Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
den Dünen und den Wolken, Schatten, die sich im Sand spiegeln, dann gefiederte Säcke im Sand, gekrümmte Schnäbel, beißendes Krächzen, und dann zieh deinen Revolver, bring ihn um, und da ist noch einer und knall ihn nieder, und die Insassinnen, was haben Sie denn, Patrón, warum dieser Haß auf die Aasgeier, was haben Ihnen die denn getan, und du peng! Scheißvieh, mach’s nieder, mach ein Sieb draus.Als Mitleid, Zuneigung verkleidet. Geh du auch hin, ist doch nichts dabei, kauf ihr Pralinen, Bonbons, Karamellen. Mach die Augen zu und dann, wiederum, der Wirbel der Träume, du und sie im Turm, muß sein wie das Arpaspielen, leg die Fingerkuppen aneinander und fühl sie, aber es ist bestimmt noch weicher als Seide und Baumwolle, ist bestimmt wie Musik, mach die Augen noch nicht auf, berühr weiter ihre Backen, wach nicht auf. Zuerst Neugierde, dann etwas wie Mitgefühl und, auf einmal, Angst vorm Fragen. Sie reden, die Banditen von Sechura, sie haben sie überfallen und umgebracht, die Frau war splitternackt, wie sie sie gefunden haben, unvermittelt ihr Name, die Ärmste, sagen sie, und jetzt plötzlich diese Wärme, die Zunge, die stammelt, was hab ich nur, die Weiber werden argwöhnen, was hab ich nur. Oder, wenn nicht, ein Principal in der ›Estrella del Norte‹, der bringt sie, bestellt ihr eine Erfrischung, Atemnot, Neid, muß gehen, Wiedersehen, der Sand, das grüne Portal, eine Flasche Schnaps, nimm die Arpa mit hinauf in den Turm, spiel. Zuneigung, Mitleid? Jetzt legte sie die Verkleidungen schon ab. Und an dem Morgen ist sie, wie jetzt, durchsichtig. Die Insassinnen alle, die ist alt, nehmen Sie sie nicht, vielleicht sogar krank, zuerst soll der Doktor Zevallos sie untersuchen, du, wie hast du gesagt, daß du heißt? mußt deinen Namen wechseln. Antonia geht nicht. Und sie, wie Sie wollen, Patrón, hat eine, die Sie lieb gehabt haben, so geheißen? und dann, wiederum, das Rotwerden,das lauwarme Pulsieren unter der Haut und, ungestüm, die Wahrheit. Die Nacht ist faul, schlaflos, im Fenster nur das eine Schauspiel: oben die Sterne, in der Luft die langsame Sintflut des Sandes und, zur Linken, Piura, Lichter im Dunkeln, die weißen Umrisse von Castilla, der Fluß, die Alte Brücke wie eine große Eidechse zwischen den Ufern. Aber die lärmende Nacht soll schnell zu Ende gehen, der Tag soll grauen, nimm die Arpa, geh nicht runter, sosehr sie dich auch rufen, spiel im Dunkeln für sie, sing ganz leise für sie, sanft, ganz langsam, komm, Toñita, ich spiel dir eine Serenade, hörst du’s? Der Spanier ist nicht tot, dort steht er, an der Ecke bei der Kathedrale, sein blaues Taschentuch um den Hals, seine Stiefeletten blank wie Spiegel, die Weste unter dem weißen Rock, wieder diese kleine Hitze, die Wellen, die die Venen anschwellen lassen, der schnelle Puls, der wachsame Blick, geht er zum Pavillon? ja, geht er zu ihr? ja, lächelt er sie an? ja. Und wiederum sie, sonnt sich, reglos, unwissend, ganz ruhig, ringsherum Schuhputzer und Bettler, Don Eusebio vor ihrer Bank. Jetzt hat sie’s schon gemerkt, spürt die Hand am Kinn, hat sie sich aufgesetzt? Ja, redet er mit ihr? Ja. Erfind, was er zu ihr sagt: Guten Tag, Toñita, hübscher Morgen, die Sonne macht warm, brennt aber nicht, schade, daß es Sand regnet, oder wenn du das Licht sehen könntest, wie blau der Himmel ist, genau wie das Meer in Paita und dann, das Pochen der Schläfen, die Wogen stürzen übereinander, das Herz geht einemdurch, der Sonnenstich im Innern. Kommen sie miteinander? ja, zur Terrasse? ja, hält er ihren Arm? ja, und Jacinto, fühlen Sie sich nicht wohl, Don Anselmo? sind ganz blaß geworden, du, ein bißchen müde, bring mir schon einen Kaffee und ein Glas Pisco, direkt auf deinen Tisch zu? ja, steh auf, streckt die Hand aus, Don Eusebio, wie geht’s, er, mein Lieber, das Fräulein und ich werden Ihnen Gesellschaft leisten, gestatten Sie? Da hast du sie endlich, neben dir, schau sie furchtlos an, das ist ihr Gesicht, diese kleinen Vögelchen ihre Augenbrauen, und hinter den geschlossenen Lidern herrscht Finsternis, und hinter den geschlossenen Lippen gähnt auch eine winzige, rote und dunkle Wüste, das ihre Nase, das die Backenknochen. Schau ihre langen, braungebrannten Arme an, die Spitzen des hellen Haares, das über die Schultern herabfließt, und ihre Stirn, die glatt ist und sich mitunter runzelt. Und Don Eusebio, also dann, also dann, ein Kaffeechen mit Milch? aber gefrühstückt hast du sicher schon, lieber was
Weitere Kostenlose Bücher