Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Alejandro, ja sogar Bulle. Der Ruhm der Kapelle festigte sich, und die Kerle, die sich die Unbezwingbaren nannten, verbreiteten ihn in der Stadt. Principales kamen zu Angélica Mercedes, Fremde, und eines Abends brachten die Unbezwingbaren einen stutzerhaft gekleideten Weißen an, der eine Serenade darbringen wollte. Er kam später wieder und holte die Kapelle in einem Lieferauto ab, das eine Staubwolke aufwirbelte. Aber nach einer halben Stunde kamen die Unbezwingbaren allein wieder an: »Der Vater des Mädchens ist wütend geworden, hat die Polente gerufen, die haben sie in die Comisaría gebracht.« Sie wurden eine Nacht in Haft gehalten, und am folgenden Morgen kamen Don Anselmo, der Jüngling und der Bulle vergnügt wieder; sie hatten den Guardias vorgespielt, und die hatten sie zu Kaffee und Zigaretten eingeladen. Und kurze Zeit später entführte derselbeWeiße das Mädchen, und als er mit ihr zurückkehrte, um zu heiraten, engagierte er die Kapelle, damit sie auf der Hochzeit spielte. Aus allen Hütten kamen Mangaches zu Patrocinio Naya, denn Don Anselmo, der Jüngling und der Bulle sollten gut gekleidet hingehen. Die einen liehen ihnen Schuhe, andere Hemden, die Unbezwingbaren brachten Anzüge und Krawatten an. Seitdem war es zum Brauch geworden, daß die Weißen die Kapelle zu ihren Fiestas und Serenaden engagierten. Viele Mangache-Trios lösten sich auf und bildeten sich dann wieder neu, doch dieses blieb dasselbe, wurde nicht größer und nicht kleiner, und Don Anselmos Haar war schon weiß, sein Rücken gekrümmt, er schlurfte beim Gehen, und der Jüngling war schon längst keiner mehr, aber an ihrer Freundschaft und ihrem Zusammenhalt änderte sich nichts.
Jahre danach starb Domitila Yara, die Santera 15 , die gegenüber der Chichería von Angélica Mercedes wohnte, Domitila Yara, die Betschwester, immer in Schwarz, das Gesicht verschleiert, dunkle Strümpfe, die einzige Santera, die in der Mangachería geboren war. Wenn Domitila Yara des Weges kam, knieten die Mangaches nieder und erbaten ihren Segen: sie brummelte ein paar Gebete, machte ihnen das Kreuz auf die Stirn. Sie besaß ein Bild der Jungfrau mit rosa, blauen und gelben Bändern, die den Haarschmuck abgaben, und eingewickelt in Zellophanpapier. Von dem Bild hingen einige aus Drähten und Luftschlangengemachte Blumen herab, und unter dem blutenden Herzen sah man ein mit der Hand geschriebenes Gebet, eingespannt in einen Rahmen aus Blech. Das Bild wiegte sich auf der Spitze eines Besenstiels, und Domitila Yara führte es stets mit sich, hielt es hoch wie einen Wimpel. Wo immer Entbindungen, Todesfälle, Krankheiten, Unglücksfälle waren, da stellte sich die Santera mit ihrem Bild und ihren Gebeten ein. Von ihren pergamentartigen Fingern baumelte bis zum Boden ein Rosenkranz mit Ave-Maria-Perlen so groß wie Kakerlaken. Es hieß, Domitila Yara habe Wunder vollbracht, spreche mit den Heiligen und kasteie sich des Nachts. Sie war mit Padre García befreundet, und die beiden pflegten zusammen, langsam und finster, auf der Plazuela Merino und in der Avenida Sánchez Cerro spazierenzugehen. Padre García kam zur Totenwache der Santera. Er gelangte kaum hinein, mit Stößen bahnte er sich einen Weg durch die vor der Hütte zusammengedrängten Mangaches und schimpfte schon, als er die Türschwelle erreichte. Da sah er die Kapelle, die neben der Toten Tristes spielte. Er schnappte über: mit einem Fußtritt trat er dem Bullen das Fell der Trommel durch und wollte auch die Arpa zertrümmern und die Saiten von der Gitarre reißen, und dabei zu Don Anselmo: »Pest von Piura«, »Sünder«, »hinaus mit dir«. »Aber Padre«, stotterte der Arpista, »wir haben ihr zu Ehren gespielt«, und Padre García, »ihr entweiht ein lauteres Haus«, »laßt die Verstorbene in Frieden«. Und dieMangaches verloren schließlich die Geduld, das war nicht gerecht, er beleidigte den Alten ohne Grund, das ließen sie nicht zu. Und zuletzt kamen die Unbezwingbaren herein, hoben den Padre García hoch, und die Frauen, Sünde, Sünde, alle Mangaches würden in die Hölle kommen. Sie trugen ihn bis zur Avenida, er strampelte in der Luft, wie eine Tarantel, und die Kinder schrien ihm zu: Brandstifter, Brandstifter, Brandstifter. Der Padre García setzte nie wieder Fuß in die Mangachería und spricht seit damals auf der Kanzel von den Mangaches als vorbildlich schlechten Beispielen.
Die Kapelle war noch lange Zeit bei Angélica Mercedes. Niemand hätte geglaubt, daß sie eines
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