Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
Paare, die die Treppe hinauf verschwanden, und die undeutlichen Gruppen in den Ecken. Josefino, die Ellbogen auf die Theke gestützt, trank nicht, beobachtete verstohlen die Leóns, die ihre Gläser aneinanderstießen. Und dann erklangen die Arpa, die Gitarre, die Trommel, die Tschinellen, eine Bewegung durchlief die Menge auf dem Tanzboden. Die kleinen Augen Litumas strahlten begeistert.
    »Seele, Herz und Leben. Ah, diese Walzer bringen Erinnerungen. Komm, tanzen wir, Schatz.«
    Er zerrte die Selvática hinter sich her, ohne sie anzusehen. Beide verloren sich zwischen den gedrängten Leibern und den Schatten, und die Leóns klatschten im Takt mit den Händen und sangen. Ausdruckslos und unangenehm verharrte der Blick der Chunga jetzt auf Josefino, so als wollte sie ihn mit ihrer unendlichen Trägheit anstecken.
    »Was für ein Wunder, Chunguita«, sagte Josefino. »Du trinkst ja.«
    »Angst hast du«, sagte die Chunga, und einen Augenblick lang glitzerte es höhnisch in ihren Augen. »Wie du dich fürchtest, Unbezwingbarer.«
    »Wüßte nicht weswegen«, sagte Josefino. »Siehst ja, wie ich Wort gehalten hab, es hat keinen Krach gegeben.«
    »Die Hose hast du so voll, daß nichts mehr reinpaßt«, lachte die Chunga lustlos. »Die Stimme zittert dir, Josefino.«

III
    Die nackten Beine des Sargento baumelten vom Treppchen des Verschlags, und ringsum wogte alles, die bewaldeten Hügel, die Capironas auf der Plaza von Santa María de Nieva, sogar die Cabañas schwankten, wenn der laue und pfeifende Wind darüber hinblies. Das Dorf war reine Finsternis, und die Guardias, nackt unter den Moskitonetzen, schnarchten. Der Sargento hatte sich eine Zigarette angesteckt und machte gerade die letzten Züge, als unerwartet hinter dem Binsengestrüpp, lautlos von den Wellen des Nieva herangetragen, das Motorboot auftauchte, achtern die kegelförmige Hütte, auf dem Deck einige Gestalten, die sich hin und her bewegten. Es herrschte kein Nebel, und vom Posten aus war der Landeplatz im Mondlicht deutlich zu erkennen. Eine kleine Gestalt sprang vom Boot, rannte, den Pflöcken ausweichend, über den Uferstreifen, verschwand im Dunkel der Plaza und tauchte, einen Augenblick danach und dem Verschlag schon sehr nahe, wieder auf, und jetzt konnte der Sargento das Gesicht Lalitas erkennen, ihren entschlossenen Gang, ihr langes Haar, ihre kräftigen Arme, die in der Höhe ihrer stämmigen Hüften ruderten. Er richtete sich halb auf und wartete, bis sie am Fuß des Treppchens war.
    »Guten Abend, Sargento«, sagte Lalita. »Hab Glück, daß ich Sie wach antreffe.«
    »Ich hab Wache, Señora. Guten Abend. Entschuldigen Sie.«
    »Weil Sie in Unterhosen sind?« lachte Lalita. »Macht mir nichts aus, laufen die Chunchas vielleicht nicht schlimmer rum?«
    »Bei dieser Hitze haben sie recht, wenn sie splitternackt rumlaufen.« Der Sargento, fast im Profil, nahm hinter dem Geländer Deckung. »Aber die Viecher halten ihr Festessen an einem, mir brennt schon der ganze Körper.«
    Lalita hatte den Kopf zurückgeworfen, und der Schein von dem Lämpchen im Verschlag beleuchtete ihr mit zahllosen und trockenen kleinen Pickeln übersätes Gesicht und ihre losen Haare, die auch wogten, auf dem Rücken, wie ein Yaguagewebe aus allerfeinsten Fasern.
    »Wir sind auf dem Weg nach Pato Huachana«, sagte Lalita. »Da hat jemand Geburtstag, und das Feiern geht früh am Morgen los. Wir haben nicht früher weggekonnt.«
    »Ist auch nicht nötig, Señora«, sagte der Sargento. »Trinkt ein paar Gläschen auf mein Wohl.«
    »Die Kinder nehmen wir auch mit«, sagte Lalita. »Aber Bonifacia wollte nicht mitkommen. Sie wird ihre Angst vor den Leuten nicht los, Sargento.«
    »Dummes Ding«, sagte der Sargento. »Sich so eine Gelegenheit entgehen lassen, wo hier die Feste so selten sind.«
    »Wir bleiben bis Mittwoch fort«, sagte Lalita. »Wenn die Arme was braucht, würden Sie ihr helfen?«
    »Mit Vergnügen, Señora«, sagte der Sargento. »Nur, Sie haben’s ja gesehen, die drei Mal, die ich bei Ihnen war, ist sie nicht einmal an die Tür gekommen.«
    »Frauen haben ihre Eigenheiten«, sagte Lalita. »Haben Sie das noch nicht gemerkt? Jetzt, wo sie allein ist, bleibt ihr nichts anderes übrig, als herauszukommen. Schauen Sie doch mal vorbei, morgen.«
    »Auf alle Fälle, Señora«, sagte der Sargento. »Wissen Sie, wie das Boot aufgetaucht ist, hab ich geglaubt, es sei das Geisterschiff. Das mit den Skeletten, das die Nachtschwärmer holt. Ich war früher nicht

Weitere Kostenlose Bücher