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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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paar Sekunden klingt er ganz nahe, als drängte das Rufen und Schreien nicht von der Plaza herauf, sondern als schallte es vom Obstgarten herüber, aus der Kapelle. Dann läßt es nach und ist wieder wie vorher, gemäßigter, undeutlich, harmlos, und die Oberin zuckt einmal mit der Wimper, bleibt stehen, ehe sie die Tür erreicht hat, wendet sich dem Gobernador zu, Don Julio, ohne zu lächeln, blaß, mit feuchten Lippen: der Herr würde nicht vergessen, was er für dieses Mädchen tat, die Stimme ist schmerzlich, sie wollte ihnnur daran erinnern, ein Christ müßte verzeihen können. Julio Reátegui nickt, senkt den Kopf ein wenig, verschränkt die Arme, seine Haltung ist ernst, zugleich nachgiebig und feierlich, Don Julio: im Namen Gottes bat sie ihn darum. Die Oberin spricht jetzt eifrig, und um seiner Familie willen, und ihre Wangen haben sich gerötet, Don Julio, um seiner Gattin willen, die so gut und so fromm war. Der Gobernador nickt wieder, war das schließlich nicht ein bedauernswerter, ein unglücklicher Mensch? das Gesicht immer besorgter, wie war er denn aufgewachsen? mit der linken Hand streichelt sie nachdenklich ihre Wange, wußte er denn, was er tat? und ihre Stirn hat sich in Falten gezogen. Die Kleine sieht beide verstohlen an, durch die Haare hindurch glänzen ihre Augen erschreckt, grün und wild: ihm tat das mehr weh, als sie glaubte, Madre. Der Gobernador spricht, ohne die Stimme zu heben, es war etwas, das gegen seine Natur ging und gegen seine Überzeugung, ein gewisser Verdruß schwingt mit, aber es handelte sich ja nicht um ihn, der Santa María de Nieva schon bald verließ, sondern um die, die hierblieben, Madre, um Benzas, um Escabino, um Aguila, um sie selbst, um die Mündel und um die Mission: war sie denn dagegen, daß die Gegend hier zivilisiert wurde, Madre? Aber ein Christ hatte doch andere Mittel gegen die Ungerechtigkeiten, Don Julio, sie wußte, daß er ein rechtschaffener Mann war, er konnte doch mit solchen Methoden nicht einverstanden sein. Er sollte sie zur Vernunftbringen, ihm gehorchten sie doch alle hier, sie sollten doch das nicht mit dem Unglücklichen machen. Er mußte sie enttäuschen, Madre, er bedauerte es sehr, aber auch er hielt das für die einzige Möglichkeit. Andere Mittel? Die der Missionare, Madre? Wie viele Jahrhunderte waren sie schon hier? Und wie weit waren sie mit ihren Mitteln gekommen? Es ging einzig und allein darum, künftigen Klagen zuvorzukommen, Madre, dieser Gauner und seine Leute hatten auf barbarische Weise einen Cabo aus Borja verprügelt, einen Rekruten getötet, Don Pedro Escabino hintergangen, und auf einmal widerspricht die Oberin, nein, wütend, nein, nein! hebt die Stimme: Rache üben war unmenschlich, war Sache der Heiden, und eben das taten jetzt sie mit dem Unglücklichen. Warum ihn nicht vor Gericht stellen? Warum ihn nicht ins Gefängnis stecken? Merkte er denn nicht, daß es grauenhaft war, daß man ein Menschenkind nicht so behandeln konnte? Es war nicht Rache, Madre, nicht einmal eine Strafe, Madre, und Julio Reátegui spricht leiser und streichelt mit den Fingerspitzen die schmutzigen Haare der Kleinen: es handelte sich um eine vorbeugende Maßnahme. Es tat ihm leid, hier wegzugehen und in der Mission diese schlechte Erinnerung zurückzulassen, Madre, aber es war notwendig, zum Besten aller. Er hatte Santa María de Nieva gern, die Gobernación hatte ihn seine eigenen Angelegenheiten vernachlässigen, ihn Geld verlieren lassen, aber er bedauerte es nicht, Madre, hatte er das Dorf etwanicht weitergebracht? Es gab jetzt behördliche Vertreter, bald würde ein Guardia-Civil-Posten eingerichtet werden, die Leute würden in Frieden leben können, Madre: das durfte man nicht aufs Spiel setzen. Die Mission war die erste, die ihm dankte, was er für Santa María de Nieva getan hatte, Don Julio, aber welcher Christ vermochte zu verstehen, daß ein armer Unglücklicher ermordet werden mußte? War er denn schuld daran, daß niemand ihm beigebracht hatte, was gut und was böse war? Er würde ja gar nicht getötet, Madre, auch ins Gefängnis würde man ihn nicht stecken, er sei überzeugt, daß er selbst dies dem Gefängnis vorzog. Sie hatten keinen Haß auf ihn, Madre, wollten nur, daß die Aguarunas eben das endlich lernten: was gut war und was böse war, wenn sie es nur auf diese Weise begriffen, dann war das nicht seine Schuld, Madre. Sie verharren einige Sekunden lang in Schweigen, dann gibt der Gobernador der Oberin die Hand, geht

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