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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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hervor, und er mußte dafür büßen, ausreißen, und dann kam die schlimmste Zeit seines Lebens. Die blödeste Arbeit, die man sich vorstellen konnte, Alter: den Kautschuk entgegennehmen, ihn mit viel Talk pudern und lagern, damit er den Geruch verliert, ihn wie Tabak verpacken und expedieren.
    »Warst du damals in Lalita verliebt?« sagte Aquilino.
    »Ich hab sie als Jungfrau gekriegt«, sagte Fushía, »nichts, aber auch gar nichts hat sie vom Leben gewußt. Sie hat immer gleich geheult, und wenn ich schlechter Laune war, hab ich ihr eine Ohrfeige gegeben, und wenn ich gut aufgelegt war, hab ich ihr Karamellen gekauft. Es war, als hätte man gleichzeitig eine Frau und eine Tochter, Aquilino.«
    »Und warum schiebst du Lalita die Schuld auchdaran in die Schuhe?« sagte Aquilino. »Ich bin sicher, daß sie euch nicht verraten hat. Wahrscheinlich eher die Mutter.«
    Aber sie erfuhr es doch erst aus den Zeitungen, Herr Doktor, das schwor sie ihm bei allem, was ihr heilig war. Sie war wohl sehr arm, aber so ehrlich wie nur sehr wenige, und im Depot war sie höchstens einmal gewesen, und sie, was ist denn da drin, Señor, und der Japaner, Tabak, und sie war so naiv, es zu glauben.
    »Von wegen Tabak, Señora!« sagte Doktor Portillo. »Das hat vielleicht außen auf den Kisten gestanden, aber Sie wissen, daß Kautschuk drin war.«
    »Die Kupplerin hat nie was gemerkt«, sagte Fushía. »Es war einer von den Schweinehunden, die mir mit dem Talk und beim Packen geholfen haben. In den Zeitungen hat gestanden, sie sei ein weiteres Opfer von mir geworden, weil ich ihr die Tochter entführt hab.«
    »Schade, daß du die Zeitungen nicht aufgehoben hast, auch die von Campo Grande«, sagte Aquilino. »Es wär lustig, sie jetzt zu lesen und zu sehen, wie berühmt du einmal warst, Fushía.«
    »Hast du lesen gelernt?« sagte Fushía. »Wie wir noch zusammengearbeitet haben, hast du’s noch nicht gekonnt, Alter.«
    »Dann hättest du sie mir eben vorgelesen«, sagte Aquilino.
    »Aber wieso haben sie eigentlich dem Señor JulioReátegui nichts getan? Warum hast du abhauen müssen und er hat bleiben können?«
    »Ungerechtigkeiten des Lebens«, sagte Fushía. »Er hat das Kapital geliefert, und ich hab den Kopf hingehalten. Das Gummi ist unter meinem Namen gelaufen, dabei hab ich bloß Überbleibsel gekriegt. Ich wär aber trotzdem reich geworden, Aquilino, es war ein tolles Geschäft.«
    Lalita erzählte ihr nichts, sie quälte sie mit Fragen, und das Mädchen, ich weiß nicht, ich weiß nicht, das war die reine Wahrheit, Doktor Portillo, warum hätte sie argwöhnen sollen? Der Japaner ging zwar immer auf Reisen, aber so viele Leute gingen auf Reisen, und wie hätte sie außerdem wissen sollen, daß Kautschuk verschiffen Schmuggel war und Tabak nicht.
    »Tabak ist kein kriegswichtiges Material, Señora«, sagte Doktor Portillo. »Kautschuk schon. Wir dürfen ihn nur an unsere Alliierten verkaufen, die im Krieg stehen mit den Deutschen. Wissen Sie nicht, daß Peru auch im Krieg ist?«
    »Hättest den Kautschuk eben an die Gringos verkaufen müssen, Fushía«, sagte Aquilino. »Dann hättest du keinen Ärger gehabt, und die hätten dich obendrein in Dollar bezahlt.«
    »Unsere Alliierten kaufen uns den Kautschuk zu kriegsbedingten Preisen ab, Señora«, sagte Doktor Portillo. »Der Japaner hat ihn heimlich verkauft und hat viermal soviel dafür bekommen. Haben Sie das auch nicht gewußt?«
    »Das erste, was ich höre, Herr Doktor«, sagte die Frau.
    »Ich bin arm, die Politik interessiert mich nicht, ich hätte nie zugelassen, daß meine Tochter mit einem Schmuggler ausgeht. Ist’s wahr, daß er auch ein Spion war, Herr Doktor?«
    »Wenn sie aber doch noch so jung war, ist’s ihr da nicht schwergefallen, ihre Mutter zu verlassen?« sagte Aquilino. »Wie hast du Lalita eigentlich dazu überredet, Fushía?«
    Lalita mochte ihre Mutter zwar sehr gern haben, aber bei ihm kriegte sie was zu essen und hatte Schuhe an, in Belén wäre sie Waschfrau geworden, Hure oder Dienstmädchen, Alter, und Aquilino, ach was, Fushía: er mußte in sie verliebt gewesen sein, sonst hätte er sie nicht mitgenommen. Es war viel leichter, allein auszureißen als mit einer Frau im Schlepp, hätte er sie nicht geliebt, hätte er sie nicht entführt.
    »In der Selva war Lalita Gold wert«, sagte Fushía. »Ich hab dir ja schon gesagt, wie hübsch sie damals war. Da war jeder scharf auf sie.«
    »Gold wert«, sagte Aquilino. »Als wenn du sie hättest

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