Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
unter dem Hut, den er rasch aufgesetzt hat, rührt sich nicht, starrt nur auf den Piqueo, über den sich wieder die Fliegen hergemacht haben.
»Ich dulde nicht, daß ihr ihn so respektlos behandelt«, sagt Doktor Zevallos. »Haltet eure Zungen im Zaum, Jungens. Ihr habt es mit einem Geistlichen zu tun, mit einem Mann mit weißen Haaren.«
»Aber wir behandeln ihn doch gar nicht respektlos, Doktor«, sagt der Affe. »Wir sind sehr erfreut, ihn hier zu sehen, Ehrenwort, wollen nur, daß er uns die Hand gibt.«
»Ein Mangache hat es noch nie an Gastfreundschaft fehlen lassen, Doktor«, sagt José. »Guten Morgen, Doña Angélica. Das müssen wir feiern, bringen Sie was zum Trinken, damit wir mit dem Padre anstoßen. Wir wollen Frieden mit ihm schließen.«
Angélica Mercedes bringt zwei kleine Tassen Kaffee, mit ernstem Gesicht.
»Warum so böse, Doña Angélica?« sagt der Affe. »Freuen Sie sich etwa nicht über den Besuch?«
»Ihr seid das Schlimmste an dieser Stadt«, knurrt Padre García. »Die Erbsünde von Piura. Ihr könnt mich umbringen, aber ich trinke nicht mit euch.«
»Schimpfen Sie doch nicht, Padre García«, sagt der Affe.
»Wir meinen es ernst, wir freuen uns, daß Sie wieder in die Mangachería gekommen sind.«
»Verderbtes Gesindel, Vagabunden«, Padre García schlägt wieder nach den Fliegen. »Wer gibt euch das Recht, mit mir zu reden, Verruchte!«
»Nun sagen Sie, Doktor Zevallos«, sagt der Affe. »Wer benimmt sich hier wem gegenüber respektlos?«
»Laßt den Padre in Ruhe«, sagt Angélica Mercedes. »Don Anselmo ist gestorben. Der Padre und der Doktor waren bei ihm, sie haben die ganze Nacht kein Auge zugetan.«
Sie stellt die Täßchen auf den Tisch, geht in die Küche zurück, und als ihre Gestalt im Raum im Hintergrund verschwindet, hört man im Lokal nur noch das Klappern der Löffel, das schlürfende Geräusch, mit dem Doktor Zevallos seinen Kaffee trinkt, das mühsame Atmen Padre Garcías. Die Leóns sehen sich betroffen an.
»Nun wißt ihr’s, Jungens«, sagt Doktor Zevallos. »Heut ist kein Tag für Scherze.«
»Don Anselmo ist gestorben«, sagt José. »Unser Arpista ist gestorben, Affe.«
»Aber er war doch der beste Mensch, Doktor«, stammelt der Affe. »Er war doch so ein großer Künstler,Doktor, ein Held Piuras. Und der Beste von allen. Mir tut’s in der Seele weh, Doktor Zevallos.«
»Für uns alle war er wie ein Vater, Doktor«, sagt José. »Der Bulle und der Jüngling werden vor Kummer sterben, Affe. Seine Schüler, Doktor, ein Herz und eine Seele mit dem Arpista. Sie wissen ja nicht, wie die sich um ihn gekümmert haben, Doktor.«
»Wir haben’s nicht gewußt, Padre García«, sagt der Affe. »Verzeihen Sie uns die Witze.«
»Ist er einfach so gestorben, plötzlich?« sagt José. »Wo’s ihm doch gestern noch so gut ging. Gestern abend haben wir hier mit ihm gegessen, Doktor Zevallos, und er hat gelacht und gescherzt.«
»Wo ist er denn, Doktor?« sagt der Affe. »Wir müssen hingehen und ihn sehen, José, müssen uns schwarze Krawatten ausleihen.«
»Da, wo er gestorben ist, ist er«, sagt Doktor Zevallos. »Bei der Chunga.«
»Im Grünen Haus ist er gestorben?« sagt der Affe. »Ja, hat man ihn denn nicht ins Krankenhaus gebracht, den Arpista?«
»Kein Erdbeben könnte die Mangachería schlimmer treffen, Doktor«, sagt José. »Die Mangachería ohne den Arpista . . .«
Bestürzt, ungläubig schütteln sie die Köpfe und fahren in ihren Monologen und Dialogen fort, während Padre García seinen Kaffee trinkt, ohne die Tasse von den Lippen zu lösen, die hinter dem Schal kaum zu sehen sind. Doktor Zevallos hat seinen schon getrunken,und jetzt spielt er mit dem Löffelchen, versucht, es auf einer Fingerspitze im Gleichgewicht zu halten. Die Leóns verstummen endlich und setzen sich sich an einen Nebentisch. Doktor Zevallos bietet ihnen Zigaretten an. Als Angélica Mercedes nach einer Weile wieder hereinkommt, rauchen sie schweigend, verstört und mit finsterem Blick.
»Deswegen ist Lituma nicht gekommen«, sagt der Affe. »Wird der Chunguita Gesellschaft leisten.«
»Hat immer die Gleichgültige gespielt, die Eiskalte«, sagt José. »Aber im Innern wird’s ihr jetzt doch weh tun. Meinen Sie nicht, Doña Angélica? Die Stimme des Blutes.«
»Vielleicht tut’s ihr weh, schon möglich«, sagt Angélica Mercedes. »Aber bei der kann man nie wissen. War sie vielleicht eine gute Tochter?«
»Warum sagst du das, Comadre?« sagt Doktor
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