung, dann wollte er losrennen.
Das Reptil setzte sich in Bewegung und tappte hinter ihm her. O'Leary blieb stehen; das Ungetüm hielt ebenfalls an.
»Verschwinde!« krächzte Lafayette und schwenkte die Arme. Der Dinosaurier betrachtete ihn ernst – fast erwartungsvoll.
»Hau endlich ab!« brüllte O'Leary. Dann fiel ihm etwas ein. Schließlich schien festzustehen, daß der Saurier das gewünschte Reittier darstellen sollte. War das möglich? Immerhin konnte er wenigstens einen Versuch wagen, da sich das Biest nicht abschütteln ließ. Auf dem Rücken des Ungeheuers war er bestimmt ebenso sicher wie unter dessen Nase – und hatte er nicht in dem Buch gelesen, das Iguanodon sei ein Pflanzenfresser?
O'Leary richtete sich auf, nahm die Schultern zurück und schlich behutsam vorwärts. Der Dinosaurier bewegte den Kopf und sah ihm nach. Er blieb vor einem Bein stehen, schüttelte den Kopf und ging weiter in Richtung Schwanz. Hier bestand schon eher Aussicht. Das Iguanodon wartete geduldig, bis Lafayette seinen Rücken erklettert hatte, was ohne größere Schwierigkeiten möglich war; O'Leary setzte sich rittlings auf den Hals, und das Ungetüm richtete sich auf, so daß er fünf Meter über dem Boden schwebte. Aus dieser Höhe hatte er einen herrlichen Blick über die Wüste; weit vor sich im Westen glaubte er einen schwachen Lichtschein zu sehen. Das mußte Lods Räuberburg sein.
»Vorwärts!« befahl er und gab seinem Tier die Sporen. Der Dinosaurier trabte
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