Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Stimme: »Wenn’s zu Haus keine Liebe gibt, sucht man sie woanders.«
Er zwinkerte den Unbezwingbaren lustlos zu und ging ins Nebenzimmer. Man hörte ihn eine Tonada pfeifen, Sprungfedern quietschten. Sie tranken weiter, ein Glas, schweigend, zwei Glas, und beim dritten begann das Schnarchen: tief, methodisch. Da tauchten auch die wilden Tierchen wieder auf, trocken und verkniffen hinter den Haaren.
»Dieser Nachtdienst verdirbt ihm die gute Laune«, sagte der Affe. »Achten Sie nicht darauf, verehrte Frau Base.«
»Was für eine Art, die Frau zu behandeln«, sagte Josefino und suchte die Augen Bonifacias, aber die sah den Affen an. »Ein richtiger Polyp.«
»Und Sie, verehrter Herr, Sie wissen, wie man Frauen behandelt, nicht wahr?« sagte José und warf einen Blick auf die Tür: langgezogenes, gewichtiges Schnarchen.
»Freilich«, Josefino lächelte und robbte auf der Matte an Bonifacia heran. »Wenn sie meine Frau wäre, würd ich nie Hand an sie legen. Ich meine, um sie zu verhauen.«
Furchtsam geworden, erschreckt, studierten die Tierchen eingehend die verwaschenen Wände, die Balken, die blauen Fliegen, die am Fenster summten, die Goldkörnchen, die in den Lichtprismen schwebten, die Maserungen in der Wandverkleidung. Josefino hielt inne, sein Kopf berührte die schuhlosen Füße, die zurückwichen, und die Leóns, du bist der Wurm-Mensch, und Josefino, die Schlange, die Eva versucht hat.
»In Santa María de Nieva gibt’s keine solchen Straßen wie hier«, sagte Bonifacia. »Sind ungepflastert, und es regnet so viel, da ist’s ein Brei. Da würden die hohen Absätze einsinken und die Frauen könnten nicht gehen.«
»Wie auf Eiern gehen, so eine hundsgemeine Gemeinheit«, sagte Josefino. »Außerdem ist’s nicht wahr. Wo sie so ein hübsches Gangwerk hat. Viele Frauen wünschten, sie könnten so gehen wie sie.«
Die Köpfe der Leóns wandten sich abwechselnd zur Tür: einer hin, einer her. Und Bonifacia fing, noch einmal, zu zittern an, danke für das, was er da sagte, ihre Hände, ihr Mund, aber sie wußte, das sagte er nur so, und vor allem ihre Stimme zitterte, im Grunde meinte er es aber nicht. Und die Füße wichen aus. Josefino steckte den Kopf unter den Stuhl, und seine Stimme klang zögernd und undeutlich, von ganzem, ganzem Herzen meinte er es, langsame, schwerelose Worte, voller Honig, und noch tausend andere Dinge, wären sie allein, würde er sie ihr sagen.
»Lassen Sie sich von mir nicht stören, Herr Unbezwingbar«, sagte der Affe. »Tu, als wenn du zu Haus wärst, und hier sitzen bloß zwei Taubstumme. Wenn du willst, können wir ja gehen und nachsehen, ob’s regnet. Ganz wie ihr zwei wollt.«
»Ja, geht, geht«, wie abgeleckt, melodisch, »laßt mich allein mit Bonifacia, damit ich sie ein bißchen trösten kann.«
José hustete, stand auf und schlich auf Zehenspitzenzur Tür. Grinsend kam er zurück, der war wirklich fertig, schlief wie ein Murmeltier, und die gespannten, hüpfenden Tierchen studierten unermüdlich das Holz der Stellage, die Stuhlbeine, den Rand der Matte, den langen, liegenden Körper.
»Der Base gefallen Komplimente nicht«, sagte der Affe. »Sie ist rot geworden, Josefino.«
»Du kennst die Piuraner noch nicht, Base«, sagte José. »Denk nicht schlecht von uns. So sind wir, die Frauen bringen uns zum Reden.«
»Los, Bonifacia«, sagte Josefino. »Sag, sie sollen nachsehen, ob’s regnet.«
»Die sagt’s Lituma, wenn du so weitermachst«, sagte der Affe. »Und der Vetter wird böse werden.«
»Soll’s ihm doch sagen«, klebrig, lauwarm, »macht mir nichts aus. Ihr kennt mich genau, wenn eine Frau mir gefällt, dann sag ich’s ihr, ganz gleich, wer’s ist.«
»Dir ist die Algarrobina zu Kopf gestiegen«, sagte José. »Red nicht so laut.«
»Und Bonifacia gefällt mir«, sagte Josefino. »Damit sie’s gleich weiß!«
Bonifacias Hände umklammerten ihre Knie und sie hob den Kopf: ihre Lippen lächelten heldenhaft unterhalb der entsetzten Tierchen.
»Hast du’s aber eilig, Gevatter!« sagte der Affe. »Meister im Hundertmeterrennen.«
»Laß jetzt gut sein«, sagte José. »Du machst ihr ja angst.«
»Wenn er das hörte, würd er grob werden«, stammelteBonifacia; sie blickte erst Josefino an, der warf ihr eine Kußhand zu, und dann zur Decke, auf den Sims, den Fußboden. »Wenn er’s wüßte, würd er grob werden.«
»Soll er doch, wenn schon«, sagte Josefino. »Soll ich euch was sagen, Jungens? Bonifacia kommt nicht drum rum, eines Tages
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