Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
letzten Centavo.«
    »Hast du nie Gewissensbisse gehabt, Fushía?« sagte Aquilino. »Das hab ich dich schon seit Jahren fragen wollen.«
    »Weil ich dem Hund Reátegui was gestohlen hab?« sagte Fushía. »Der ist reich, weil er mehr gestohlen hat als ich, Alter. Aber er hatte wenigstens etwas, wie er angefangen hat; ich nicht. Das ist immer mein Pech gewesen, mit Nichts anfangen müssen.«
    »Und wozu haben Sie eigentlich Ihren Kopf?« sagte Julio Reátegui. »Wieso haben Sie nicht einmal daran gedacht, seine Papiere zu prüfen, Don Fabio?«
    Aber er hatte sie doch verlangt, und sein Paß sah noch ganz neu aus, wie konnte er ahnen, daß er gefälscht war, Don Julio? Und außerdem kam er so gut gekleidet und redete auf so überzeugende Weise. Er hatte sich sogar gedacht, jetzt, sobald der Señor Reátegui von Santa María de Nieva zurückkommt, werd ich ihn ihm vorstellen und sie werden zusammen großartige Geschäfte machen. So unvorsichtig war man, Don Julio.
    »Und was hattest du in dem Koffer drin, Fushía?« sagte Aquilino.
    »Karten vom Amazonasgebiet, Señor Reátegui«, sagte Don Fabio. »Riesengroße, so wie die in der Kaserne. Er hat sie in seinem Zimmer aufgehängt und gesagt, das ist, damit wir wissen, wo wir das Holz herholen. Hatte Pfeile und Anmerkungen auf brasilianisch eingetragen, seltsam, nicht?«
    »Warum seltsam, Don Fabio?« sagte Fushía. »Außer dem Holz interessiert mich auch der Handel. Und manchmal ist’s nützlich, Verbindungen zu den Eingeborenen zu haben. Darum hab ich alle Stämme eingezeichnet.«
    »Sogar die vom Marañón und die von Ucayali, Don Julio«, sagte Don Fabio, »und ich hab mir gedacht, das ist aber ein Geschäftsmann, der und Señor Reátegui werden gut zusammenpassen.«
    »Weißt du noch, wie wir deine Landkarten verbrannt haben?« sagte Aquilino: »Purer Mist, die Landkartenmacher haben keine Ahnung, daß das Amazonasgebiet wie eine geile Frau ist, hält nie still. Hier ist alles in Bewegung, die Flüsse, die Tiere, die Bäume. Verrückte Gegend, die uns da zuteil geworden ist, was, Fushía?«
    »Er kennt sich auch in der Selva sehr gut aus«, sagte Don Fabio. »Sobald er wieder vom Alto Marañón kommt, werd ich ihn Ihnen vorstellen, und Sie werden gute Freunde werden, Señor.«
    »Hier in Iquitos erzählen mir alle die tollsten Dingevon ihm«, sagte Fushía. »Ich möcht ihn sehr gern kennenlernen. Wissen Sie nicht, wann er von Santa María de Nieva kommt?«
    »Er betreibt Geschäfte dort, und außerdem nimmt ihm die Gobernación viel Zeit weg, aber er kommt immer wieder auf einen Sprung herüber«, sagte Don Fabio. »Einen eisernen Willen hat er, Señor. Den hat er vom Vater geerbt, das war auch ein großer Mann. War einer der Großen während der Kautschukzeit, damals, wie Iquitos noch geblüht hat. Bei der Pleite hat er sich eine Kugel in den Kopf gejagt. Das Hemd auf dem Leib haben die verloren. Aber Don Julio hat sich wieder hochgearbeitet, ganz allein. Einen eisernen Willen hat der, sag ich Ihnen.«
    »Einmal, in Santa María, hat man ihm zu Ehren ein Essen gegeben, und da hab ich ihn eine Rede halten hören«, sagte Aquilino. »Hat von seinem Vater geredet, war sehr stolz auf ihn, Fushía.«
    »Sein Vater, von dem hat er immer geredet«, sagte Fushía. »Mir hat er ihn auch immer als Beispiel vorgehalten, bei jeder Gelegenheit, wo wir noch zusammengearbeitet haben. Ah, dieser Hund Reátegui hat immer Schwein gehabt. Ich hab ihn immer beneidet, Alter.«
    »So hübsch weiß, so anhänglich«, sagte Don Fabio. »Und wenn man denkt, daß er ihn immer umschmust hat, die Füße hat er ihm abgeleckt, kaum ist er ins Hotel gekommen, da hat Jesucristo schon das Schwänzchen hochgestellt, überglücklich. Was für ein elender Kerl, Don Julio.«
    »In Campo Grande hast du auf den Guardias herumgetrampelt, und in Iquitos hast du einem Kater den Garaus gemacht«, sagte Aquilino. »Eine Art hast du, dich zu verabschieden, Fushía!«
    »Ehrlich gesagt, Don Fabio, das kann ich nicht so schlimm finden«, sagte Julio Reátegui. »Was mich ärgert, ist, daß er mit meinem Geld davon ist.«
    Aber ihm tat es sehr weh, Don Julio, mit einem Betttuch am Moskitonetz aufgehängt, und ins Zimmer kommen und ihn auf einmal sehen, wie er im Wind hin und her pendelte, steif, mit herausgequollenen Äuglein. Schlechtigkeit um der Schlechtigkeit willen, das war etwas, was er nicht verstand, Señor Reátegui.
    »Der Mensch tut, was er kann, um zu leben, und deine Diebstähle versteh ich«,

Weitere Kostenlose Bücher