Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Wonne, etwa nicht? und sie, er sollte ruhig sein, Josefino, Gott hörte zu, und er, ich faß dich bloß an und schon wirst du ganz anders, mir gefällt es, weil du so heiß bist. Er ließ sie los, sie hörte zu gurren auf, und dann weinte sie wieder.
»Er hat sich einen Dreck um dich gekümmert, Selvática«, sagte Josefino. »Mit dem Polypen hast du nur deine Zeit vergeudet. Warum tut er die so leid?«
»Weil er mein Mann ist«, sagte Bonifacia. »Ich muß nach Lima.«
Josefino bückte sich, hob die Kippe vom Boden auf, steckte sie an und einige Lausebengel hetzten um die Plaza Merino, einer war auf das Standbild geklettert, und die Fensterchen vom Haus des Padre García waren erleuchtet, es konnte doch noch nicht so spät sein, wußte sie, daß er gestern seine Uhr versetzt hatte? hatte vergessen, es ihr zu erzählen, Selvática, und ach ja, ach ja, so was von Gedächtnis: bei Doña Santos war alles vorbereitet, morgen früh.
»Ich hab mir’s anders überlegt«, sagte Bonifacia. »Ich will nicht mehr, ich geh nicht.«
Josefino schoß die Kippe hinaus auf die Plaza Merino, sie erreichte aber nicht einmal die Avenida Sánchez Cerro, und kam vom Fenster ins Zimmer zurück, und sie saß abwehrbereit da, und er, was hast du jetzt auf einmal, wollte sie ihn mit Blicken töten? er wußtelängst, daß sie hübsche Augen hatte, warum riß sie sie so auf und was war das nun wieder? Bonifacia weinte nicht mehr und hatte etwas Aggressives an sich, ihre Stimme war resolut: sie wollte nicht, es war das Kind ihres Mannes. Und womit wollte sie das Kind ihres Mannes ernähren? Und was würde sie selbst essen, bis das Kind ihres Mannes auf die Welt kam? Und was sollte Josefino mit einem Stiefsohn anfangen? Das Schlimmste vom Schlimmen war, daß die Menschen nie richtig überlegten, wozu hatten sie bloß den Kürbis, den Gott ihnen zwischen die Schultern gepflanzt hatte, wozu, Scheiße, hatten sie den denn?
»Ich kann als Dienstmädchen arbeiten«, sagte Bonifacia. »Und hinterher geh ich nach Lima.«
Als Dienstmädchen, hm? mit dem Bauch? Sie träumte wohl, niemand würde sie anstellen wollen, und wenn zufällig doch jemand, dann müßte sie Fußböden scheuern, und bei der Anstrengung würde das Kind ihres Mannes abwandern oder tot auf die Welt kommen, oder als Monstrum, sie sollte doch einen Arzt fragen, und sie, dann soll es von allein sterben, aber sie wollte es nicht umbringen: so zum Spaß.
Sie fing wieder an zu schluchzen, und Josefino setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schultern. Sie war undankbar, vergalt’s ihm schlecht. Behandelte er sie gut, ja oder nein? Warum hatte er sie zu sich genommen? weil er sie liebte, warum gab er ihr was zu essen? weil er sie liebte, und sie dagegen, und überhaupt, und trotzdem, einen Stiefsohn, damitdie Leute über ihn lachen sollten? Scheiße, ein Mann war doch kein Hanswurst. Und zudem, wieviel verlangte die Santos? Einen Haufen, eine Unmenge Geld, und anstatt ihm dankbar zu sein, flennte sie. Warum war sie so zu ihm, Selvática? Es schien, als liebte sie ihn nicht, und er sie so sehr, Cholita, und tätschelte ihren Hals und blies ihr hinter die Ohren und sie seufzte, ihr Dorf, die Madrecitas, sie wollte zurück, auch wenn’s zu den Wilden war, auch wenn’s keine Gebäude und Autos gab, Josefino, Josefino, zurück nach Santa María de Nieva.
»Du brauchst mehr Geld, um in dein Dorf zurückzukehren, als man für ein Haus braucht, Cholita«, sagte Josefino. »Du redest und redest, ohne zu wissen, was du sagst. So darf man nicht sein, Liebling.«
Er nahm sein Taschentuch aus der Tasche und trocknete ihre Augen und küßte sie und sorgte dafür, daß ihr Oberkörper sich ihm zuwandte, und umarmte sie leidenschaftlich, er kümmerte sich doch um sie, warum? alles tat er für sie, bei allem dachte er an ihr Wohl, warum, verflucht noch mal, warum? weil er sie liebte. Bonifacia seufzte, das Taschentuch vorm Mund: wieso war’s zu ihrem Wohl, wenn sie das Kind ihres Mannes umbringen sollte?
»Das ist doch nicht Umbringen, Dummchen, ist’s vielleicht schon geboren«, sagte Josefino. »Und warum plapperst du soviel von deinem Mann, wenn er gar nicht mehr dein Mann ist?«
Doch war er’s, sie hatten in der Kirche geheiratet,und vor Gott war er der einzige, der galt, und Josefino, so ein Getue, warum in alles Gott hineinziehen, Selvática? und sie, siehst du, siehst du? und er, Cholita, Dummchen, sie sollte ihm einen Kuß geben, und sie, nein, und er, was würde er mit
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